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Mythos Weihnachten ‑

Geburt des Jesus‑Kindes?

Wie eine Legende entstand,

verbreitet und ausgenutzt wurde

 

Helmut Steuerwald

       ?

Vortrag beim

Bund für Geistesfreiheit(bfg) Fürth K.d.ö.R.  1999

Fürth Alexanderstr. 14/II.

und

Deutscher Freidenkerverband, Landesverband Thüringen 2000

Überarbeitet und ergänzt 2002

Wochen ja Monate vorher gibt es vor allem in Kaufhäusern und Medien Hinweise: Weihnachten steht vor der Tür! Die Wirtschaft, Geschäfte, Entertrainer, aber auch die Kirchen und religiöse oder auch weltliche Vereinigungen sind auf den Trubel vorbereitet. Unterschiede bestehen zwar in der Art wie man das Fest begeht ‑ doch Weihnachten ist und bleibt das zentrale Fest der Christenheit. Die Geburt des Jesus-­Kindes in einer Krippe in Bethlehem wird weltweit gefeiert und dient als Aufhänger christlicher Denkweisen.

Überall sehen wir Krippen und andere Hinweise auf die Geburt Jesu, natürlich be­sonders in der Weihnachtszeit. Eine Vielzahl oft schmalziger Lieder, Gedichte, Ge­schichten, kitschiger Bilder gibt es. Im Kindergarten, in der Schule und in der Kirche wird die Weihnachtgeschichte erzählt. Es gibt aber auch ernsthafte Erzäh­lungen berühmter Autoren zu dem Thema. Klassische Oratorien und andere Musik­stücke, Gemälde oder Skulpturen von Weltrang stellen Szenen dieser Geschichte dar. Darüber hinaus ist natürlich die Art wie das Fest gefeiert wird von Land zu Land oft äußerst verschieden, und wir sehen je nach Volkstum die unterschiedlichsten Bräuche. Geschichte, Kultur, aber vor allem auch das Klima spielen eine große Rolle. Schauen wir uns einerseits nur die schneebedeckten Krippen mit Tannen bei uns an und andererseits die Weihnachtsbräuche der Christen in Israel, wo Jesus geboren sein soll, und wo ganz andere landschaftliche und klimatische Verhältnisse herrschen. Die größten Unterschiede finden wir aber zwischen dem, was Theologen kritisch äußern und dem, was an Weihnachten in den Kirchen erzählt und im Volksglauben gelebt wird.

Es gibt Menschen, die begehen das Fest asketisch und mit Gebeten, so in  Klöstern und Kirchen, andere mögen es mehr oder weniger gemütlich mit Geschenken, mit Krippen und Weihnachtsbäumen wie zum Beispiel in Deutschland. In manchen Ländern, z. B.  in Teilen der USA und zunehmend auch bei uns, wird es mit Happenings, mit Tanz und Trubel, mit Girlanden und Luftschlangen begangen. In vielen lateinamerikanischen Ländern sind alte indianische Bräuche mit den Weihnachtsbräuchen vermischt. Bei uns im Westen muss natürlich vor allem der Rubel, pardon der Dollar beziehungsweise der Euro rollen. Außerdem wissen wir auch, dass es in dieser Zeit oft zu Spannungen in Familien und Organisationen kommt.

Nun, von frömmeren Christen wird darauf hingewiesen, dass die neueren Festtagsformen Entartungen sind und dass man zu den Ursprüngen zurück soll. Doch halt! In den ersten Jahrhunderten dachte die frühe Christenheit gar nicht daran, das Fest der Geburt Jesu zu begehen: Man war mit anderem beschäftigt ‑ man erwartete den Untergang der Welt, die Apokalypse ‑ und der Mensch Jesus, sein Leben, interessierte kaum.

Für die frühen christlichen Gemeinden im ersten und zweiten Jahrhundert stand das so genannte Alte Testament im Mittelpunkt, das gegen Ende des 1. Jahrhunderts einigermaßen kanonisiert ‑ also zu einer mehr oder weniger festgelegten Sammlung, zusammengefasst worden war. Bei Kulthandlungen wurden zunehmend vermeintliche Sprüche von Jesus eingebracht und angebliche Wunder herausgestellt, um ihn zu erhöhen. Vor allem aber war man bemüht, Leben und Taten Jesu mit Aussagen des Alten Testamentes in Einklang zu bringen, um herauszustellen, dass sein Kommen ja in diesem Buch schon angekündigt worden sei.

Unterschiedlichste Evangelien entstanden und zirkulierten ab dem zweiten Jahrhundert in den Gemeinden – also nicht nur die vier allgemein bekannten, die sich im Kanon der Bibel befinden. Es dürften über 50 Evangelien im Umlauf gewesen sein und ‑zig weitere fromme Geschichten und Briefe, aber vor allem auch viele apokalyptische Erzählungen. Man erwartete ja den baldigen Untergang der Weit.

