Grundfragen der philosophischen Ethik
Mitschrift
vom Ethik-Unterricht 11/2004
1. Einleitende Betrachtungen
Verschiedene Standpunkte zu
Moral und Ethik:
·
Erst kommt das Fressen, dann die Moral. (Bert Brecht)
·
Der Stärkere setzt sich durch. Gut ist immer das, was den
Herrschenden nützt. Werte sind Instrumente zur Durchsetzung der Macht (Die
Sophisten)
·
Seit 2000 Jahren versuchen Philosophen vergeblich eine
objektive Grundlage für die Moral zu finden - es gibt diese wohl nicht. (Arthur
Schopenhauer)
·
Wo die Moral auf die Theologie, das Recht auf göttliche
Einsetzung gegründet wird, da kann man die unmoralischsten, unrechtlichsten,
schändlichsten Dinge rechtfertigen und begründen. (Ludwig Feuerbach)
·
Das Wissen um Moral muss nicht gelehrt werden, es kann
durch vernünftiges Denken erschlossen werden. (Immanuel
Kant)
Der
Begriff ‚Moral' leitet sich zwar von mos (lat. Brauch, Sitte, Gewohnheit) ab,
doch haben die meisten Sitten mit dem, was wir heute unter Moral verstehen
nichts zu tun..
Arten sittlicher
Verbindlichkeit:
1. Sitten, die nicht direkt den
Umgang der Menschen miteinander regelt (z.B. Ostereier, Tannenbaum,
Leichenschmaus, Kleiderordnung)
2. Sitten, die das menschliche
Miteinander regulieren (Buben machen einen Diener, Mädchen einen Knicks, Hut lüften
zum Gruß, wenn man mit älteren redet: Hände aus den Taschen nehmen, vor Älteren
steht man auf, zurückgrüßen). Sie haben für uns einen Grad höherer
Verbindlichkeit, sind aber kein Maßstab für moralisch gut oder schlecht. Wer
dagegen verstößt ist unhöflich, wer sich daran hält, muss noch lange kein
guter Mensch sein.
3. Vielleicht gibt es Sitten, die allen Kulturen zu allen Zeiten gemeinsam sind (und evtl. sind sie ein Maßstab dafür, was als moralisch gut oder schlecht zu werten ist, z.B.
=> Fazit: Nur die Sitten sind
weltweit zu akzeptieren, die in allen Ländern gelten. Also keine
Zwangsbeschneidung, Witwenverbrennung, Abtreibung, Todesstrafe,
Menschenfresserei, Euthanasie (Sterbehilfe), Sklaverei, Kinderarbeit,
Verheiratung Minderjähriger ...
Wie begründet man das Verbot
bestimmter Bräuche (wie Witwenverbrennung)?
Was ist, wenn andere diese Werte
nicht akzeptieren?
Sind Sanktionen gegen solche Länder
erlaubt? (z.B. Handelsboykott? Nicht akzeptabel)
Natürlich kann man sagen:
„Wenn ihr unsere Werte nicht akzeptiert, könnt ihr nicht Mitglied der EU
sein." Vielleicht kann man Sanktionen verhängen, denn ein Land kann Handel
treiben, mit wem es will. Aber militärischer Einmarsch basiert wohl auf dem
Recht des Stärkeren.
2. Was will Ethik leisten?
Ethik denkt über die
moralischen Grundsätze in einer Gesellschaft nach:
·
Wie werden sie begründet?
·
Ist diese Begründung stichhaltig?
·
Ist das System in sich schlüssig?
Beispiel:
Kann
man gegen Genmanipulation und Embryonenforschung sein, wenn man gleichzeitig für
Abtreibung ist?
Kann
man „direkte Tötung unschuldigen Lebens" (Abtreibung, aktive
Sterbehilfe) kategorisch ablehnen, wenn man Krieg u.U. (besonders zur
Verteidigung) akzeptiert?
Ist
ein moralischer Grundsatz in anderen Kulturen konsensfähig?
Soll
man eine Handlung nach ihren Wirkungen beurteilen (Der gute Zweck heiligt die
Mittel) oder nach der Gesinnung der Anderen, bzw. danach, ob bestimmte Grundsätze
gewahrt sind oder nicht?
3.
Teleologische Ansätze (von Telos = Ziel, Zweck, Absicht)
Teleologischer
Grundsatz: Moralisch richtig ist das Handeln, durch welches das Ziel erreicht
wird.
->
„der Zweck heiligt die Mittel“ würde im Extremfall gelten = Hauptproblem
dieses Ansatzes: Foltern wäre gestattet um die Freilassung eines anderen zu
erzwingen.
Das
„Wohl des Menschen“ ist erstrebenswert
->
alles Handeln ist im ethischen Sinne gut, was das Wohl fördert
->
Tierversuche zur Medikamentengewinnung wäre ethisch gut
Problem
1) Wer bestimmt das erstrebenswerte Ziel?
Gilt etwa:
Am deutschen Wesen soll die Welt genesen? 2. Weltkrieg
Der Islam muss die Welt beherrschen? Dschihad!
Gesunde
Kinder mit hoher Intelligenz? Retorten-Babies,
Euthanasie
Problem2) Und wer interpretiert es richtig? Worin besteht z.B. das Wohl des
Menschen? Worin besteht z.B. das Glück, falls man sagt: Oberstes
Ziel
ist das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl.
Problem3) Im Extremfall kann man sagen: Der Zweck heiligt die Mittel.
