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Lebenssinn und Humanismus

Versuch zu einer allgemeingültigen Orientierung
 

Die Sinnfrage ist wohl seit Menschengedenken die grundlegende Frage. Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Wie sollen wir leben? Zusammengefasst lautet diese Frage:

Was ist der Sinn des Lebens?

Wer so fragt, der ist bereits krank, sagen manche. Nun fragen aber bereits Kinder so etwas und man wird diese Kinder nicht als krank bezeichnen können, höchstens als wissbegierig. Wer möchte sich aber in dieser Frage auf die Stufe eines Kindes gestellt wissen? Wohl deshalb wird diese gern verdrängt und tabuisiert, obwohl die Weisheit ja gerade im Anerkennen des Wissens um das Nichtwissen besteht.

Manche sagen auch, der Sinn des Lebens sei es, zu leben. Eine zunächst verblüffend einfach und weise erscheinende Antwort. Wenn man jedoch ebenso einfach die Frage nach dem Sinn des Essens, des Arbeitens oder des Reisens beantworten würde, dann wird deutlich, wie unsinnig eine solche zu sehr vereinfachte Aussage ist. Der Sinn des Essens kann es wohl kaum nur sein, zu essen, der Sinn des Arbeitens kaum nur der, zu arbeiten. Und reisen, nur um zu reisen ohne Ziel, das macht zumindest wenig Sinn. Woher kommt gerade bei dieser so grundlegend wichtigen Frage nach dem Sinn des Lebens diese Großzügigkeit des freiwilligen Verzichts auf eine präzise Antwort? Will man sich sein Nichtwissen nicht eingestehen?

Manche sagen auch, den Sinn des Lebens muss jeder für sich selbst herausfinden. Eine ebenso einfache wie nichts sagende Antwort für den Suchenden. Spielt hier eine gewisse Unmündigkeit, das pubertäre Bedürfnis eine Rolle, absolut frei zu sein und sich nicht in irgendwelche Strukturen einordnen zu können?

Gleicht es nicht einer Fahrt ins Blaue, wenn man die Antwort auf die Frage nach dem Sinn nicht sucht? Man vertraut hierbei auf den Organisator der Fahrt und lässt sich überraschen. Für die Freizeitgestaltung mag das ja ganz gut sein. Dieses Prinzip aber auf das ganze eigene Leben anzuwenden, wäre das erwachsen und mündig gehandelt? Schließlich besitzen wir im Gegensatz zum Tier keinen arterhaltenden Instinkt, der uns leitet. Umweltzerstörung und Kriege zeigen dies deutlich. So ergibt sich:

Die Frage nach dem Sinn ist die grundlegende Frage denkender Menschen. Schon die alten Griechen fragten:

Was können wir wissen?
Was dürfen wir glauben?
Was können wir hoffen?
Wie sollen wir leben?    

Ein alter Volksspruch um 1500 lautet:

Ich kam, weiß nicht woher,
ich bin und weiß nicht wer,
ich leb, weiß nicht wie lang,
ich sterb und weiß nicht wann,
ich fahr, weiß nicht wohin
mich wundert's, dass ich so fröhlich bin.

Und Kant sagte um 1800:

Was kann ich wissen?
Was soll ich tun?        
Was darf ich hoffen?  
Was ist der Mensch?  

Wenn wir das Wort Sinn durch Zweck, Bedeutung oder Aufgabe ergänzen, fällt es vielleicht etwas leichter, diese philosophische oder religiöse Frage ganz zu verstehen. Die Frage kann auch noch einmal aufgeteilt werden in die Fragen:

W e l c h e n   S i n n  (Zweck, Bedeutung) hat das Leben  f ü r   w e n ?

und:

W e l c h e s  L e b e n  ist gemeint?

Erst eine größtmögliche Differenzierung dieser umfassenden Frage wird uns einer praktikablen Antwort näher bringen.

Fragen wir zunächst danach, welches Leben gemeint ist und dann nach dem Sinn für wen, und verbinden wir alsdann jede mit Ziffern bezeichnete Frage mit jeder Frage, die mit Buchstaben gekennzeichnet ist:

 

Was ist der Sinn ...

1. ... des Lebens an sich ... 
2. ... des pflanzlichen Lebens ...
3. ... des tierischen Lebens ...
4. ... des menschlichen Lebens ...
5. ... meines persönlichen Lebens ...

a. ... für das Weltganze, den Kosmos?
b. ... für unseren Planeten Erde?
c. ... für die Pflanzen?
d. ... für die Tiere?
e. ... für die Menschen?
f. ... für mich persönlich?

Kombinieren wir z.B. die Frage 1 mit der Frage a und fragen: Was ist der Sinn des Lebens an sich für das Weltganze, möglicherweise außerirdisches mit eingeschlossen? dann müssen wir wohl passen. Wer wollte sich anmaßen, dies zu wissen? Diese Frage müssen wir ehrlicherweise offen lassen, wenn wir uns nicht der Gefahr einer Selbsttäuschung aussetzen wollen.

Ebenso ist es mit den Kombinationen der Fragen 1 bis 4 mit a. Wenn wir aber beispielsweise die subjektive Frage 5 mit der Frage a kombinieren und fragen: Was ist der Sinn meines persönlichen Lebens für das Weltganze, den Kosmos? dann ist schon eher eine Antwort möglich, nämlich die, dass mein persönliches Leben für das Weltganze sehr wahrscheinlich wenig, ehrlicherweise gar keinen Sinn hat.

Das erscheint zunächst vielleicht sehr enttäuschend, den suchenden Menschen wird es jedoch veranlassen, einen konkreteren Sinn im Hier und Jetzt zu suchen und zu finden, und damit die Fragen, auf die keine befriedigenden Antworten möglich sind, in größerer Gelassenheit als weniger wichtig offen zu lassen.

Wird z.B. die Frage 2 mit der Frage b kombiniert: Was ist der Sinn des pflanzlichen Lebens für unseren Planeten Erde? oder mit der Frage d: ...für die Tiere? und e: ...für die Menschen? dann ist eine Antwort weniger schwer. Zumindest für Tiere und Menschen ergibt die Existenz von Pflanzen einen Sinn, einen Zweck oder eine Bedeutung, nämlich der Produktion von Sauerstoff.

Was ist nun der Sinn des Lebens? - Nach dieser differenzierten Betrachtung können wir erkennen, dass diese allgemeine Frage nach dem Sinn des Lebens fast immer vom Begriff her zwar als das ganze Leben umfassend gestellt wird, dass im Grunde aber doch nur meist das eigene persönliche Leben gemeint ist.