Zwischen dem zweiten und fünften christlichen Jahrhundert wurden aus der Vielzahl der Evangelien  die vier uns geläufigen (also nicht einmal 10% dieser Texte) kanonisch festgelegt. Aus der Vielzahl der sich im Umlauf befindlichen Texte und Briefe kamen einzelne ausgewählte hinzu, und so entstand peu à peu das Neue Testament. Was der inzwischen mächtig gewordenen Kirche nicht mehr ins Konzept passte, ließ man weg. Texte, die zu widerspruchsvoll oder doch zu unglaubwürdig erschienen, aber auch gnostische Texte und vor allem solche, die einen Machtapparat Kirche in Frage stellten, wurden als nicht biblisch angesehen und verworfen. Solche Schriften bezeichnete man fortan als Teufelswerk, und man erklärte sie zu verbotenen Büchern. Heute nennen wir die nicht in die Bibel aufgenommenen Texte Apokryphen. In der Theologie, vor allem in der evangelischen, beschäftigt man sich damit inzwischen wieder mehr. Im übrigen wurden auch die bekannten vier Evangelien und die Briefe bearbeitet und geändert, so dass wir deren ursprüngliche Fassungen nicht kennen.

Noch in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts hatten die phantasievollen mündlichen Überlieferungen größere Bedeutung als alles Schriftliche. So schrieb der bedeutende Bischof Papia von Hierapolis um 130, also 100 Jahre nach der angeblichen Kreuzigung:

„Das, was aus Büchern stammt, scheint mir nicht so viel Nutzen zu bringen wie das, was sich durch mündliche Rede dauernd lebendig hält“[1]

Im ersten Jahrhundert stand, wie gesagt, die Naherwartung auf das Ende der Welt im Mittelpunkt der Verkündigung, doch die erwartete Apokalypse kam und kam nicht. Die Welt ging nicht unter. Der Beginn des so genannten Reichs Gottes verzögerte sich, – und die Christenheit begann sich auf ein längeres Dasein auf Erden einzustellen. Das zunächst recht basisdemokratisch wirkende Vereinssystem wurde umgewandelt in einem straffen, hierarchischen Apparat. An verschiedenen Orten wirkten Bischöfe, übten Macht aus, befanden sich in gegenseitiger Konkurrenz – so die Bischöfe von Alexandria, Rom oder Byzanz – und jeder wollte die Oberhoheit. Die erlangte dann der Bischof von Rom. Langsam begann man eine Liturgie, Regeln und einen Festkalender zu entwickeln. Nun erst  machte man sich mehr Gedanken über das so genannte Leben Jesu auf Erden.

Die frühen Christen waren meist einfache Leute, die natürlich ‑ wie damals üblich ‑ weder lesen noch schreiben konnten. Märchen, Legenden (so heißen die christlichen Märchen) machten sich im Volk breit, auch nahm man viel von den im Umlauf sich befindenden Geschichten anderen Religionen in den eigenen Glauben auf. Das waren vor allem Geschichten der Hoffnung, von Wundern, die von der oft schlimmen Realität des Lebens ablenkten. Viele wundersame Geburtsgeschichten und Kindheitsgeschichten von Göttern zirkulierten, z. B. über Moses, Buddha, über ägyptische, persische, hinduistische und vor allem griechische Götter, mit denen das römische Reich durch seine Eroberungen aber auch durch den Handel in Berührung gekommen war. Stark verbreitet waren damals die so genannten Mysterienreligionen, wie der Isiskult, Herakleskult, Mythraskult u.a., aber auch der Kaiserkult. Von diesen Kulten nahm dann das Christentum bald ‑ vor allem in der zweiten Hälfte des ersten und im zweiten Jahrhunderts -  vieles auf und passte es dem eigenen Glauben an.

In den frühesten Schriften der Christenheit, z.B. im Markus‑Evangelium, das vermutlich um das Jahr 70 entstand, findet man nichts zur Kindheit und Jugend Jesu. Bei Matthäus und besonders im Lukasevangelium - ein bis zwei Jahrzehnte nach Markus erschienen - ist das dann schon anders. Es dauerte aber, wie schon betont, Jahrhunderte, bis man die Geburt Jesu, also Weihnachten, feierte.

„Während Rom immer christlicher wurde, wurde die Kirche immer römischer“, schreibt der aus Fürth stammende Kunsthistoriker Prof. Richard Krautheimer.[2]

Immer häufiger wurden Gedanken, Aussagen und vor allem Rituale der früheren Gegner übernommen.                                                                            

Doch zur christlichen Weihnachtsgeschichte: Das Jahr, erst recht nicht der Tag  der Geburt Jesu ist nicht bekannt und wird an keiner Stelle der Evangelien erwähnt. Man vermutet, dass er zwischen den Jahren 8 und 2 v.u.Z. geboren ist.

Lassen sie mich zunächst auf einen Evangelientext eingehen, der unbekannt sein dürfte. Ein Text aus den apokryphen Schriften, dem Protevangelium des Jakobus.