Es ist moralisch gerechtfertigt, „schlechte“ Mittel einzusetzen, um
„gute“ Ziele zu erreichen. (Befreiung einer Geißel durch Folterung
des Entführers)
Problem
4) Sittlich gut oder schlecht ist nach diesem teleologischen Ansatz
das Verhalten, das dem Erreichen von Zielen gilt, die man
ihrerseits nicht als sittlich oder unsittlich charakterisieren kann.
Es sind aber viele Ziele denkbar wie Gesundheit, geistiges Niveau,
Wohlstand, Freiheit bei der Selbstverwirklichung, Lustgewinn (alles
sog. „Vorsittliche Güter").
Der
Teleologe fühlt sich also nicht an Regeln gebunden, sondern an ihm positiv
erscheinende Ziele. Für deren Erreichen nimmt er ggf. auch fragwürdige Mittel
in kauf.
4.
Deontologische Ansätze
Bedeutung:
Deontologie kommt von Déon = das Gebotene, Nötige.
Die
deontologische Ethik geht davon aus, dass es verpflichtende Maßstäbe für
schlechtes und gutes Verhalten gibt. Es lassen sich Regeln und Gebote bilden,
deren Beachtung zum gewünschten Handeln führt. Welches Handeln moralisch gut
oder schlecht ist, soll nicht vom Zweck dieser Handlungen abhängen. Manche
Handlungen sind von sich aus gut/schlecht und müssen deshalb ausgeführt/unterlassen
werden unabhängig von den Folgen. Die moralischen Maßstäbe und sittlichen
Gebote werden als Selbstzweck aufgefasst, der unbedingte Befolgung verlangt.
Dieser Gesetzesbegriff wird als sittliches Naturgesetz bezeichnet. In Religionen
versucht man die Existenz eines Naturrechtes abzusichern durch einen oder
mehrere Götter als Stifter und Hüter. An Stelle einer rationalen Begründung
tritt dann lediglich eine angenommene Offenbarung der sittlichen Gesetze. In der
Neuzeit geht man jedoch von der Nicht-Verifizierbarkeit geoffenbarter
Moralvorstellungen aus und versucht, Regeln und Gesetze rational nachvollziehbar
und ohne Rückgriff auf transzendente Begründungen aufzustellen. Dabei berufen
sich die Autoren oft auf die Vernunft wie z.B. Immanuel Kant (praktische
Vernunft, kategorischer Imperativ).
Innerhalb der deontologischen Ethik unterscheidet man zwischen handlungsdeontologischen
und einer regeldeontologischen Theorie.
Die
handlungsdeontologischen Variante hebt die Besonderheit der Umstände einer
Situation hervor. Die jeweilige moralische Entscheidung kann daher nicht an
allgemeine Regeln gebunden werden. Letztendlich bleibt dann nur das Gefühl, in
einer bestimmten Situation zu einer bestimmten Handlung verpflichtet zu sein.
Man fühlt sich innerlich zu einer Handlung genötigt. Die
handlungsdeontologischen Haltung ist insbesondere für die Ethik der
Existenzphilosophie wichtig.
Im
Gegensatz dazu gehen die Vertreter der regeldeontologischen Variante davon aus,
dass moralische Entscheidungen nicht von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen
dürfen. Sie müssen vielmehr auf gemeinsamen Prinzipien beruhen. Ein Beispiel für
die regeldeontologischen Ethik
ist die von Kant. Sie kommt mit einem einzigen Prinzip, nämlich dem kategorischen
Imperativ, aus. Grundsätzlich fühlt sich auch der Regeldeontologe
verpflichtet, so und nicht anders zu handeln (daher spricht man ja auch von
Deontologie = Lehre vom Gebotenen). Nur empfindet er eben das Regelsystem als
verpflichtend und leitet daraus ab, was er nun tun soll.
Das
Problem ist jedoch: Es können in der deontologischen Ethik Pflichtkollisionen
entstehen. Das sind zwei oder mehr verschiedene Grundsätze, die sich zeitweise
oder dauernd gegenseitig ausschließen (z.B. Pflicht „sag die Wahrheit"
und „schütze dein Kind").
Man
versucht deshalb Grade der Verbindlichkeit festzulegen, die eine Reihenfolge in
der Priorität bilden. Die Pflichtkollision wird dann auflösbar zugunsten des höher
priorisierten Verpflichtungsgrundes. So könnte eine Hierarchie der Werte in
religiös begründeten Moralvorstellungen sein:
·
Liebe zu Gott
·
Liebe zu den Eltern
·
Liebe zu Kindern
·
Wahrung der Freiheit
·
Wahrung des Lebens
Dieses Beispiel bedeutet: Im
Konfliktfall müsste man die Eltern retten und die Kinder sterben lassen, das
Leben für einen Gott opfern, das Leben für die Freiheit riskieren.
Immanuel Kant bestreitet
allerdings, dass es zu einer Pflichtkollision kommen kann: “Wozu ich verpflichtet bin, sagt die Vernunft. Vernunft ist eine in
sich schlüssige Größe. Also kann uns die Vernunft nicht zu widersprüchlichem
Verhalten verpflichten." Diese abstrakte Ausführung besticht zwar
durch ihre Logik. Allerdings wird sie konkreten Notsituationen nicht immer
gerecht. So kann z.B. die Hilfe für einen Not leidenden Freund mit der Pflicht,
die eigene Familie zu versorgen, kollidieren.