Ein absoluter Sinn des Lebens ist demnach für uns Menschen nicht erkennbar. Ebenso wie ein Sinn der Existenz des gesamten Universums für uns Menschen nicht erkennbar ist und letztlich sehr wahrscheinlich wohl auch immer unerkennbar bleiben wird. Vielleicht ist es auch ganz sinnvoll, dass wir den rein theoretischen absoluten, letzten Sinn des Ganzen nicht erkennen können, damit wir uns wieder umso mehr dem praktischen Leben im Hier und Jetzt zuwenden und dieses so sinnvoll wie möglich gestalten.

Der Sinn für den Menschen kann daher nur sein, seine Persönlichkeit zu bestmöglicher Entfaltung und Reife zu bringen, so wie einer Blume dies zu eigen ist, die sich ihrer Art gemäß, den Boden- und Klimabedingungen entsprechend, mehr oder weniger optimal entfaltet. Für den mündigen Menschen ergibt sich darüber hinaus noch die Aufgabe, Mit-Verantwortung für seine Mitwelt zu übernehmen und damit die Möglichkeit, in vielfältiger Weise aktiv tätig zu werden.

Suchst du das Höchste, das Größte? Die Pflanze kann es dich lehren.
Was sie willenlos ist, sei du es wollend; - das ist's.

Friedrich von Schiller

Orientierung für eine sinnvolle Lebensgestaltung ergibt sich aus der selektiv gewichteten Antwort auf die vorangestellte, differenzierte Frage nach dem Sinn des Lebens. Erst aus dieser differenzierten Art der Behandlung dieser grundlegenden Frage ergibt sich die Möglichkeit zu einer vernünftigen Handlungsweise. Erst das Erkennen und Anerkennen des Nichtwissens, eine agnostische Haltung bewahrt vor spekulativen Extremismen und führt zurück zum Wesentlichen, führt zu sinnvollem Tun und ermöglicht ein Offensein für neue Erkenntnisse.

Die differenzierte Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Sinn des Lebens führt folgerichtig zum Humanismus, dem Ideal vom verantwortlichen Menschentum. Humanismus, nicht nur als schulische Bildungsrichtung, nicht nur als Geschichtsepoche, sondern jetzt als Wertesystem, als Ideal, Leitbild, als Ideologie, Weltanschauung oder auch Religion, Konfession oder Glaube, - ganz wie es dem Einzelnen gefällt. - Auf jeden Fall Humanismus als eine allem anderen übergeordnete Orientierung.

Humanismus ist nicht nur ein Ziel, sondern zugleich auch ein Weg, denn das Ideal vom Menschentum umfasst den ganzen real existierenden Menschen in seiner Entwicklung vom Kind bis zum Greis und enthält real betrachtet neben den edlen auch seine weniger edlen Seiten. Humanismus konsequent als Orientierung angewandt, führt schon vom Namen her zur Arbeit am Menschen. Und ganz konsequent angewandt veranlasst er noch vor einer Arbeit an und mit anderen Menschen vor allem zur Arbeit an der eigenen Person.

Gibt es ein höheres Ideal zur Orientierung des Menschen als den Humanismus? Gibt es ein anderes Ideal, das den Weg vom ersten Schritt an und das letztliche Ziel gleichzeitig in sich vereinigt? Gibt es ein anderes Ideal als den Humanismus, der im Gegensatz zu vielen anderen Ideologien keinen Menschen ausgrenzt, sondern alle Menschen dieser einen Welt vereint?

Glaubens-Lehren wie beispielsweise Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam, grenzen sich allein schon von ihrem Namen her untereinander und von allen übrigen Menschen ab. Ähnlich verhält es sich mit Identifikationen, wie zum Beispiel Deutschtum und anderen Nationalismen. Auch der Liberalismus allein hat als übergeordnete Orientierung keine integrierende Wirkung, sondern nur eine die Freiheit an sich verteidigende, die auf die Frage: "Freiheit wofür?" jedoch noch keine Antwort gibt.

Alle ab-grenzenden beziehungsweise be-grenzten Orientierungen sind vermutlich Versuche, Identität, Sicherheit und Grund-Orientierung zu finden. Es sind Bemühungen, die eher einer pubertären Phase entsprechen, in der der Mensch gleichzeitig nach Freiheit und nach Bindung sucht. Ein höherer Entwicklungsstand dagegen ermöglicht es, alle diese begrenzten partikularen Interessen in der übergeordneten Orientierung des Humanismus wieder zu finden und auch in dieser Bindung Freiheit gleichzeitig zu erleben und somit sinnvoll zu leben.

Andere Ideologien wie Christentum, Buddhismus, oder Kommunismus, Marxismus-Leninismus bezeichnen religiös oder materialistisch orientierte Wege, und nicht das eigentliche Ziel. Sie wollen paradiesische Zustände im Diesseits oder im Jenseits und veranlassen immer wieder ihre Anhänger, den Weg zum Ziel zu machen, denn es ist meistens einfacher, die Umwelt zum Ziel von Veränderungen zu haben, als sich selbst. Durch das Nicht-benennen des eigentlichen Zieles, das im Menschen selbst liegt, verführen sie ihre Anhänger immer wieder dazu, ihrem Ideal, einem Weg zu dienen, anstatt sich dem Ziel durch Arbeit an sich selbst und an der Gemeinschaft zu nähern.

Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen.
Mahatma Gandhi  

Christen verehren Gott und Jesus Christus, Kommunisten kämpfen für den Kommunismus, dessen letztes Ziel der Humanismus sein sollte, und selbst kritische Philosophen verehren ihre Lehrer wie Heilige, anstatt nach deren Lehren zu leben. Es gibt z.B. Vereine, die den Namen des Philosophen tragen. Da hat man sich auf einen Philosophen festgelegt und beschäftigt sich mit seinen Schriften, ohne das Wesentliche, was dieser gesagt und gewollt hat, zu erkennen und danach zu handeln.