Die Geburtsgeschichte wird dort anders ausgelegt: Josef stellt sich zunächst die Frage, als was er Maria ausgeben soll: als Ehefrau oder Tochter. Er macht sich Gedanken und sagt sich „Gott wird es schon richten“. Als bei Maria die Wehen einsetzen, entdecken sie im Gebiet von Bethlehem in der Wüste eine einsame Höhle. Eine Hebamme wird gefunden. Dann zeigt sich ein großes Licht und Jesus wird von der Jungfrau geboren. Nachdem die Hebamme die Höhle verlassen hat, begegnet ihr Salome, der sie von der wundersamen Geburt erzählt. Im Text heißt es dann:

(19,3) ...Salome aber erwiderte: „So wahr der Herr, mein Gott, lebt. Wenn ich nicht meine Finger hineinlege und ihre geschlechtliche Eigenart untersuche, werde ich nicht glauben, dass eine Jungfrau geboren hat.“

(20,1) Salome ging hinein, ließ sie die entsprechende Stellung einnehmen und untersuchte ihre geschlechtliche Eigenart. Und Salome schrie auf:

„Ich habe den lebendigen Gott versucht! Siehe meine Hand fällt wie von Feuer verzehrt von mir ab.“

Nun, Salome wurde nach entsprechenden Gebeten und nachdem sie das Kind berührt hatte, wieder geheilt.[3]

Es folgt die Sterndeutergeschichte wie bei Matthäus.

Manches erscheint uns bekannt, anderes nicht. In diesem Evangelium ist übrigens von einer Höhle als Geburtsstätte die Rede.

Betrachten wir nun das  „offizielle“ Lukas‑Evangelium:

„2. 1. Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Weit geschätzt würde. 2. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. 3. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. 4. Da machte sich auf auch Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er vom Hause und Geschlecht Davids war, 5. auf dass er sich schätzen ließe mit Maria seinem vertrauten Weib, sie war schwanger. 6. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und ‑ legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge....“, usw. Es folgt die Hirtengeschichte. [4]

Wir sehen große Widersprüche in den beiden Evangelien. Verständlich, dass das Protevangelium des Jakobus ‑ obwohl es sehr verbreitet war ‑ später nicht in den Kanon aufgenommen wurde. Anders war das beim Lukas‑ und dem Matthäus‑Evangelium, obgleich auch hier Widersprüche vorhanden sind. Sie sind  jedoch nicht so offenkundig – was kein Wunder ist -, da beide auf dem Markusevangelium aufbauten.

Den Text mit der Geburtsgeschichte aus dem Lukas‑Evangelium kennt fast jeder. Es dürfte übrigens der auf der Welt bekannteste Text aus dem Buch der Bücher sein. Wegen der kraftvollen Sprache habe ich die Lutherübersetzung genommen.[5] Diese Erzählung weckt Gefühle, selten, dass jemand ganz unberührt bleibt.

Versuchen wir nun nüchtern an den Text heranzugehen: Die meisten Theologen und Historiker sind der Überzeugung, dass die Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu ahistorisch ist. Nach Auffassung dieser Theologen und Religionswissenschaftler ist Jesus - der ja auch der Nazarener genannt wird – nicht in Bethlehem geboren, sondern vermutlich in Nazareth. In den Jahrzehnten nach seinem Tod war man allerdings bemüht, seine Lebensgeschichte mit Voraussagen aus dem Alten Testament in Übereinstimmung zu bringen. Im übrigen: Es gibt keine Hinweise, dass in der Zeit, in der Jesus geboren sein soll, eine Volkszählung stattgefunden hat. Im ältesten Evangelium, bei Markus, steht nicht einmal etwas über die Geburt Jesu. Dass nach Matthäus und Lukas, wie auch in apokryphen Evangelien, Jesus in Bethle­hem zur Welt kommt, hat nach Auffassung kritischer Theologen einen ganz ein­fachen Grund: Man brauchte die Bestätigung alter Prophezeiungen. In den jungen christlichen Gemeinden musste die Geburt Jesu in Einklang gebracht werden mit dem Alten Testament, wo es bei dem sozialkritischen Propheten Micha heißt:

(Mi. 5, 1) „Aber du Bethlehem‑Efrata, so klein unter den Gauen Judas, aus dir wird mit einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll.“

Darüber hinaus musste nach dem Alten Testament und nach jüdischer Tradition der Mes­sias aus dem Haus Davids kommen, und Bethlehem wird mit der Stadt Davids in Verbindung gebracht.

Unabhängig davon bestehen aber auch Widersprüche zwischen den Aussagen im Lukas‑ und im Matthäus‑Evangelium. Selbst die Darstellung der Vorgänge ist unterschiedlich: Nur bei Lukas gibt es die Hirten, nur bei Matthäus (sowie im Protevangelium des Jakobus) gibt es die so genannten Weisen, die Astrologen aus dem Morgenland. Ist es nicht erstaunlich, dass Lukas angesichts der ausführlichen Erzählung über die Geburt dann so bedeutende Persönlichkeiten wie die Weisen aus dem Morgenland einfach verschweigt? Bei Matthäus findet die Geburt in einem Haus (Mt 2,11), bei Lukas in einer Krippe (Lk 2,7) statt. Im Rahmen der Tradition ist die Geburtsstätte weder ein Haus noch ein Stall, sondern eine Höhle. So steht es jedenfalls wird im apokryphen Protevangelium des Jakobus und im Pseudo‑Matthäusevangelium, und diese lag angeblich in einer „einsamen Gegend“ in der Nähe von Bethlehem. Die „Geburtskirche“ in Bethlehem ist über einer Höhle gebaut  ‑ also stimmen weder die Angaben bei Lukas noch bei Matthäus, aber auch nicht die der Apokryphen. Dass Ochs und Esel bei dem Jesuskind standen, findet sich nirgends in der Bibel; es wurde aus dem apokryphen Pseudo‑Matthäusevangelium in den Volksglauben übernommen und viel später erst von den Kirchen offiziell akzeptiert. Dort heißt es:

„Am dritten Tage nach der Geburt unseres Herren Jesus Christus trat die seligste Maria aus der Höhle, ging in einen Stall hinein und legte ihren Knaben in eine Krippe, und Ochs und Esel beteten ihn an. Da erfüllte sich, was durch den Propheten Jesaja verkündet ist <sic!>, der sagt: ‚Der Ochse kennt seine Besitzer und der Esel die Krippe seines Herren.’ So beteten sogar die Tiere, Ochs und Esel, ihn ständig an, währen sie ihn zwischen sich hatten. Da erfüllte sich, was durch den Propheten Habakuk verkündet ist, der sagt: ‚Zwischen zwei Tieren wirst du erkannt.’ Joseph blieb am gleichen Ort mit Maria drei Tage. [6]

Nach Matthäus erscheint dem Josef im Traum ein Engel, der zu ihm sagt, dass Maria einen Sohn vom Heiligen Geist bekommt. Der Engel spricht (Mt 1,21): „Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.“ Bei Lukas erscheint der Engel Gabriel bei Maria und sagt zu ihr, dass sie ein Kind bekommen wird. Der Engel sagt nach Lukas (Lk 1,32 ff): „Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben ...“ Im ersten Fall, bei Matthäus, geht es um Vergebung, bei Lukas nur um Macht. Die Abstammung, der Stammbaum Jesu, ist in diesen beiden Evangelien voller Widersprüche. Schon als Josefs Vater werden unterschiedliche Personen angegeben. Nachdem ja nach christlichem Glauben nicht Josef der Vater ist, sondern der Heilige Geist, gibt es auch keine Abstammung von David ‑ obwohl dies wegen der Prophe­zeiung eigentlich sein müsste (Jes 7.14 ff, Jes 9,5 ff). Die katholische Kirche bemühte sich deshalb in ihrer Geschichtsschreibung, Maria von David abstammen zu lassen, obwohl es dafür keine Hinweise in der Bibel gibt und bei den Juden die Genealogie der Frau eigentlich keine Rolle spielte. Hier muss also das sonst abgelehnte apokryphe Prot-evangelium des Jakobus herhalten. Für den später sich entwickelnden Marienkult war dann diese Abstammung wichtig.

Überall finden wir zwischen den Evangelien und anderen heiligen Schriften Widersprüche, die man von kirchlicher Seite versucht zu ignorieren, zu bagatellisieren oder irgendwie notdürftig in Übereinstimmung zu bringen.

Die Kinderverfolgung durch König Herodes ist übrigens eine freie Erfindung, sie hat es nie gegeben. Es gibt keinerlei historischen Hinweise darauf, und sie passt auch nicht in die damalige Zeit. Allerdings: Eine ähnliche, ältere Geschichte finden wir bereits im Hinduismus, in Verbindung mit der Geburt Krishnas. So lautet ein Text aus Nordindien:

„König Kamsa war aber durch die Geburt des göttlichen Kindes in äußerste Angst und Furcht versetzt; er zitterte um seine Macht. Ja, er wollte den göttlichen Spross vernichten: und um seines Sieges sicher zu sein befahl er... jeden neu­geborenen Sohn dieser Nacht... umzubringen.“[7]

Da es die Verfolgung unter Herodes nie gegeben hat, war auch die Flucht nach Ägypten nicht notwendig.[8] Sie wird übrigens nur bei Matthäus geschildert, bei Lukas heißt es ‑ nach Erledigen der Beschneidung und einiger anderer Kulthand­lungen in Jerusalem:

„Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück (Lk 2,39)."

Wir hören dann in der Bibel nichts mehr über das Kind Jesus, außer dass es kräftig heranwuchs, Gott es mit Weisheit erfüllte und seine Gnade auf ihm ruhen ließ. Erst bei dem 12-jährigen Jesus geht es mit einer kurzen Szene im Tempel von Jerusalem weiter. Auch hierzu finden sich Parallelen in anderen Religionen. Allerdings gibt es eine Vielzahl apokrypher Schriften zur Kindheit Jesu. Bekannt ist vor allem das Kindheitsevangelium des Thomas, das im frühen Christentum weit verbreitet war und voller wundersamen Geschichten ist und Jesus zunächst nicht als braves Kind hinstellt, sondern als eines, das andere Kinder sterben lässt, nur weil sie ihm nicht gehorsam sind.

Im Neuen Testament hingegen hören wir von Jesus erst wieder etwas, als er im Jordan getauft wird, vermutlich mit fast 30 Jahren. Von diesem Zeitpunkt an geht wird er plötzlich aktiv und vollbringt Wunder. Vorher nichts ‑ absolut nichts.

Doch gehen wir zurück zur Geburtsgeschichte nach den Evangelien: Diese Legende des Christentums beruht auf vielen älteren Vorlagen, die man übernommen und angepasst hat. Einige sind den Mysterienkulten entnommen. Aber auch im hinduistischen und buddhistischen Kulturraum gibt es ähnliche Geschichten; auf einiges habe ich schon hingewiesen. Besonders auffallend sind die Übereinstimmungen mit dem griechisch‑hellenistischen Mysterienkult des Herakles: Schon als Säugling wurde Herakles verfolgt, wie der biblische Christus. Der Vater ist Mensch, die Mutter jungfräulich, die Mutter gebärt nicht am Wohnort, und es gibt noch weitere Parallelen.[9]

Auch die „Ankündigung“ durch Engel finden wir in anderen Religionen, vor allem bei solchen aus dem persischen Raum, so im Mythraskult.