Eine auf Vernunft basierende Moral fordert auch der Philosoph Ludwig Feuerbach. Er sieht sie im Gegensatz zu einer Moral durch göttliche Verkündigung, die er vehement ablehnt. Er vertritt die Auffassung, dass der Mensch alle idealen Eigenschaften seiner selbst in den Begriff Gott hinein projiziert. Demzufolge werden auch ethische Werte oftmals deshalb als heilig und göttlich eingestuft, weil sie schon vorher als wertvoll und nützlich erkannt wurden. „Das Richtige, Wahre, Gute hat überall seinen Heiligungsgrund in sich selbst, in seiner Qualität“, so drückte es Feuerbach aus. Die wichtigsten Werte, die z.B. das Christentum vertritt, gab es schon vorher. Moralische Werte ausschließlich aus der Religion abzuleiten, hält Feuerbach für sehr gefährlich. Sie werden dadurch als unbezweifelbar, unverletzlich, heilig hingestellt und somit der prüfenden Vernunft und der Rechenschaftspflicht gegenüber der Gesellschaft entzogen. Verblendung, Irrationalität und sogar böse Absichten können auf diese Weise Einzug in das Wertesystem halten.
5. Der naturalistische
Fehlschluss
Als naturalistischen Fehlschluss
bezeichnet man die Folgerung des Sollens aus dem Sein. Es wird vielmehr
behauptet: Aus dem Sein folgt nicht das Sollen! Das Sollen braucht eine eigenständige
Begründung.
These:
Die Moral hat ihren Ursprung in den faktischen Lebensverhältnissen der frühen
Menschheit. Z.B. erlegten früher die starken Männer die Beute und schützten
die Gruppe vor Feinden. Daraus entstand allmählich das Gefühl, es sei richtige
(heute sagt man „moralisch gut“), dass die Starken ihre Stärke auf diese
Weise einsetzen.
Gegenthese:
Was ist, darf nicht gleichgesetzt werden mit dem, was sein soll.
Moralische Grundsätze
beschreiben keine faktischen Begebenheiten, sondern beinhalten Gebote und
Verbote.
Also das, was ist, ist nicht gleich der moralischen Forderung, d.h. das, was
sein soll. Dazu braucht man eine eigenständige Begründung.
Moralische Sätze beschreiben kein Sein, sondern immer ein Sollen. Wer das
Sollen aus dem Sein ableitet, der begeht einen naturalistischen Fehlschluss.
Beispiele eines naturalistischen Fehlschlusses:
Ein naturalistischer Fehlschluss steckt beispielsweise in der katholischen Sexualmoral, da sie Homosexualität als angeblich „widernatürliches“ Verhalten verurteilt. Schon die Voraussetzung dieser Aussage ist falsch. Denn Homosexualität ist in der Natur weit verbreitet: Man findet sie bei Würmern, Möwen, Meerschweinchen oder Delphinen ebenso, wie bei unseren nächsten Verwandten, den Orang-Utans, Schimpansen oder Bonobos. Eine Verurteilung der Homosexualität wäre schon deshalb nicht schlüssig. Abgesehen davon wäre dieses Argument ein „naturalistischer Fehlschluss“. Aber dürfen wir aus dem natürlichen Vorhandensein nun schließen, dass die Homosexualität deshalb erlaubt sei? Keineswegs! Ob ein Verhalten „natürlich“ ist oder nicht, sagt nichts über seine ethische Legitimität aus. Diese Entscheidung bedarf einer eigenständigen Begründung, die nicht aus der Natur folgt.
Doch welche eigenständigen Begründungen
für eine moralische Forderung könnte es geben? Je nach weltanschaulichem
Hintergrund kann das sein:
6. Über die Werte
6.1 Vorstellungen der Idealisten
Nehmen wir ein krasses Beispiel.
Ein verbrecherischer Junge, nennen wir ihn einmal Karl, rät
einem Bekannten Ludwig, seiner Mutter nachts die Kehle durchzuschneiden, um dann
deren Geld zu rauben. Mit diesem Geld wolle man sich dann einen feucht-fröhlichen
Abend in der Kneipe machen. Ludwig wird, sofern er ein normal empfindender
Mensch ist, diesen Vorschlag empört zurück weisen. „Warum“, so fragt Karl,
„das wäre doch ganz einfach und nützlich?“ Was würden wir darauf
antworten? Wahrscheinlich hätten wir keine stichhaltige Antwort, sondern nur:
Das ist etwas Gemeines, Unerhörtes, Sündiges, Niederträchtiges ... Wenn dann
aber Karl fragt, warum man etwas Gemeines, Unerhörtes, Sündiges, Niederträchtiges
nicht tut, dann würden wir wohl sagen, dass man so etwas einfach nicht tut. Mit
anderen Worten, wir hätten keine richtigen Argumente! Der Satz „Du sollst
deine Mutter nicht umbringen, um ihr Geld zu rauben“ ist selbstverständlich.
Darüber kann man nicht mehr diskutieren.
Wir stellen also fest, dass dieser Satz uns als gegeben
erscheint. Er ist einfach vor unserem geistigen Auge als etwas von uns Unabhängigem
da. Er ist in der Sprache der Philosophen ein Seiendes. Er ist jedoch kein
reales Seiendes, sondern ein ideales Seiendes, etwa wie ein mathematisches
Gebilde.
Die Theorie, dass Werte gegeben sind und uneingeschränkt
ohne weitere Begründung gelten, ist typisch für die idealistische Wertvorstellung.
Idealisten räumen zwar ein, dass sich Wertungen im Laufe der Zeit ändern können.
Aber Werte sind nicht gleichzusetzen mit Wertungen. Wertungen sind unsere
Reaktionen auf die Werte. Werte selbst sind ewig und unveränderlich. Fragt man,
welchen Grund die Idealisten für diese Ansicht haben, so antworten sie genau
so, wie in unserer Geschichte Ludwig dem Karl antwortete: „Das ist selbstverständlich“.