Nietzsche wollte beispielsweise den Übermenschen, das heißt, nicht den sich über andere erhebenden Menschen, sondern den aus sich selber heraus erschaffenden und bestehenden Menschen, der keinem verehrten Modell folgt und niemanden nachahmt, der eine kritische Distanz zu sich selbst hat und stets bestrebt ist, humanistische und ökologische Grundsätze bestmöglich umzusetzen. Mit der Bezeichnung Übermensch meinte er eher den mündigen, selbst- und mitverantwortlichen Menschen. Und er wollte, dass man ihn selber nicht verehrt. Er sagte beispielsweise: Hört mich an, denn ich bin, was ich bin; verwechselt mich vor allem nicht mit dem, was ich nicht bin. - Nun heiße ich euch, mich verlieren und euch finden. Erst wenn ihr mich alle verleugnet habt, will ich euch wiederkehren. Warum hört man nicht auf ihn? Ich nehme an, weil es an Mut fehlt, um den konsequenten Schritt in die Unabhängigkeit zu tun und sich selbst mit in die Pflicht zu nehmen.

Ist denn so groß das Geheimnis, was Gott und der Mensch und die Welt sei?
Nein! Doch niemand hört's gerne; da bleibt es geheim.

Johann Wolfgang von Goethe

Warum eigentlich hört's niemand gerne? Ich vermute, weil es einerseits zu einfach erscheint, und weil es andererseits zu anstrengend ist, indem der Einzelne an sich selbst arbeiten und mehr Verantwortung übernehmen müsste. Humanismus heißt Menschentum und Menschentum erfordert Mündigkeit, und Mündigkeit bedeutet mehr als nur Volljährigkeit. Mündigkeit heißt, eine kritische Distanz nicht nur zu seiner Mitwelt, sondern vor allem zu sich selbst zu haben, für sich selbst voll- und für seine Mitwelt mitverantwortlich sein zu wollen und zu können.

Mündig sein bedeutet, ganzheitlich zu denken und zu handeln, die uns im Leben und in uns selbst begegnenden Gegensätze als Bestandteile eines belebten Ganzen zu sehen, die Polarität als Prinzip des Lebens und auch uns selbst als Teil des Ganzen zu empfinden. Ein treffendes Symbol für diese harmonische Ganzheit der Gegensätze ist das Yin-Yang-Zeichen. Das Ergebnis einer realistischen, ganzheitlichen Weltanschauung ist eine Ablösung von jenseits-orientierter Religion als einer Art geistiger Einstiegsdroge, ist ein Abschied von der Gottesvorstellung als kindlicher Übervater-Projektion. Aus einer solchen realistischen Weltanschauung ergibt sich eine tragfähige Identität und eine neue Bescheidenheit. Wir brauchen damit keine neuen Symbole technischen Könnens mehr, um unsere Bedeutung materiell darzustellen. Stattdessen können wir uns sinnvoller zugunsten von mehr Menschlichkeit an denjenigen Naturvölkern ausrichten, die keine Spuren der Zerstörung und der menschlichen Eitelkeit auf der Erde hinterlassen.

 

Neuer Glaube

Größer werden die Menschen nicht,
doch unter den Menschen
größer und größer wächst
die Welt des Gedankens.

Strengeres fordert jeglicher Tag
von den Lebenden.
Und so sehen es alle,
die zu sehen verstehen:

Aus dem Glauben des Kreuzes
bricht ein andrer hervor,
selbstloser und größer;
dessen Gebot wird sein:

Edel lebe und schön,
ohne Hoffnung künftigen Seins
und ohne Vergeltung,
nur um der Schönheit des Lebens willen.

Theodor Storm

(Dieses Gedicht fehlt in fast allen Ausgaben seiner Werke!)  

Unser Heil liegt weder im Jenseits, noch im materiellen Wohlstand, sondern in der konsequenten Anwendung von Philosophie, Psychologie und Soziologie. Abenteuer liegen nicht nur in der Ferne, sondern vor allem in uns selbst. Gemäß dem philosophischen Prinzip von These, Antithese und Synthese bildet sich aus Idealismus und Materialismus der Humanismus. Um es philosophisch-poetisch auszudrücken: Wenn Philosophie soviel heißt wie Liebe zur Weisheit, dann könnte man im Humanismus, als übergeordnete Orientierung verstanden, den Stein der Weisen sehen.

 

Sinn unseres Lebens ist größtmögliche Entfaltung
und Vervollkommnung der eigenen Persönlichkeit
in größtmöglicher Harmonie und Verbundenheit
zu unserer Mitwelt.

Wer den Humanismus als übergeordnete Orientierung anerkennen kann, dem wird eine sinnvolle Lebensgestaltung möglich, dem eröffnen sich integrierende Aufgaben, und er wird Wege finden, diese neue frohe Botschaft in wirksamer Weise selbst anzuwenden und nach außen zu tragen.

Rudolf Kuhr (www.humanistische-aktion.de)

Humanistisch orientieren -
sinnvoll leben!

Über Intelligenz, Weltanschauung und Identität

  

 

Sinnvoll zu leben, das ist wohl das Wichtigste, was ein Mensch erstreben kann. Und das ist es vermutlich auch, was die meisten Menschen - vielleicht mehr unbewusst als bewusst - suchen: ein sinnvolles Leben. Dazu müsste allerdings der Sinn des Lebens klar erkannt werden. Ist das nicht der Fall, suchen viele eher nach Glück, nach Wohlbefinden, und sie verfallen dann irgendeiner der vielen Süchte, und seien es auch nur die harmloseren Formen wie Sammlerleidenschaft, Konsumrausch, Arbeitssucht oder ein irrationaler Glaube.

Vielleicht ist auch eine Antwort auf diese uralte Frage nach dem Sinn des Lebens, die sich aus der Naturerkenntnis ergibt, zu einfach, als dass man sie anerkennen möchte entsprechend dem Motto "das kann doch nicht alles sein!". - Schon die alten griechischen Philosophen fragten: "Wo kommen wir her, wo gehen wir hin, wie sollen wir leben?", vermutlich weil sie den Anspruch hatten, nicht nur irgendwie angenehm, sondern sinnvoll zu leben.

Und Goethe sagte: Ist denn so groß das Geheimnis, was Gott und die Welt und der Mensch sei? Nein, doch niemand hört's gerne - da bleibt es geheim. Was mag uns der Dichter damit gesagt haben wollen? Vielleicht folgendes:

·         Gott ist die personifizierte Vorstellung der Wünsche und Ideale des Menschen.

·         Die Welt ist für den Menschen ein unendlicher Raum, dessen Sinn er nicht erkennen kann.

·         Der Mensch ist ein vergänglicher Teil der Natur, von der er abhängig ist, die ihn jedoch nicht braucht.
 