Wie schon erwähnt, spielte in den christlichen Urgemeinden die Geburt Christi kaum eine Rolle: alles konzentrierte sich auf das angebliche nahe Ende der Welt. Berühmte Kirchenväter, wie der heilige Hieronymus, aber auch Päpste, lehnten alle Geburtslegenden ab.[10] Nachdem die Endzeit nicht kam, begann man das Leben Jesu mehr auszuschmücken. Vor allem an der Basis, beim Kirchenvolk, fanden die Geschichten über das Leben Jesu großen Anklang. Man machte sich nun Gedanken, wann Jesus wohl geboren sei. In der Bibel (auch in den mir bekannten Apokryphen) finden sich keine Hinweise dazu. Deshalb wurden um das Jahr 200 folgende Tage als Geburtsdatum angegeben: 19. April, 20. Mai, 17. November.[11] Weitere Termine kamen in den nächsten hundert Jahren dazu. Zunächst war aber der 25. Dezember noch nicht im Spiel. Wie kam man nun  zu diesem Termin?

Im Römischen Reich hatte sich besonders unter dem Militär der Mithraskult durchgesetzt. Wir finden deshalb immer wieder entlang des Limes Mithräen und Figuren dieses Glaubens aus der römischen Zeit. Die Geburt des Mithras wurde bei den Anhängern schon seit langer Zeit am 25. Dezember gefeiert. Mithras galt als Gott des himmlischen Lichtes, der Sonne. Sein Kult beeinflusste das Christentum, vor allem in den Mythen und Riten. Bei der Geburt wurde Mithras von Hirten angebetet, und sie haben ihm Gaben dargebracht. Auch galt er als Heiland und Erlöser, als Mitt­ler zwischen Gott und den Menschen. Übrigens: Der heilige Tag im mithräischen Kult war der Sonntag, der Tag der Sonne, der Tag des Herrn. Vor diesem Hintergrund führte im Jahre 321 Kaiser Konstantin den Sonntag als gesetzlichen Feiertag ein. Mit dem erstarkenden christlichen Glauben wurde er dann im christlichen Sinn umgewandelt zum „Tag des Herrn.“[12]

Ein Weiteres kam dazu: Unter Kaiser Aurelian (270‑275) war der Sonnenkult von Emesa, als Sol invictus, die unbesiegbare Sonne, in Verbindung mit dem Staatskult offiziell eingeführt worden. „Es sollte wohl in der Tat eine Art Kristallisationspunkt für die vielen Kulte des Reiches und eine beginnende neuplatonische Sonnentheologie werden, um so ein Bekenntnis der Bürger zum Staat zu ermöglichen", schreibt der Theologe Peter Parusel.[13] Hier war der Geburtstag des Gottes ebenfalls der 25. Dezember.

Im Jahr 354 wurde dann ganz offiziell von Papst Gregor der 25. Dezember zum Tag der Geburt Jesu erklärt. Dies war ein weiterer wichtiger Schritt bei der Integration heidnischer Bräuche und Feste ins Christentum.

Im Römischen Reich hatte man in der Zeit vor der Wintersonnenwende die Saturnalien als Friedensfest gefeiert und dabei vor allem an die Armen und Sklaven gedacht. Wer denkt dabei nicht an Weihnachten?

Auch in den besetzten Gebieten, etwa im nördlichen Germanien, war die Wintersonnwende bekannt. In der Zeit der „12 Rauen Nächte“ spielten im Ritus das Licht und Feuerräder eine Rolle. In den mittel‑ und nordeuropäischen Weihnachtsbräuchen finden wir vieles davon. Eine sehr späte Übernahme, aber doch letztlich heidnisch, ist nach verschiedenen Wandlungen unser Lichter‑ bzw. Weihnachtsbaum.

Dass man die Geburt Jesu überhaupt feierte, ist uns erstmals aus dem dritten Jahr­hundert aus Alexandria bekannt. Dort hatte man seit langer Zeit die Geburt der Götter Aîon bzw. Osiris feierlich begangen. Dieser Geburtstag wurde dann auf Jesus umgemünzt. Karlheinz Deschner schreibt dazu:

„Vom 24. auf 25. Dezember versammelten sich Mysten in einem unterirdischen allerheiligsten Raum, im Adyton, gegen Mitternacht, um die Einweihungsriten zu vollziehen. In der Morgen­dämmerung verließen dann die Gläubigen in einer Prozession den Kultort, wobei sie die Statuette eines Kindes als Symbol des eben von der Jungfrau, der Dea Caelestis, geborenen Sonnengottes mit sich führten. Sobald die Sonne aufging, stimmten sie die liturgische Formel an: ‚Die Jungfrau hat geboren, zu nimmt das Licht’.“[14]

Allerdings wurde in Alexandrien und im oströmischen Reich oft auch der 6. Januar als Geburtstag genannt, wie ihn ja dann später die oströmischen Kirche über­nommen hat. Die Datumsunterschiede hingen mit unterschiedlichen Kalendern zu­sammen und mit unterschiedlichen Berechnungen der Wintersonnenwende.