Werte werden von den Idealisten
als etwas Ideales gesehen. Sie sind nicht das Resultat unserer geistigen Betätigung.
Es gibt in unserer Welt eine Grundlage für Werte, die nicht in uns selbst begründet
ist. Was ist diese Grundlage? Die Werte sind auf der Beziehung des Menschen zu
den Dingen begründet. Warum gibt es z.B. den Wert der Elternliebe? Weil das
Kind die Eltern lieben und gehorchen muss, um gedeihen zu können. Wäre der
Mensch anders, so wären auch seine Werte andere. Folgt daraus, dass die
grundlegenden Werte veränderlich sind? Ja und nein. Ja, soweit Einzelheiten des
Menschen veränderlich sind. Nein, soweit er grundlegende Eigenschaften beibehält.
Es ist aber so, dass sich Einzelheiten ändern, aber das Grundlegende bleibt.
Aber solange der Mensch ein Mensch bleibt, wird sich nichts daran ändern: Ein
Muttermord bleibt ein Verbrechen.
6.2 Vorstellungen der
Positivisten
Werte sind das Resultat von
Wertungen. Es gibt keinen Wert an sich, sondern nur einen Wert für etwas (für
die Gesellschaft, für mich ...). Was für mich nützlich ist, hat für mich
einen bestimmten Wert. Werte sind daher subjektiv und relativ. Denn ein und
dieselbe Person kann einen Wertewandel durchmachen, wenn sich seine
Lebenssituation ändert. Ein Kind braucht z.B. Geborgenheit, ein Jugendlicher
hingegen eine Distanz zu den Eltern, um sich zu entfalten und zu lernen, auf
eigenen Beinen zu stehen. Wertvoll ist für Positivisten, was meinen materiellen
Bedürfnissen dient, also was ich auch eintauschen oder verkaufen kann. Die
grundlegenden Werte sind demnach materielle Werte, deren Notwendigkeit
unstrittig ist. Wie steht es mit Werten, die als ideelle empfunden werden
(Freiheit, Aufrichtigkeit, Güte ...)? Sind das vielleicht Werte, die eine
eigene Wirklichkeit haben?
Positivisten verneinen diese
Frage. Wenn jemand behauptet, Freiheit habe für ihn einen hohen Wert, dann heißt
das nur, dass für ihn Freiheit einen höheren Wert als materielle Absicherung
hat. Für einen anderen Menschen mag das anders sein. Es liegt also wieder eine
subjektive Wertung vor. Dass für jemanden die Freiheit wichtiger als Wohlstand
ist, bedeutet jedoch nicht, dass Freiheit ein vom Individuum unabhängiger Wert
ist.
Sittliche Werte sind deshalb von
Wert, weil sie nützlich sind für das Zusammenleben in der Gesellschaft.
Toleranz, Solidarität, all das hat deshalb einen Wert, weil es die Konflikte in
der Gesellschaft mindert.
Da es für Positivisten keinen Wert „an sich“ gibt,
einigt man sich in der Gesellschaft, idealerweise sogar weltweit, auf gemeinsame
Werte. Normal ist hingegen, dass verschiedene Kulturkreise verschiedene Werte
haben. Wer hat dann Recht? Wenn es keine objektiven Werte gibt, dann hat wohl
der Recht, der bei einer Abstimmung die Mehrheit bekommt.
Der Begriff „Wert“ tauchte erst spät in der
Philosophie auf. Marx behandelte ihn als Tausch- und Mehrwert im ökonomischen
Zusammenhang. Erst danach sprach man auch von moralischen Werten. Werte gibt es
nicht an sich, sondern ergeben sich durch Bewertungen durch Menschen. Sie können
für Individuen, Gruppen oder gar ganze Nationen und Kulturkreise gelten. Zur größeren
Verbreitung ist ein Wertekonsens nötig, der durch gemeinschaftlichen Diskurs
erreicht werden sollte. Aber wie hoch wird ein sittlicher Wert bewertet? Er
richtet sich sicherlich auch danach, wie durch ihn die Gesellschaft reibungs-
und konfliktärmer funktioniert.
Diskutiere folgende Fragen:
7. Der Utilitarismus
(mehr unter http://www.schulfach-ethik.de/ethik/Stichwort/Utilisarismus.htm)
Der Utilitarismus ist eine
teleologische Ethik, die überwiegend im englischen Sprachgebiet geschaffen
wurde. Er versucht, eine Ethik ohne Metaphysik aufzubauen. Die Grundlage für
die ethische Bewertung ist das Nützlichkeitsprinzip.
Je nach dem, ob die Nützlichkeit auf den Einzelnen oder die Gesellschaft
bezogen wird, unterscheidet man Individual-
und Sozialutilitarismus. Bentham, der
Begründer des Sozialutilitarismus, bewertet Handlungen danach, ob sie das Wohl
und Glück der Gesellschaft mehrt oder mindert. Er formuliert klare
Handlungsweisen und Kriterien, um
das größtmögliche Glück für
die größtmögliche Zahl
zu erzielen. Dadurch gibt es für
den Utilitaristen keine Pflichtkollisionen. Die Handlungsweise richtet sich also
nicht nach festen Regeln. Der Handelnde überlegt vielmehr in jeder Situation,
welche Alternative den größten Nutzen für sich oder die Allgemeinheit bringt.
Diese Herangehensweise wird auch als Handlungsutilitarismus bezeichnet.