Das ist im Grunde alles was wir an existentiell Bedeutsamem erkennen können, und deswegen hört's vermutlich niemand gerne. Denn wohl niemand hört es gerne, dass er vergänglich ist, dass er verhältnismäßig bedeutungslos ist, dass er den Sinn des Ganzen nicht erkennen kann. - Hört es wirklich niemand gerne? Sicher gibt es einige wenige, die lieber diese nüchterne Wahrheit hören, als angenehmeren aber zweifelhaften Vorstellungen anzuhängen. Aber um diese nüchterne Wirklichkeit zu ertragen, bedarf es einer gewissen inneren Sicherheit. Und hier liegt das wesentliche Problem der Menschen.

Zwei grundsätzlich unterschiedliche Wege gibt es, um diese innere Sicherheit zu erreichen:

1. Ich versuche, die Erkenntnis zu akzeptieren, dass ich sterblich und verhältnismäßig unbedeutend bin, dass ich angewiesen bin auf meine Mitmenschen und auf die Natur, und ich versuche, das Beste daraus zu machen, indem ich an meiner Vervollkommnung arbeite, an der menschlichen Gemeinschaft und an der Erhaltung der Natur.

2. Ich versuche, die Vorstellung zu haben, dass es das ewige Leben gibt, dass ich von einem Gott auserwählt worden bin und mit seiner Hilfe rechnen kann, und ich versuche, diese Wunschvorstellung zu festigen und zu verwirklichen, indem ich nach Beweisen für die Richtigkeit meiner Vorstellungen suche, auf Unterstützung derselben durch andere hoffe und mich nach der von mir oder von anderen gestalteten Vorstellung von Gottes Willen richte.

Der erste Weg ist der überwiegend realistische, er entspricht einem erwachsenen, mündigen Menschen, der in der Lage und bereit ist, Verantwortung für sich und für seine Mitwelt zu übernehmen. Dieser erste Weg enthält sowohl die Arbeit an der eigenen Person als auch die an der Mitwelt, bestehend aus menschlicher Gemeinschaft und Natur. Er kann und muss auch idealistische Gesichtspunkte wie ethische Ideale enthalten; die realistischen, Mensch und Natur betreffenden stehen jedoch im Vordergrund.

Der zweite Weg ist der überwiegend idealistische, er entspricht eher einem nicht erwachsenen, einem unmündigen Menschen, der vielleicht in der Lage, jedoch nicht ganz bereit ist, die volle Verantwortung für sich selbst und eine Mitverantwortung für seine Mitwelt zu übernehmen, sondern zumindest einen Teil der Verantwortung für sich und seine Mitwelt einem Gott überlässt. Dieser zweite Weg kann durchaus die Gesichtspunkte des realistischen Weges enthalten, er lässt jedoch erfahrungsgemäß leichter die Gefahr zu, sich selbst und andere zu täuschen und die Realität zu vernachlässigen. Hier dominiert meist Gott, das heißt, eine individuelle, menschliche Wunschvorstellung über Mensch und Natur.

Während der erste, der direkte Weg klare und konkrete Vorgaben hat, bestehen bei dem zweiten, dem indirekten, über Gott führenden Weg sehr individuell verschieden auslegbare Möglichkeiten, z.B. der persönlichen Auslegung des Willens Gottes.

Der direkte Weg beruht auf einer Erkenntnis vom Sinn des Lebens, die sich aus der realen, erkennbaren Natur ableitet: Der Mensch ist ein Teil der Natur und der Sinn seines Lebens ist die Vervollkommnung seiner individuellen Persönlichkeit. Genau so wie eine Blume sich gemäß ihren vererbten Anlagen und den sie umgebenden geologischen und klimatischen Bedingungen bestmöglich entfaltet, ist es die von der Natur aus vorgegebene Aufgabe des Menschen, sich entsprechend seiner Anlagen und Mitweltbedingungen zu entwickeln und zu entfalten. Mehr nicht, aber auch nicht weniger.

In dieser natürlichen Auffassung vom Sinn des Lebens ist so viel an Aufgaben enthalten, dass ein befriedigendes, erfülltes Leben gewährleistet ist, auch ohne die Möglichkeit eines Lebens vorher oder nachher, mit einem oder mehreren Göttern. Hier in Verbindung mit der konkreten Natur wird die Bildung tragfähiger Identität ermöglicht, und nicht mit anzweifelbaren Wunschvorstellungen. Warum lebt man nicht überwiegend nach dieser Sinnvorgabe?

Offensichtlich fehlt es an mündigen, wirklich erwachsenen Menschen, die fähig und bereit sind, sich selbst zu hinterfragen. Noch immer werden die meisten Kinder sehr früh zum Glauben an einen Gott erzogen und so daran gehindert, auch religiös mündig zu werden. Man sollte es sich zur heiligsten Pflicht machen, dem Kinde nicht zu früh einen Begriff von Gott beibringen zu wollen. Die Forderung muss von innen heraus geschehen, und jede Frage, die man beantwortet, ehe sie aufgeworfen ist, ist verwerflich. Das Kind hat vielleicht seine ganze Lebenszeit daran zu wenden, um jene irrigen Vorstellungen wieder zu verlieren. (Friedrich von Schiller)

So ist es auch möglich, dass die überwiegende Zahl der Politiker, ansonsten sehr realitätsbezogene Menschen, noch heute ihren Amtseid mit dem Zusatz "...so wahr mir Gott helfe" ergänzen. Sie sind innerlich gespalten und befinden sich, was die Religion betrifft, noch in einer kindlichen Phase. Der Mensch echt religiöser Kulturen könnte vielleicht mit einem Kind von acht Jahren verglichen werden, das einen Vater als Retter braucht, das jedoch angefangen hat, die Lehren und Prinzipien des Vaters in sein Leben zu übernehmen. Der zeitgenössische Mensch ähnelt jedoch einem Kind von drei Jahren, das nach dem Vater ruft, wenn es ihn braucht, und sonst zufrieden ist, wenn es spielen kann. (Erich Fromm)

Diejenigen Verantwortung tragenden Intellektuellen, die sich zu keiner Konfession bekennen, scheinen sich zumindest in einer pubertären Phase zu befinden, was ihre Weltanschauung betrifft, denn sie haben oftmals überhaupt kein Lebenskonzept, zu dem sie sich bekennen, und das ihnen zu einem konstruktiven, sozialen Handeln oder zu gesellschaftlich integrativen Konzepten verhelfen könnte.