Um die Wintersonnenwende feierte man in frühen Kulturen häufig Geburtstage von Göttern: kein Wunder ‑ die längste Nacht war besiegt ‑ die Tage wurden jetzt wieder länger, in der Natur konnte wieder neues Leben entstehen. Diese Erkenntnis geht quer durch viele Kulturen. Feuer und Licht, die Sonne, die Aura, der Strahlen­kranz und der Heiligenschein sind für diese Zeit kennzeichnend, und diese Zeichen wurden später vom Christentum in den eigenen Glauben integriert.

Häufig wurde sogar die Wortwahl heiliger Texte oder zumindest eine ähnliche übernommen: Heißt es bei Lukas (2,11): Heut ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr (in der Lutherübersetzung heißt es "denn euch ist heute der Heiland geboren, weicher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids); so finden wir ähnliche Äußerungen bei älteren anderen Religionen, bei anderen Gott­heiten:

a) In Eleusis hieß es: „Einen heiligen Knaben gebar die Herrin".

b) In den alexandrinischen Aîon‑Feiern, wie oben erwähnt: Die Jungfrau hat ge­boren".

c) Bereits bei Osiris hieß es: "Der Herr aller Dinge geht ans Licht hervor ... ein großer König und Wohltäter, Osiris ist geboren."[15]

Im Zusammenhang mit der Weihnachtsgeschichte hat die katholische Kirche, aber auch die Ostkirche, den Marienkult aufgebaut, der mit historischen Begeben­heiten nur schwer in Einklang gebracht werden kann und auch von der Bibel her nicht zu begründen ist.

Abgesehen von der Geburtsgeschichte, wird Maria nach verschiedenen Bibelstellen eher abgelehnt, herabgewürdigt. So heißt es bei Markus (ähnlich bei Matthäus 12,46 ff und Lukas 8,19 ff):

(3.31) „Da kamen seine Mutter und seine Brüder, sie blieben vor dem Haus stehen und ließen ihn herausrufen. (32) Es saßen viele Leute um ihn herum und man sagte zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir. (33) Er erwiderte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? (34) Und er blickte auf die Menschen die im Kreise um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. (35) Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“

Ein recht auffälliger Text in den synoptischen Evangelien, im Grunde in Wider­spruch zur Geburtsgeschichte. Maria bekennt sich demnach nicht zu Gott, obwohl sie doch von ihm auserwählt worden war!

Es gibt im Neuen Testament weitere Unstimmigkeiten über das Verhalten Marias gegenüber ihrem Sohn. Karlheinz Deschner stellt mit Recht heraus, dass Maria und Joseph an „immenser Gedächtnisschwäche gelitten haben müssten“ und meint dabei den Wider­spruch zwischen den „Offenbarungen", die Maria und Joseph bezüglich der Gottessohnschaft erhalten haben sollen ‑ dass Maria Gott empfangen und gebären wird ‑ und ihren späteren Versuchen, Jesus mit Gewalt zurückzuholen, ihn abzuhalten von seiner Tätigkeit, von seinem göttlichen Auftrag.

„...Ja, bei Beginn seiner Lehrtätigkeit ziehen die vergessliche Maria sowie seine Brüder und Schwestern aus, um ihn mit Gewalt zu holen, denn: „Er ist von Sinnen“ ‑ ein Wort und Unternehmen, das die jüngeren Evangelien übergehen, um den Wider­spruch zu ihren wunderbaren Geburtsgeschichten zu vermeiden, von denen der älte­ste Evangelist noch keine Ahnung hat. (Vgl. Mk. 3,21 und 3,31 ff. mit Mt 12,46 ff.; LK 8,19 ff)[16]

Um diese widerspruchsvolle Maria wurde im Lauf der Jahrhunderte zuneh­mend ein Kultus ohnegleichen gemacht; man hat die „Jungfrau Maria“ ins Unermessliche mystifiziert, was eben von der Bibel nicht herzuleiten ist. Man hat deswegen Texte und vieles andere bewusst verfälscht. Verfolgen wir dies kurz:

In den synoptischen Evangelien spielt Maria nach der Geburt des „Heilands" nur eine Nebenrolle. Im viel später entstandenen Johannesevangelium ‑ das schon stark von Mysterienreligionen beeinflusst ist ‑ steht sie bereits in etwas besserem Licht da, als sie beispielsweise (im Widerspruch zu den anderen Evangelien) Jesus zu der Hochzeit nach Kanaan begleitet. Sie spricht dort zu den Bediensteten: „Was er euch sagt, das tut!“(Joh. 2,5).