Er kann wegen seiner Abhängigkeit von der Ausgangssituation keinen Anspruch auf
eine Allgemeingültigkeit erheben. Diesen Mangel versucht man mit dem sog. Regelutilitarismus
zu umgehen. Er geht zwar auch vom Nützlichkeitsprinzip aus, versucht jedoch,
daraus für alle Situationen allgemeingültige Regeln abzuleiten. Ein
Regelutilitarist würde z.B. die Regel „Du sollst nicht lügen“ aufstellen,
weil es für die Gesellschaft besser ist, wenn alle die Wahrheit sagen. Der
Handlungsutilitarist würde situationsabhängig entscheiden, ob er die Wahrheit
sagt. Damit hat er die Handhabe zu lügen etwa um eine bedrohte Person zu schützen.
Da der Utilitarismus versucht, Entscheidungen von
voraussehbaren Folgen abhängig zu machen, wird er oft von Anhängern des
Empirismus vertreten. Eine Stärke ist zweifellos, dass der Utilitarismus oft
zum gleichen Ergebnis kommt wie die allgemein vertretenen moralischen Überzeugungen.
Es gibt jedoch auch Schwierigkeiten:
8. Der Hedonismus
Der Hedonismus sieht in der Lust
und dem Vergnügen die treibende Kraft menschlichen Handelns. Diese Denkrichtung
entstand bereits im Hellenismus ab ca. 300 v.u.Z. In der Zeit standen sich die
Stoa und der Hedonismus gegenüber:
Die Epikureer wurden von den
Stoikern als „Lustmolche“ abgetan. Dieser Vorwurf wurde auch gegen die
Utilitaristen erhoben. Um ihn zu entkräften, unterschied John Stuart Mill
zwischen der geringwertigen Lust durch körperliche Betätigung und der
hochwertigen durch geistige Aktivität. Auch plädierte Mill für den
Sozialutilitarismus und gegen den Individualutilitarismus. Auch der
Existentialist Jean Paul Sartre sah das im 20. Jahrhundert ähnlich: „Gut kann
nur sein, was für alle gut ist.“ Mill rät davon ab, sich den Genuss am Leben
zu versagen und im reinen Altruismus zu leben. Denn die große Mehrzahl aller
guten taten hat ihren Zweck nicht im Wohl der Welt, sondern im Wohl einzelner
Individuen, aus dem sich das Wohl der Welt zusammensetzt. Durch Egoismus wird
der Lebensstandard ggf. insgesamt angehoben. Diese Sicht wird jedoch z.B. von
Schopenhauer abgelehnt: „Was zum eigenen Nutzen und Vorteil unternommen wird,
kann keine sittlichen Ansprüche erheben.“
9. Die Lehre Kants
(mehr unter http://www.schulfach-ethik.de/ethik/Personen/kant_immanuel.htm)
In Kants (1724-1804) Lehre geht
es um zwei zentrale Fragen:
9.1 Frage 1: Was kann ich
wissen?
Für Kant beruht das Wissen auf Erfahrung. Erfahrung setzt sich wiederum
zusammen aus Sinneseindrücke (von ihm „Stoff“ genannt) und unser
Erkenntnisvermögen („Formen“). Verkürzt gesagt heißt das:
Die Formen sind nach Kant
„apriorisch“, weil sie den Erfahrungen als notwendige Bestandteile voraus
gehen. Diese apriorischen Formen (Erkenntnisvermögen) sind bei allen Menschen
gleich, da sie unveränderliche Strukturen des Geistes sind. Sie bringen Ordnung
in das Chaos der Sinneseindrücke. Mit diesem Erkenntnisvermögen wird etwas in
die Sinneseindrücke hineingelegt. Wir können nur das a priori von den Dingen
erkennen, was wir selbst in sie legen. Anschaulich kann das so verdeutlicht
werden: Angenommen, der Mensch könnte nur etwas sehen, wenn er eine Brille mit
blauem Glas trüge. Nehmen wir weiter an, er wüsste nichts davon. Beim Sehen würden
dann die Sehempfindungen (Stoff) durch die Brille (Form) zu einem blauen Bild
geformt werden. Da der Mensch von der Brille aber nichts weiß, würde er seine
subjektive Bedingung der Wahrnehmung, also das blaue Glas, mit den Eigenschaften
des Objektes verwechseln, also dass sie blau sind. Das Ding an sich ist laut
Kant für uns unerkennbar: Was die Gegenstände unabhängig von den Bedingungen
unserer Erkenntnis sind, ist uns völlig unbekannt.
9.2 Frage 2: Was soll ich tun?
Zur Beantwortung dieser Frage führt
Immanuel Kant den von ihm entdeckten kategorischen Imperativ als Leitprinzip für
moralisches Handeln an. Er lautet in verschiedenen Formulierungen:
Dazu gibt Kant ein Beispiel.
Eine Maxime meines Handelns könnte lauten: „Wenn es für mich vorteilhaft
ist, gehe ich ein lügenhaftes Versprechen ein mit der Absicht, es nicht zu
halten.“ Geliehenes Geld gäbe ich nicht zurück. Aber kann man wirklich
wollen, dass diese Maxime des Lügens ein allgemein anerkanntes Gesetz wird?
Kant beantwortet die Frage mit nein. Zwar könnte man die Lüge wollen, aber
nicht ein allgemeines Gesetz zu lügen. Niemand könnte sich auf den anderen
mehr verlassen. Jedes Versprechen verlöre seinen Sinn. Der Lügner bedient sich
eines Menschen bloß als Mittel und missachtet, dass der andere Zweck an sich
selbst ist.