Ähnlich pubertierenden Jugendlichen, die meist mehr von ihrem Elternhaus fordern als sie diesem zu geben bereit und in der Lage sind, verhalten sich viele Intellektuelle gegenüber der Gesellschaft, sie leben von der gesellschaftlichen geistig-strukturellen Substanz, ohne über ihre materiellen Leistungen in Form von Steuern hinaus etwas Konstruktives oder Innovatives zu deren Erhalt oder Stabilisierung zu tun. Und sie wehren sich - auch hier wieder mit pubertierenden Jugendlichen vergleichbar - gegen jegliche einschränkenden Bindungen und Verpflichtungen.

Dies ist angesichts der von Kindheit an erhobenen ständigen Forderungen in Elternhaus, Schule und Erwerbsleben durchaus verständlich. Im Erwachsenenalter würde es jedoch der Mündigkeit entsprechen, sich von anerzogenen Zwängen zu befreien, und sich aus Einsicht freiwillig in sinnvolle, gesellschaftlich notwendige geistige Strukturen einzuordnen.

Es ist schon sehr erstaunlich, ja erschütternd, dass selbst hochintelligente Menschen, die sich auf Teilgebieten mit großen Leistungen hervorgetan haben, am Ende ihres Lebens öffentlich bekennen, nie über den Sinn des Lebens nachgedacht zu haben. Sie setzen ein individuelles Wohlbefinden und Freiheit als höchsten Wert und wehren sich gegen ein Bekenntnis weltanschaulicher Art. Manche verkünden sogar stolz, an nichts zu glauben. Auch äußern sie sich mitunter enttäuscht von der Politik und den Politikern, anscheinend ohne sich dabei klar zu sein, wie unrealistisch sie sich damit zeigen, denn nur ein naiver Mensch kann in einer Demokratie von Politikern mehr erwarten als es das gesellschaftliche Bewusstsein zulässt.

Angesichts dieser weltanschaulichen Einstellungen von religiös bekennenden einerseits und weltanschaulich indifferenten Intellektuellen andererseits kann es also nicht verwundern, wenn selbst hochzivilisierte Gesellschaften, so wie die Menschheit insgesamt, sich nach Jahrtausenden kultureller Entwicklung noch immer unmündig verhalten, Konflikte gewaltsam austragen und ihre Umwelt zerstören.

Deshalb sind die sich für mündig haltenden Menschen jetzt aufgefordert, diesen Anspruch auf Mündigkeit unter Beweis zu stellen, indem sie sich von bequemen aber unmündigen Glaubensvorstellungen beziehungsweise von ihrer weltanschaulichen Unverbindlichkeit trennen und sich zum Humanismus bekennen und kooperativ verhalten. Unsere Gesellschaft kann insgesamt nur so mündig sein, wie es ihre führenden und mitgestaltenden Intellektuellen sind. Diese sind allein schon durch ihre intellektuellen Fähigkeiten aber auch im eigenen Interesse zur Übernahme von Mitverantwortung verpflichtet und aufgerufen, sich ständig selbst am Maßstab der Mündigkeit zu messen.

Mündigkeit bedeutet mehr als nur Volljährigkeit. Mündigkeit heißt, eine kritische
Distanz nicht nur zu seiner Mitwelt, sondern auch zu sich selbst zu haben, für sich
selbst voll- und für seine Mitwelt mitverantwortlich sein zu können und zu wollen.

 

Bekenntnisse zu einem religiösen Glauben, zur Toleranz, zur Freiheit, zur Demokratie und zu den Menschenrechten reichen heute nicht mehr aus, wie die Praxis zeigt. Es muss etwas Verbindendes, Vereinendes, Zusammenführendes dazukommen, was die individualisierende, friedensgefährdende Aufspaltung in religiöse, ethnische und wirtschaftliche Interessengruppen übersteigt, um eine universelle geistige Grundlage der Menschlichkeit zu schaffen.

Dies könnte mit einem Bekenntnis zum Humanismus geschehen. Humanismus neuer Auslegung als Bekenntnis zum Menschentum verstanden, wäre Weg und Ziel in einem, es enthält die Verbundenheit sowohl zum Organismus der menschlichen Gemeinschaft, dessen Teil der einzelne Mensch ist, als auch die Verbundenheit zum Organismus der Natur, deren Teil wiederum die Menschheit ist.

Orientierung am Humanismus würde am ehesten ein Ausweichen auf Gebiete, die außerhalb des Menschen liegen, erschweren und eine Arbeit am Menschen zur Stabilisierung des schwächsten Gliedes allen Lebens auf dieser Welt fördern. Da die Ursache fast aller Probleme unserer Welt der instabile, in sich selbst unsichere Mensch ist, hat eine ursächliche Lösung am ehesten bei der psychischen Stabilisierung des Menschen eine Aussicht auf Erfolg.

Humanismus, bisher lediglich als schulische Bildungsrichtung und geschichtliche Epoche der Aufklärung verstanden, kann in einem neuen, umfassenden Verständnis als ein Ideal vom Menschentum zu einer, Christentum, Judentum, Deutschtum und andere abgrenzende Gruppierungen ablösenden, übergeordneten, alle Menschen dieser einen Welt vereinenden Orientierung werden.

Rudolf Kuhr (www.humanistische-aktion.de)

 

Gebrauchsanweisungen

Als mir auffiel
dass meine Eltern
mir zwar das Leben geschenkt hatten
dabei aber die Gebrauchsanweisungen
vergessen hatten
war ich echt sauer

ich geriet aber in Panik
als ich etwas später merkte
dass das Leben
das einzige Produkt ohne
Gebrauchsanweisungen ist!

Und seitdem drücke ich Knöpfe
drehe Knöpfe ziehe Knöpfe
und versuche
Leben zu spielen

soizic p. - 9.4.81

taz 26.06.81
 

 