In späteren Jahrhunderten verschmolzen heidnische Gottheiten ‑ vor allem aus dem Isiskult und dem Kult der Kybele ‑ mit der christlichen Marienverehrung. Im 4. Jahrhundert war es vor allem Kyrill von Alexandria, der sich dafür einsetzte, Maria zu heiligen. Alexandria war ja bekannt wegen seinen Mysterienreligionen, z.B. dem Kult um Aîon (s.o.).[17]

Bei Kirchenvater Kyrill heißt es:

„Wer nicht erkennt, dass Emanuel wirklich Gott ist und demzufolge die Heilige Jungfrau Mutter Gottes ist, weil sie im Fleische den von Gott, dem Vater, inkarnierten Logos geboren hat, sei verflucht."[18]

Auf der Synode von Ephesus, 431, wurde dann die Haltung Kyrills dogmatisiert. Damit öffnete man der Marienerehrung Tür und Tor. Darstellungen und Kult­handlungen zu Muttergottheiten aus den Mysterienkulten wurden übernommen. Mit dem neu entstandenen Marienkult konnte nun die Rolle der Frau im katholischen Glauben neu definiert werden: Keuschheit als Ideal, Unterwürfigkeit dem Manne und der Kirche gegenüber. Nichtbeachtung dieser Regeln bedeutete eine Herausforderung: die Ver­führung des Mannes mit Hilfe des Teufels. Aus dem Marienkult erwuchsen massive frauenfeindliche Maßnahmen, es kam zu Verfol­gungen, Diffamierungen der Frau und später zu den Hexenverbrennungen.

Die Vergöttlichung Marias wurde zunehmend begünstigt:

1555 wurde auf dem Konzil von Trient die immerwährende Jungfräulichkeit Marias zum Dogma erhoben, obwohl im Neuen Testament mehrmals von Jesu Ge­schwistern gesprochen wird (z.B. Mk. 6,3; Mt 13,5).

Das Mysterium um Maria wurde bis in die Gegenwart laufend weiter erhöht.

Papst Pius IX. verkündete 1854 das „Dogma von der unbefleckten Empfängnis Marias“. Neuere Päpste konnten da nicht zurückstehen: Pius XIl. manifestierte schließlich das Dogma von der „Himmelfahrt Marias, von der leiblichen und seeli­schen Aufnahme in die himmlische Glorie", vielleicht eine Begründung dafür, dass man kein Grab, keinen Leichnam Marias gefunden hat. Auch der jetzige Papst Johannes Paul II. ist ein glühender Mariologe und stellt den Kult um Maria besonders heraus.

Am Beispiel Weihnachten und dem damit verbundenen Marienkult sollte exempla­risch aufzeigt werden, wie sich im christlichen Glauben Mythos und Ritual entwickelten, sich durchsetzten bzw. durchgesetzt wurden.

Bei vielen anderen Mythen und Ritualen war es nicht anders. Einige möchte ich noch kurz streifen:

Die Kreuzigung, vor allem aber die Auferstehung hat es in früheren Religionen ebenfalls schon gegeben. Vor allem im babylonischen, klein­asiatischen oder auch im ägyptischen Raum finden wir das. Auferstehung findet häufig am 3.Tag bzw. nach drei Tagen statt. Ja sogar die letzten Worte vor dem Tod Jesu sind im Herakleskult und nach dem Johannesevangelium gleich: „Es ist vollbracht“, heißt es in beiden Fällen. Gekreu­zigt wurden auch Gottheiten wie Dionysos oder auch Orpheus. Auch der Mithraskult kennt den stellvertretenden Opfertod, wie er bei Jesus betont wird.

Das Ritual an sich ist vorwiegend heidnischen Ursprungs:

Die Urkirche kannte zwei Sakramente, Taufe und Kommunion. Beide finden wir schon in älteren Religionen. In den Mysterienkulten gibt es die Wassertaufe bei Dionysos und in Eleusis als Aufnahmesakrament (andere Kulte kennen die Blut­taufe). Erst recht ist  der Taufakt bei den Essenern und bei Johannes dem Täufer bekannt. Auch der  Mithraskult kannte Taufe, Firmung und eine Kommunion mit Brot und Wasser. Allerdings hatte der Mithraskult sieben Stufen der Einweihung; die Verwandtschaft zu den sieben Sakramenten der Kirche ist hierbei offensichtlich.

Jesus selbst dürfte nie getauft haben: Der einzige Hinweis bei Johan­nes 3,22 widerspricht der Aussage von Johannes 4,1.!

Der Vollzug der Taufe, einschließlich der Wortwahl, ist in bestimmten Mysterien und im Christentum fast identisch.

Auch das Abendmahl ist keine christliche Erfindung. Verschiedene andere Reli­gionen kannten es vorher. So wie im Christentum Jesus den Jüngern das Blut vor seinem Tod im Kelch reicht, kennt man dies ähnlich auch im Isisglauben. Ebenso gab es das heilige Mahl im Mi­thraskult und bei Dionysos, wo durch „Speis und Trank“ die volle Vereinigung mit der Gottheit vollzogen wurde.

Bei der Abhaltung von Messen und im Kult übernahm man außerdem vorchristliche Elemente des Umfeldes: vom Ewigen Licht bis zum Weihrauch (vor allem aus dem Osten, so aus dem persischen Raum).

Das Urchristentum kannte keine größeren kultischen Akte, und die ersten Gottesdienste waren äußerst einfach. Es gab weder Liturgie noch Priester, keinen Altar, keine Opfer. Dies änderte sich allerdings stark im zweiten und dritten Jahrhundert. Der Kult entwickelte sich umfassend, als die Kirche Macht im Staat bekam. Mit dem Sieg der Kirche gingen immer pompösere Ausschmückungen einher.