1797 schrieb Kant über die Lüge die Abhandlung „Über ein
vermeintliches Recht aus Menschenliebe zu lügen“. Darin geht er der Frage
nach, ob man einen Mörder, der meinen Freund verfolgt, darüber belügen darf,
dass er sich in mein Haus geflüchtet hat. Kant verneint das. Denn wenn man
durch die Lüge die Tat verhindert hat, dann ist man für alle Folgen, die
daraus resultieren, verantwortlich. Ist man aber bei der Wahrheit geblieben, so
kann einem die öffentliche Rechtssprechung nichts anhaben. Es könnte ja
passieren, dass der Fliehende, nachdem er das Haus betreten hat, dieses sogleich
unbemerkt wieder verlassen hat. Hat man nun die Wahrheit gesagt, so könne das
dazu führen, dass der Mörder die Tat nicht ausführen kann. Hat man hingegen
gelogen, so könnte der Mord zustande kommen. Wer also lügt, kann mit Recht als
Verursacher des Mordes angeklagt werden.
Diskussion: Ist das moralische
Gebot, stets die Wahrheit zu sagen, dem Gebot, einem Menschen zu helfen, überzuordnen
oder nicht?
Auszug aus Ludwig Feuerbachs "Das Wesen des Christentums", 28. Kapitel:
Im Christentum werden die
moralischen Gesetze als Gebote Gottes gefaßt; es wird die Moralität selbst zum
Kriterium der Religiosität gemacht; aber die Moral hat dennoch untergeordnete
Bedeutung, hat nicht für sich selbst die Bedeutung der Religion. Diese fällt
nur in den Glauben. Über der Moral schwebt Gott als ein vom Menschen
unterschiedenes Wesen, dem das Beste angehört, während dem Menschen nur der
Abfall zukommt. Alle Gesinnungen, die dem Leben, dem Menschen zugewendet werden
sollen, alle seine besten Kräfte vergeudet der Mensch an das bedürfnislose
Wesen. Die wirkliche Ursache wird zum selbstlosen Mittel, eine nur vorgestellte,
eingebildete Ursache zur wahren, wirklichen Ursache. Der Mensch dankt Gott für
die Wohltaten, die ihm der andere selbst mit Opfern dargebracht. Der Dank, den
er seinem Wohltäter ausspricht, ist nur ein scheinbarer, er gilt nicht ihm,
sondern Gott. Er ist dankbar gegen Gott, aber undankbar gegen den Menschen. So
geht die sittliche Gesinnung in der Religion unter! So opfert der Mensch den
Menschen Gott auf! Das blutige Menschenopfer ist in der Tat nur ein
rohsinnlicher Ausdruck von dem innersten Geheimnis der Religion. Wo blutige
Menschenopfer Gott dargebracht werden, da gelten diese Opfer für die höchsten,
das sinnliche Leben für das höchste Gut. Deswegen opfert man das Leben Gott
auf, und zwar in außerordentlichen Fällen; man glaubt damit ihm die größte
Ehre zu erweisen. Wenn das Christentum nicht mehr, wenigstens in unsrer Zeit,
blutige Opfer seinem Gott darbringt, so kommt das, abgesehen von andern Gründen,
nur daher, daß das sinnliche Leben nicht mehr für das höchste Gut gilt. Man
opfert dafür Gott die Seele, die Gesinnung, weil diese für höher gilt. Aber
das Gemeinsame ist, daß der Mensch in der Religion eine Verbindlichkeit gegen
den Menschen - wie die, das Leben des andern zu achten, dankbar zu sein - einer
religiösen Verbindlichkeit, das Verhältnis zum Menschen dem Verhältnis zu
Gott aufopfert. Die Christen haben durch den Begriff der Bedürfnislosigkeit
Gottes, die nur ein Gegenstand der reinen Anbetung sei, allerdings viele wüste
Vorstellungen beseitigt. Aber diese Bedürfnislosigkeit ist nur ein abstrakter,
metaphysischer Begriff, der keineswegs das eigentümliche Wesen der Religion
begründet. Das Bedürfnis der Anbetung nur auf eine Seite, auf die subjektive
verlegt, läßt, wie jede Einseitigkeit, das religiöse Gemüt kalt; es muß
also, wenn auch nicht mit ausdrücklichen Worten, doch der Tat nach eine dem
subjektiven Bedürfnis entsprechende Bestimmung in Gott gesetzt werden, um
Gegenseitigkeit herzustellen. Alle wirklichen Bestimmungen der Religion beruhen
auf Gegenseitigkeit. Der religiöse Mensch denkt an Gott, weil Gott an ihn
denkt, er liebt Gott, weil Gott ihn zuerst geliebt hat usw. Gott ist eifersüchtig
auf den Menschen - die Religion eifersüchtig auf die Moral; sie saugt ihr die
besten Kräfte aus; sie gibt dem Menschen, was des Menschen ist, aber Gott, was
Gottes ist. Und Gottes ist die wahre, seelenvolle Gesinnung, das Herz.
Wenn wir in Zeiten, wo die
Religion heilig war, die Ehe, das Eigentum, die Staatsgesetze respektiert
finden, so hat dies nicht in der Religion seinen Grund, sondern in dem ursprünglich,
natürlich sittlichen und rechtlichen Bewußtsein, dem die rechtlichen und
sittlichen Verhältnisse als solche für heilig gelten. Wem das Recht nicht
durch sich selbst heilig ist, dem wird es nun und nimmermehr durch die Religion
heilig. Das Eigentum ist nicht dadurch heilig geworden, daß es als ein göttliches
Institut vorgestellt wurde, sondern weil es durch sich selbst, für sich selbst
für heilig galt, wurde es als ein göttliches Institut betrachtet. Die Liebe
ist nicht dadurch heilig, daß sie ein Prädikat Gottes, sondern sie ist ein Prädikat
Gottes, weil sie durch und für sich selbst göttlich ist. Die Heiden verehren
nicht das Licht, nicht die Quelle, weil sie eine Gabe Gottes ist, sondern weil
sie sich durch sich selbst dem Menschen als etwas Wohltätiges erweist, weil sie
den Leidenden erquickt; ob dieser trefflichen Qualität erweisen sie ihr göttliche
Ehre.