 
Die Bedeutung der Sinnfrage an einem Beispiel aus dem realen Leben

Wie sehr auch junge Menschen der Hilfestellung bedürfen, wurde mir schmerzlich erlebbar, als ich während der frühen sechziger Jahre Abiturientenklassen auf die Reifeprüfung vorzubereiten hatte. Unter anderem sprach ich mit ihnen über philosophische Fragen, insbesondere über die Frage nach dem Sinn menschlichen Lebens, also des Sinns des gemeinschaftlichen Lebens der Menschheit in Wechselbeziehung mit der individuellen Lebensgestaltung. Ein sich durch große Diskutierfreude und kluge Fragestellungen auszeichnender Schüler stellte in diesen Zusammenhängen, gewissermaßen für sich resümierend, fest, und das kann ich auch heute noch beinahe wörtlich genau wiedergeben: "Wissen Sie, die Masse der Menschen lebt glücklich dumm dahin. Wer aber ein wenig tiefer eindringt in die Frage nach dem Sinn des Lebens, für den gibt es eigentlich nur eine Alternative: entweder ein Leben in Genusssucht, ein exzessives Leben also oder Selbstmord." Meine betroffen-spontane Gegenfrage, wozu er sich angesichts dieser Erkenntnis entschieden habe, beantwortete er mit dem Bemerken, er sei noch am Nachdenken. Einer seiner engsten Freunde sekundierte ihm. Wir debattierten weiter, insbesondere darüber. Wenige Wochen später hatte er sich in der elterlichen Wohnung mit Gas vergiftet. Sein Grabstein trägt neben den persönlichen Daten die Inschrift: "Wer denkt stirbt." Viele Einzelheiten sind mir inzwischen in Vergessenheit geraten, das Ereignis selbst hat mich jedoch tief bewegt, es berührt mich auch heute noch. Seither messe ich dieser Fragestellung nach dem Lebenssinn große Bedeutung zu und bemühe mich stetig um klärendes Bedenken und Sprechen.

Quelle: Wolfgang Kaul: 'Freies Denken als Inhalt weltlicher Bestattungskultur' in KRISTALL 3/01

 


 


 

Sinnvoll leben - aber wie?

Entwurf für einen Leitfaden

 

Gesellschaftliche Traditionen verlieren an Bedeutung, materielle Orientierung verdrängt Natur und Menschlichkeit, ständige Überprüfung und gegebenenfalls Neuorientierung ist notwendig, um sinnvoll leben zu können. Eine sinnvolle Lebensgestaltung enthält drei grundlegende Bereiche:

·         1. Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst zur Persönlichkeitsentwicklung und -stabilisierung

·         2. Erwerbstätigkeit zum Lebensunterhalt soweit erforderlich

·         3. Dienst an der Mitwelt zur Erhaltung der Lebensgrundlagen und zur Sinnerfüllung

Diese drei Bereiche können sich teilweise überschneiden und in ihrem Ausmaß variieren, keiner soll aber einen anderen mehr als nötig beeinträchtigen.

·         Zu 1.: Zur Persönlichkeitsentwicklung gehört Selbsterkenntnis, Lebenserfahrung und Ziel-Orientierung.
Selbsterkenntnis erfordert Kenntnis der eigenen Geschichte (Kindheit) und die Fähigkeit zum Hinterfragen und Hinterfragenlassen der eigenen Eigenschaften, Verhaltensweisen, Einstellungen und Werte.
Lebenserfahrung erfordert praktische Kenntnis gesellschaftlicher Lebensstrukturen (Partnerschaft oder Familie, Arbeit, Eigentum etc.).
Ziel-Orientierung erfordert ein eigenes Weltbild, eine Vorstellung vom Sinn des eigenen Lebens, eigene Werte und Ideale.

·         Zu 2.: Die Erwerbstätigkeit ist sinnvoll, wenn sie im Umfang über die persönliche Bedarfsdeckung nicht hinausgeht und vom Inhalt her möglichst ökologisch oder humanitär ausgerichtet ist.

·         Zu 3.: Der gemeinnützige Dienst an der Umwelt ist ein Bedürfnis mündiger Menschen und umfasst Natur und Mitmenschen, nah und fern.

 Rudolf Kuhr  (www.humanistische-aktion.de)


Autor: Arne Duddeck
Datum: 2001
Veröffentlichung: 08/2000
Kategorie: Essay

Philosophie - Essay
Arne Duddeck

Thema: Die Frage nach dem Sinn des Lebens



Dieser Aufsatz soll im allgemeinen eine kleine, leicht verständliche Lektüre darstellen, die für den einen oder anderen vielleicht sogar ein wenig hilfreich ist und zum weiteren Nachdenken anregt. Ich habe mir diese Fragestellung ausgesucht, da ich sie für die wichtigste philosophische Frage halte und deshalb denke, dass ich mit diesem Aufsatz den größten Interessentenkreis, den es geben kann, nämlich alle und jeden, ansprechen kann. Leider ist diese Frage auch die am unsichersten zu beantwortende, denn nicht viele werden auf die Frage, "Was ist der Sinn des Lebens ?" eine definitive Antwort geben können. Deshalb werde ich auch im Verlauf dieses Aufsatzes einige Philosophen hinzuziehen und deren Meinung bezüglich der Frage erläutern. Hauptsächlich aber benutze ich die individuellen Antworten der Laien, denn angesichts dieser Frage wird ein jeder zum Philosophen.

Als Ergebnis wünsche ich mir eine breit gefächerte Antwort auf diese Frage geben zu können, um womöglich jeden Lebenssinn des Einzelnen aufgeführt zu haben. Dieser Wunsch kommt aber nicht aus der sicheren Überzeugung, denn es wäre anmaßend einen allgemein gültigen Sinn des Lebens vorgeben zu wollen.

Ich denke, ich sollte euch an dieser Stelle erläutern, was ich allgemein für sinnvoll in unserem Tun und Machen halte. Nach Richard Taylor ist jede Handlung sinnvoll, solange sich am Ende dieses Tuns ein Ergebnis zeigt. Dem stimme ich zu, formuliere dies aber noch etwas aus und ergänze einige Dinge, wie folgt. Meiner Meinung nach ist alles mehr oder weniger sinnvoll, was wir machen, solange es keinem schadet. Es gibt natürlich Abstufungen. Es ist weniger sinnvoll, abends in die Disco zu gehen, als nach Afrika zu fliegen und sich dort an Hilfsprojekten aktiv zu beteiligen. Aber auch der Discobesuch ist nicht unbedingt sinnlos, da er zum Wohlgefühl der betreffenden Person führt und keinem Individuum schadet. Das heißt, es muss nicht immer offensichtlich sein, dass man etwas sinnvolles tut, aber sobald man auch etwas für die positiven Emotionen, wie zum Beispiel Spaß, Freude und Liebe macht, ist dieses Tun für mich immer etwas Positives und somit etwas Sinnvolles. Weiter noch halte ich die Erfüllung von Wünschen des Einzelnen für sehr wichtig, denn durch diese Erfüllung wird auch das Wohlgefühl gestärkt und ein inneres Wohlgefühl trägt zum harmonischen und zufriedenen Leben mit sich selbst und mit anderen bei. Harmonie und Zufriedenheit werden durch positive Emotionen hervorgerufen und deshalb ist jeder Weg, der zur Ereichung der genannten Emotionen führt, immer sinnvoll. Das alles steht natürlich unter dem Aspekt, dass der gewählte Weg keinem anderen Individuum Schaden zufügt. Sobald ich mich mit der Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftige, fallen mir sofort zwei andere philosophische Fragen ein, nämlich "Weshalb leben wir?" und "Wer bin ich?". Um die Frage nach dem Sinn des Lebens überhaupt angehen zu können, besteht die Notwendigkeit diese weiteren Fragen zu beantworten, denn die Informationen, die die Beantwortungen dieser Fragen geben, beeinflussen die individuellen Sinne sehr stark. Ich denke, ich beantworte die Frage "Weshalb leben wir?" an dieser Stelle kurz, denn sie lässt nur zwei mögliche Antworten zu, die wohl auch niemand in Frage stellen wird.