Auch alte Festkalender wurden mehr oder weniger übernommen, indem man an den selben oder an nahe gelegenen Tagen feierte. Teile des jüdischen und des römischen Kalenders wurden benützt.

Wir können zusammenfassend feststellen: Unabhängig davon, dass die Kirche fremde Religionen und häretische Bewegungen bekämpfte und verfolgte, hat sie doch vieles von diesen in ihre Glaubensvorstellungen und den Ritus integriert. Im frühen Christentum geschah dies in besonders auffälliger Weise, doch kam auch in späteren Jahrhunderten noch manches hinzu.

Das frühe Christentum war bildungsfeindlich und wandte sich meistens gegen die Kultur und Philosophie der Antike. Die Masse der christlichen Anhänger kam aus den untersten Schichten und besaß wenig Bildung. Von den wenigen gebildeten Kirchen­fürsten wurde dies ausgenützt, um Hass gegen das hellenistische Kulturerbe zu säen.

Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich das: man war bereit „Passendes“ in den Glauben einzufügen. Immer mehr übernahm man aus den Vorstellungen der Mysterienreligionen und des Hellenismus, vor allem natürlich dann, als mehr kulturell Bewanderte zum Chri­stentum übertraten.

Als das Christentum dann mächtig war und den Staat beherrschte, wurden die christlichen Feiertage eingeführt, die oft auf anderen fußten, und die Kirche bestimmte das Geschehen.

Weihnachten, dieses so genannte christlichste Fest, das absolut heidnischen Ursprungs ist, gilt es zu entmystifizieren.

Trotzdem: Wir freigeistigen Menschen können es sowohl unter dem Namen Weihnachten als auch als Lichtfest feiern. Beides ist möglich, da Weihnachten ja kein genuin christliches Fest ist und sich als Fest des Friedens eingebürgert hat. Ihnen und uns allen wünsche ich in diesem Sinne eine friedliche, frohe Weihnachtszeit, eine schöne Wintersonnwendzeit, ein gutes hoffentlich friedliches neues Jahr.


 

[1] Ceming, Katharina / Wertlitz, Jürgen: „Die verbotenen Evangelien. Apokryphe Schriften“, Pattloch Verlag Augsburg 1999. ISBN 3‑629‑00849-6. S. 39

 

[2] Krautheimer, Richard: „Rom –Schicksal einer Stadt, 312-1308“ a.a.O. S. 59

[3] Ceming, Katharina / Werlitz, Jürgen: „Die verbotenen Evangelien. Apokryphe Schriften“. Pattloch Verlag Augsburg 1999. ISBN 3-629-00849-6. S. 85ff

[4] „Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments“ nach der deutschen Übersetzung D. Martin Luther’s, Stuttgart, Priveleg. Württ. Bibelanstalt 1913.

[5] In der sicherlich genaueren und moderneren “Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift“ (siehe a.a.O.) heißt der Anfang dagegen: „2.1  In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehel, alle Bewohner des Reiches in die Steuerlisten einzutragen. 2. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinus Statthalter von Syrien. 3. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen...

[6] Weidlinger, Erich: Die Apokryphen. Verborgene Bücher der Bibel. Pattloch Verlag 1995, Weltbild Verlag GmbH, Augsburg. ISBN 3‑529‑91319-9. S. Allerdings habe ich diesen Hinweis bei Habakuk nicht gefunden. Vermutlich gab es damals unterschiedliche Vorlagen von Habakuk.

[7] Paul, A.. (Übertragung) / Neumann, K. E. (Geleitwort): „Krischnas Weltengang“ (Ein indischer Mythos – In zwanzig Andachten aus dem Vischnupuránam), R. Piper & Co, München 1905. S. 10/11

[8] In Kairo gibt es heute noch eine Kapelle, in der sich angeblich Josef und Maria mit dem Jesuskind aufhielten.

[9] Weitere Einzelheiten hierzu bei Karlheinz Deschner: „Abermals krähte der Hahn“, a.a.O.S.77

[10] Weidinger, Erich: „Die Apokryphen“, a.a.O. S. 455

[11] Deschner,Karlheinz: „Abermals krähte der Hahn“, a.a.O. S. 77

[12] Mehr dazu in: Deschner, Karlheinz: „Abermals krähte der Hahn“, aa.O. S. 77.

[13] Zinser, Hartmut (Herausgeber): „Der Untergang von Religionen“ (darin Beitrag von Peter Parusel: „Der Untergang der Mythras-Misterien“), Dietrich Raimer Verlag, Berlin 1986. ISBN 3-496-00842-3. S. 103

[14] Deschner, Karlheinz: „Abermals krähte der Hahn“, aa.O. S. 78.

[15] Deschner, Karlheinz: „Abermals krähte der Hahn“, aa.O. S. 78.

[16] Deschner, Karlheinz: „Der gefälschte Glaube“, Wilhelm Heyne Verlag, München 1980. S.20

[17] Siehe: Deschner, Karlheinz: „Kriminalgeschcihte des Christentums“, Band 2. Rowohlt Verlag, Reinbeck bei Hamburg, 1988. S. 162 ff und 184 ff

[18]  Deschner, Karlheinz: „Der gefälschte Glaube“, Wilhelm Heyne Verlag, München 1980. Hier aus dem Beitrag von Hans Erich Lampl: „Die Mariendogmen“. S. 203.

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