Wo die Moral auf die Theologie, das Recht auf göttliche Einsetzung gegründet
wird, da kann man die unmoralischsten, unrechtlichsten, schändlichsten Dinge
rechtfertigen und begründen. Ich kann die Moral durch die Theologie nur begründen,
wenn ich selbst schon durch die Moral das göttliche Wesen bestimme.
Widrigenfalls habe ich kein Kriterium des Moralischen und Unmoralischen, sondern
eine unmoralische, willkürliche Basis, woraus ich alles mögliche ableiten
kann. Ich muß also die Moral, wenn ich sie durch Gott begründen will, schon in
Gott setzen, d.h., ich kann die Moral, das Recht, kurz, alle wesentlichen Verhältnisse
nur durch sich selbst begründen, und begründe sie nur wahrhaft, so wie es die
Wahrheit gebietet, wenn ich sie durch sich selbst begründe. Etwas in Gott
setzen oder aus Gott ableiten, das heißt nichts weiter als etwas der prüfenden
Vernunft entziehen, als unbezweifelbar, unverletzlich, heilig hinstellen, ohne
Rechenschaft darüber abzulegen. Selbstverblendung, wo nicht selbst böse,
hinterlistige Absicht, liegt darum allen Begründungen der Moral, des Rechts
durch die Theologie zugrunde. Wo es Ernst mit dem Recht ist, bedürfen wir
keiner Anfeuerung und Unterstützung von oben her. Wir brauchen kein
christliches Staatsrecht; wir brauchen nur ein vernünftiges, ein rechtliches,
ein menschliches Staatsrecht. Das Richtige, Wahre, Gute hat überall seinen
Heiligungsgrund in sich selbst, in seiner Qualität. Wo es Ernst mit der Moral
ist, da gilt sie eben an und für sich selbst für eine göttliche Macht. Hat
die Moral keinen Grund in sich selbst, so gibt es auch keine innere
Notwendigkeit zur Moral; die Moral ist dann der bodenlosen Willkür der Religion
preisgegeben.
Leitfragen zur Textanalyse:
1.
Was meint
Feuerbach damit, wenn er sagt, die Religion sei eifersüchtig auf die Moral und
wie begründet er seine Auffassung?
2. Mit welchen Argumenten lehnt Feuerbach die Vorstellung ab, dass wirkliche moralische Werte aus der Religion selbst heraus entstehen können.
3.
Welche Gefahren sieht Feuerbach darin, moralische
Werte aus Gott abzuleiten? Diskutieren Sie diese These anhand geschichtlicher
und gegenwärtiger politischer und gesellschaftlicher Ereignisse.
Beispiel einer Klausur Grundkurs
Ethik „Grundfragen philosophischer Ethik“ 1)
Mit welchen Problemen sieht sich eine teleologische Ethik
konfrontiert? (grundsätzlich und Verdeutlichung: jeweils EIN Beispiel) 2)
Beschreiben Sie möglichst überzeugend die positivistische Sicht
von Werten! 3)
Formulieren und erklären Sie nun aus idealistischer Sicht einige
Einwände gegen das von Ihnen unter 2) Gesagte! 4)
Nehmen Sie - pro und contra - zu folgender These Stellung: Wer
gegen Embryonenforschung ist, muss auch gegen Abtreibung sein Stoff:
Grundfragen philosophischer Ethik 45 Minuten Arbeitszeit |
Musterantworten
zu dieser Klausur
zu 1) Mit
welchen Problemen sieht sich eine teleologische Ethik konfrontiert? (grundsätzlich
+ Verdeutlichung: jeweils EIN Beispiel)
Nach
der teleologischen Ethik wird die (ethische) Qualität einer Handlung danach
beurteilt, ob sie dem Erreichen eines als erstrebenswert eingestuften Zieles
dient.
Damit
wirft sich die Frage auf, wer eigentlich dieses oberste Ziel festlegt: der
Papst? die muslimische Geistlichkeit bzw andere Religionsführer? die Regierung
eines Landes, die UN-Vollversammlung?
Sollte
man sich auf ein Ziel einigen, so ist dies im Allgemeinen interpretationsfähig:
Falls
man das Wohl des Menschen als oberstes Ziel festlegt, worin besteht dieses Wohl
konkret? Wohlstand? Gesundheit? hohes Alter? Intelligenz? Zufriedenheit?
Für
einen Teleologen wäre es konsequent zu sagen, der gute Zweck heiligt die
schlechten Mittel, z.B. dadurch, dass etwa dem Wohl des Menschen durch billige
Fleischprodukte aus der Massentierhaltung gedient wird.
Grundsätzlich
stellt sich die Frage, ob es für einen Teleologen überhaupt sinnvoll sein
kann, Handlungsweisen mit Begriffen wie "ethisch" vertretbar zu
qualifizieren, da diese Handlungen ja dem Erreichen „vorsittlicher" Ziele
dienen. Das passt eigentlich nicht zusammen.