Zum Ersten will ich auf die Evolutionstheorie eingehen, für die auch ich plädiere. Vieles wissen wir heute über die Entstehung dieses Planeten, doch vieles ist uns immer noch verborgen. Wir können mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Erde durch den Urknall entstand. Das Weitere fasse ich jetzt grob zusammen, da es für diesen Aufsatz vollkommen ausreichend ist. Also, nach dem Urknall entstanden im Laufe der Zeit Land und Wasser. Es entwickelte sich Leben im Wasser und später auch auf dem Land. Irgendwann entstanden die Säugetiere und unter ihnen befand sich auch eine Affenart genannt Ramapithecus. Diese gilt als erster Vorfahr des heutigen Menschen. Das heißt, wir leben schlicht und einfach dank einer Reihe von Zufällen.

Dem gegenüber steht die christliche Religion bzw. die Bibel, die uns als Beweis dient, anzunehmen, dass Gott die Erde in sieben Tagen erschuf, Pflanzen wachsen ließ und Tiere zum Leben erweckte. Außerdem bildete er erst einen und später einen zweiten Menschen, die uns unter den Namen Adam und Eva bekannt geworden sind und schon damals genauso weit entwickelt gewesen sein sollten, wie wir heute. Wir wurden mit der größten Intelligenz unter den Lebewesen ausgestattet und haben den von Gott uns zugedachten Auftrag, die Aufsicht über die Erde zu übernehmen, zu erfüllen. Das heißt, dass wir kein Produkt von einer Aneinanderreihung von Zufällen sind, sondern mit voller Absicht ins Leben gerufen worden sind.

Diese beiden Theorien der Entstehung des Menschen spielen eine wichtige Rolle, besonders bei der individuellen Beantwortung der zu behandelten Frage, denn es ist von großer Bedeutung, ob wir nur durch Zufall oder mit Absicht die Chance bekommen haben zu leben.

Die zweite Frage "Wer bin ich?" werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufgreifen.

Ich möchte meine Behauptung, dass die Frage welchen Sinn das Leben beinhaltet, die wichtigste sei, so begründen: Ich denke, die Wichtigkeit dieser Frage wird allein schon durch das Interesse eines jeden Menschen, eine Antwort bezüglich dieser Frage zu finden, bestätigt, denn wer hat diese Fragestellung , wenn auch noch so nebensächlich, nicht schon einmal behandelt, sobald er begann rational und vernünftig zu denken? Ich habe jedenfalls noch keinen getroffen, der meinte: "Sinn des Lebens. Warum sollte ich mir darüber Gedanken machen. Ich lebe und das reicht mir." An dieser Stelle möchte ich eine provozierende These formulieren, über die es sich meiner Meinung nach lohnt, nachzudenken: Vielleicht wäre es sogar besser, wir würden uns nicht so oft mit dieser Frage quälen und uns ein Beispiel an dem oben zitierten imaginären Menschen nehmen. So würden wir dem Sinn des Lebens vielleicht viel näher kommen.

Leider oder zum Glück, das sei dahin gestellt, befassen wir uns schon seit Jahrtausenden mit dieser Frage und, wie könnte es anders sein, auch großen Philosophen bereitete diese Frage immer wieder ein Anlass, den Denkapparat einzuschalten und mit der Zitierung einiger möchte ich beginnen, dem Sinn des Lebens auf den Grund zu gehen.

Als ersten Philosophen führe ich an dieser Stelle Aristoteles an. Dieser formulierte seine These folgendermaßen: "Wohlbehagen der vernunftbegabten Seele ist der Sinn des Lebens." Die vernunftbegabte Seele ist in diesem Fall die Seele des Menschen, denn kein anderes Lebewesen besitzt eine rational oder vernünftig denkende Seele. Hinzu kommt, dass Pflanzen bzw. andere Tiere gar nicht in der Lage sind über ihren Sinn Überlegungen anzustellen. Theoretisch sind die Gedanken Aristoteles´ ziemlich simpel, denn als Vorraussetzung für ein sinnvolles Leben ist ganz einfach die Zufriedenheit des Einzelnen mit sich und seinem Leben. Wie schwer es aber in der Praxis ist, eine vollständige Zufriedenheit bzw. ein vollkommenes Wohlbehagen zu erlangen, hat wohl jeder schon erfahren.

Epicur hat eine ähnliche Lebenssinnvorstellung wie Aristoteles. Er bezeichnet einfache Freude als Erfüllung des Lebenssinns. Das heißt, um sinnvoll zu leben, solle ein hoher Spaßfaktor das Leben beherrschen.

Fromm unterteilt den Sinn des Lebens. Er gibt einen klaren Sinn für die Allgemeinheit vor und er lässt den Sinn für den Einzelnen weitestgehend offen. Das Leben der Allgemeinheit, der Gruppe ist dann sinnvoll, wenn Vernunft, Liebe und Produktivität herrschen. Vernunft und Liebe seien Vorraussetzungen, ohne die ein zivilisiertes Zusammenleben von einer großen Gruppe, wie der Rasse der Menschen gar nicht möglich wäre. Das drückt aus, das wir mit Liebe zu unserer Rasse und mit Vernunft eine Gesetzesform schaffen müssen, die das gemeinsame leben und überleben ermöglicht. Produktivität sei der eigentliche Sinn unseres Daseins.

Jeder Einzelne habe aber die Aufgabe sein Leben selbst so sinnvoll zu
gestalten, wie es ihm als richtig erscheint.