(Wohlstand
ist ein vorsittliches Ziel. Unehrlichkeit mag zu diesem Ziel führen, gilt aber
nach traditioneller Ethik als unsittlich, einerlei, ob es einen anderen Nutzen
nach sich zieht.)
zu 2) Beschreiben
Sie möglichst überzeugend die positivistische Sicht von Werten!
Werte
sind Resultat von Wertungen
Es
gibt nicht den Wert „an sich", sondern es gibt nur den Wert ,,für..."
eine Person/Gruppe von Personen
Damit
sind Werte subjektiv.
Primär
ist für mich das von Wert, was mir nützt.
Mit
dem Wandel meiner Lebenssituation wandeln sich auch, was für mich nützlich =
wertvoll ist. Somit sind Werte selbst im Leben derselben Person veränderlich.
Den
Zusammenhang zwischen Wert und Nützlichkeit sieht man am besten bei materiellen
Werten, aber dasselbe gilt auch für andere Werte, z.B. ideelle Werte (z.B.
Selbstverwirklichung) oder sittliche Werte (z.B. Aufrichtigkeit):
Das
Akzeptieren sittlicher Werte nützt, weil es das Zusammenleben erleichtert.
So
wenig ein Apfel einen Wert an sich hat, -sondern nur für den, der ihn essen
kann - bin ich allergisch auf Obst, so hat ein Apfel für mich zunächst keinen
Wert; es sei denn, ich kann ihn verkaufen -
so
wenig haben auch ideelle und sittliche Werte eine vom Wertenden unabhängige
Existenz.
Dass
ich Freiheit liebe, heißt nicht, dass es unabhängig von mir den Wert der
Freiheitsliebe gäbe.
Da
aber keine Gesellschaft ohne Akzeptanz bestimmter Werte auskommt, andererseits
Werte an sich nicht existieren, einigt man sich durch Diskussion darauf, was als
Wert gelten soll. Und daher können unterschiedliche Gesellschaften
unterschiedliche Wertsysteme haben.
zu 3) Formulieren
und erklären Sie nun aus idealistischer Sicht einige Einwände gegen das von
Ihnen unter 2) Gesagte!
Werte
und Wertungen sind grundsätzlich verschieden: Es gibt den Wert als solchen und
unsere Einsicht in ihn (=unsere Wertung).
Diese
Werte sind nicht einfach Niederschläge unserer geistigen Tätigkeit, sozusagen
,,Erfindungen" unseres Verstandes, sie sind aber auch nicht in der Welt so
vorhanden wie Dinge,. also wie empirisch erfassbare Gegenstände.
Manche
Idealisten siedeln diese Werte in einem Jenseits ans (Platon in seiner berühmten
Welt der Ideen), andere begründen sie mit der Beziehung zwischen dem Menschen
und den Dingen.
Weil
z.B. ein Kind ohne Elternliebe nicht gedeihen kann, gibt es für uns Menschen
den Wert der Elternliebe.
Auf
Grund dieser Definition kann man auch sagen: Werte sind insofern veränderlich
als der Mensch veränderlich ist, sie sind aber unveränderlich soweit sie die
menschliche Grundkonstitution betreffen.
,,Beweisen"
lässt sich dieser Standpunkt der Idealisten nicht. Die Idealisten selbst
behaupten, er sei evident.
Es
sei für jeden Menschen klar, dass bestimmte Dinge nicht getan werden dürften
bzw. getan werden müssten.
Bestimmte
Gebote u. Verbote seien kategorisch, d.h. sie gelten ohne jede weitere Begründung
oder Zweckangabe.
Man
könnte auch sagen, Werte haben ein ,,ideales" Sein, vergleichbar den
Gesetzen der Mathematik. (Auch diese sind weder Erfindungen des Geistes noch
greifbare Dinge).
Dass
manche Menschen dies nicht einsehen liegt daran, dass sie es nicht einsehen
WOLLEN oder auf Grund ihrer ,,Wertblindheit" nicht einsehen können.
4) Nehmen
Sie - pro und contra - zu folgender These Stellung: Wer gegen Embryonenforschung
ist, muss auch gegen Abtreibung sein
Pro
In
beiden Fällen wird ein potentieller Mensch getötet.
Aus
welchen Gründen diese Tötung erfolgt, spielt grundsätzlich keine Rolle.
Es
handelt sich beides Mal um denselben Vorgang: direkte Tötung unschuldigen
Lebens.
Man
könnte sogar sagen: Wer E.F. ablehnt, muss A. erst recht ablehnen, weil diese
bis zur 12. Woche praktiziert wird und somit einen noch weiter entwickelten
Embryo vernichtet als die bei der E.F. der Fall ist.
Contra
Wer
teleologisch denkt, kann u.U. für Tötung sein. Es kommt dann auf die Gründe
bzw. Ziele dieses Tötens an.
Deshalb
ist es denkbar, dass jemand Tötung ablehnt, die der Forschung dient, die den
Embryo als Mittel zum Zweck ansieht und nicht als Selbstzweck. Dass er Tötung
ablehnt, die künftiges Leiden verhindern will, dass er aber für Tötung sein
kann, die aktuelles und vielleicht unverschuldetes Leiden verhindert, z.B.
Schwangerschaft nach Vergewaltigung / Schwangerschaft, die sich als großes
gesundheitliches Risiko für die Mutter herausstellt / evtl. Schwangerschaft,
die eine zu große psychische Belastung mit sich bringen würde (schwer
behindertes Kind) / im Extremfall auch eine ungewollte Schwangerschaft, die die
soziale Situation unerträglich macht (mit allen Folgen auch für das Kind).