Taylor bezeichnet das Leben als Sinn des Lebens. Das Leben sei eine gigantische Maschine, die läuft und läuft und sich selbst in Gang hielte, indem sie immer wieder neues Leben produziere. Klarer ausgedrückt, würde das bedeuten, dass jedes Lebewesen lebt, um das Weiterleben seiner Gattung zu ermöglichen.

Ayer beschreibt den Sinn des Lebens als eine Aufgabe, die jeder Mensch zu erfüllen versuchen sollte. Er meint, das Leben habe nur den Sinn, den wir ihm geben können. Dabei müsse man für sich selbst entscheiden, was man für erstrebenswert hielte. Außerdem sei ein jeder für sein Leben selbst verantwortlich und sei niemandem Rechenschaft schuldig. Das heißt, jeder müsse selber erkennen, für wie sinnvoll er sein Leben hielte und welchen Sinn er seinem Leben geben möchte. Ayer persönlich betrachtet Emotionen und Dinge wie Liebe, Freundschaft, Wissbegierde und die Herstellung sowie den Genuss von Kunstwerken als sinnvoll. Grundlegende Prinzipien der Moral sind, laut Ayer, Freiheit, Gerechtigkeit und Glück.

An dieser Stelle greife ich meine zurück gestellten Frage wieder auf, denn hier möchte ich die individuellen Lebenssinne darlegen. Auf den ersten Blick erscheint die Frage "Wer bin ich?" ziemlich unsinnig, denn was sollte man anderes darauf antworten, wie zum Beispiel ich heiße soundso, bin dann und dann geboren und wohne da und da. Damit würde aber nichts über die eigentliche Person ausgesagt sein, denn eine Person wird durch seinen Charakter, seine Ziele und seine Erfahrungen gekennzeichnet. Um seinen eigenen Sinn des Lebens erfahren zu können, ist es von Nöten, seine Ziele zu kennen, das bedeutet, zu wissen, was man in seinem einmaligen Leben erreichen möchte und auf welchen Weg man an das selbst gesteckte Ziel kommen möchte. Die Erfahrungen, die bis dato schon gemacht wurden, tragen natürlich zur eigenen Lebenssinnvorstellung bei, da man dadurch Impressionen bekommen hat, die einen das ganze Leben prägen werden.

Die einen sind bei ihren Überlegungen zu sehr samaritischen oder religiösen, die anderen wiederum zu sehr egoistischen, pessimistischen oder optimistischen Vorstellungen über den Sinn des Lebens gekommen. Der Weg, der zur Erfüllung dieses Sinnes führt, ist natürlich vom Sinn geprägt und wird daher auch entweder samaritisch, religiös, egoistisch, optimistisch oder pessimistisch sein.

Religiöse Mitglieder unserer gigantischen Gemeinschaft werden meistens schneller und sicherer eine Antwort auf diese Frage geben. Sie glauben an die zweite aufgeführte Entstehungstheorie und wissen, dass sie mit einem Sinn durch Gott bedacht worden sind.

Ich denke, ein Grund weshalb so vielen Menschen die Religion und der Glaube an die Bibel auch heute, im Zeitalter der Genetik und des Computers, noch so wichtig ist, ist der Strohhalm an den sie sich klammern können, der ihnen Halt und Sicherheit bei der Beantwortung solcher Fragen, wie der nach dem Sinn des Lebens gibt und den sie in eben diesem Glauben finden. Sie haben die Sicherheit, dass die Menschheit gewollt und deshalb auch mit einer Aufgabe bedacht ist, die jedes menschliche Leben sinnvoll macht. Leider oder zum Glück besitzt nicht jeder so einen Strohhalm.

Pessimisten oder vielleicht auch besser ausgedrückt Realisten bezeichnen das Leben als eine andauernde Arbeit. Diese Bezeichnung ist natürlich in keiner Weise ermutigend und verkörpert nichts sinnvolles. Aber wie ist es denn? Müssen wir nicht stündlich in irgendeiner Weise arbeiten, um uns die Chance auf ein wenigstens äußerlich gutes Leben nicht zu nehmen?

Ich halte jegliches Leben generell für sinnlos. Dabei stimme ich besonders den Gedanken Taylors zu. Das Leben hat kein Ziel, es ergibt sich kein Ergebnis, welches ich für erstrebenswert halte, um dafür zu leben. Die Vorstellung von einer Maschine, die immer weiter läuft, finde ich metaphorisch gesehen sehr zutreffend. Im Moment versuche ich meinem Leben einen Sinn zu geben, indem ich für ein, für mich emotional gesehen, sinnvolles Leben lebe.

Nach dem objektiven Betrachten dieser Lebenssinne oder des Nicht-Vorhandenseins dergleichen, stellt sich mir die Frage, weshalb die Menschheit noch lebt. Sobald ich mir die aufgeführten Sinne sachlich durch lese, erscheint mir kein Sinn in irgendeiner Weise sinnvoll. Hier, am Ende meines Essays bin ich mir sicher, dass es leichter und sinnvoller ist, so zu leben, wie meine imaginäre Person von vorhin. Leichter auf jeden Fall, da man einfach leben kann, ohne darauf achten zu wollen, wie sinnvoll die getane Handlung denn sei und sinnvoller deshalb, da ich denke, dass ein eher blindes, sich nicht mit dieser Frage befassendes Leben sinnvoller ist, als eines, welches sich zusätzlich zur allgemeinen Sinnlosigkeit des Lebens auch noch mit einer derartigen sinnlosen Frage befasst. Sinnlos ist für mich die Frage geworden, da ich merkte, dass es keine sinnvolle Antwort darauf gibt. Sinnlose Antworten setzen sinnlose Fragen voraus.

An dieser Stelle möchte ich noch einen Weg vorschlagen, der nach Meinung vieler das Leben auf jeden Fall erfreulich und lebenswert, aber natürlich nicht weniger sinnlos macht. Versucht bei jeder Gelegenheit die Chance zu nutzen, euch bzw. anderen die Möglichkeit auf eben dieses Leben zu schaffen. Lernt so viel wie möglich, versucht so viel Wissen wie möglich über unsere gesamte Umwelt zu erlangen und vergesst niemals euch selber Spaß und Freude zu verschaffen. Das erlangte Wissen hält den Geist wach und hilft euch mit den meisten Situationen souverän umgehen zu können. Spaß und Freude halte ich mindestens für ebenso wichtig, denn diese Emotionen lassen das Leben als einigermaßen sinnvoll erscheinen, lenken aber zumindest von der bestehenden Sinnlosigkeit ab.

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