Karlheinz Deschner wurde am 23.5.1924
in Bamberg geboren. Nach der Grundschule Besuch des Franziskanerseminars
Dettelbach am Main. 1934 - 1942 Besuch des Gymnasiums bei Karmelitern u.
Englischen Fräulein. Ab 1942 Kriegsfreiwilliger, zuletzt Fallschirmjäger. Er
hörte 1946/47 in Bamberg juristische, theol., philosophische u. psycholog.
Vorlesungen. 1947-1951 Studium der Literatur, Philosophie und Geschichte. 1951
Promotion. Er schrieb
kirchengeschichtliche und religionswissenschaftliche Werke. In letzteren zeigt
er auf, dass viele biblische Wundergeschichten, Gleichnisse und
Begebenheiten aus älteren Religionen
übernommen wurden.
Deschner wandte sich neben religionskundlichen auch zunehmend
kirchengeschichtlichen Fragen zu. Im Jahre 1962 erschien seine umfangreiche,
wissenschaftlich gut fundierte Kirchengeschichte ”Abermals krähte der Hahn”,
die seitens der Kirchen kritisiert wurde. Es konnte ihm aber nicht die
Sachkompetenz und Genauigkeit seiner Arbeit abgesprochen werden. Sein
ausführlichstes kirchengeschichtliches Werk ist die mehrbändige Reihe
”Kriminalgeschichte des Christentums”.
Leseprobe aus ”Der gefälschte Glaube” Seite 42 ff:
Lange bevor die
Kirche, erst 353, den Geburtstag Christi auf den 25. Dez. verlegte, wurde der
Geburtstag des Mithras, des unbesiegbaren Sonnengottes, an diesem Tag begangen.
Die liturgischen Formeln aber der heidnischen Gläubigen beim Sonnenwendfest in
der Nacht vom 24. auf den 25. Dez. lautete: >> Die Jungfrau hat geboren,
zu nimmt das Licht. << [ ...] Schon vor Jesus hat man andere Gottheiten,
Zeus, Hermes, Dionysos, in einem heiligen Korb oder Krippe in Windeln liegend
geschildert und dargestellt. Bereits Mithras beteten bei seiner Geburt Hirten
an, die ihm die Erstlinge ihrer Herden und Früchte brachten. [ ...] Und da zahlreiche
Himmelfahrten lebendigen Leibes nicht nur den Heiden ( ... Herakles, Attis,
Mithras, ...) bekannt waren, sondern auch - durch Henoch, Moses und Elias - den
Juden, konnte Christus unmöglich zurück bleiben.
Leseprobe: aus ‘Abermals krähte der Hahn’
Pipin ließ sich in Paris von Stephan
salben, und dieser entband ihn feierlich des Eides, den er seinem Könige
geleistet, und tat die Franken, wenn sie Pipin und seine Nachfolger nicht als
Könige anerkennen würden, in den Bann. Das tapfere Volk war bereits so sehr vom
päpstlichen Aberglauben umgarnt, dass die Dreistigkeit des Stephanus sie nicht
empörte, sondern vielmehr die Macht Pipins befestigte. Dieser zeigte sich
dankbar; er schenkte dem römischen Bischof das Ecarchat, nämlich die heutige
Romagna und Ankona, ein Land, welches Pipin gar nicht zu verschenken hatte, da
es ihm nicht gehörte!
Wichtigste Werke:
1957 Was halten
sie vom Christentum?
1962 Abermals krähte der Hahn,
Taschenbuch - 720 Seiten - btb/Goldmann Vlg., M.
Erscheinungsdatum: 1996, ISBN: 3442720257, 28,- DM
1969 Das
Christentum im Urteil seiner Gegner Bd. 1
1971 Der
manipulierte Glaube
1974 Das Kreuz
mit der Kirche
1986 - Kriminalgeschichte
des Christentums, Karlheinz Deschner,
Taschenbuch - 536 Seiten -
Rowohlt TB-V., Rnb.
Erscheinungsdatum: 1996, ISBN: 3499199696 und folgende, DM 24,90
Autor und Sprecher: Gerhard Rampp
Zum 80. Geburtstag von Dr. Karlheinz Deschner
Rundfunkbeitrag
des bfg Bayern vom 23.05.2004 um 7:05 Uhr
im
Bayerischen Rundfunk, Programm Bayern II, UKW
Verehrte Hörerinnen und Hörer,
das Jahr 2004 ist
ein ausgesprochenes Jubiläumsjahr für Religionskritiker, Aufklärer und
Kirchenkritiker. Der bedeutendste Vertreter des 19. Jahrhunderts ist der
Philosoph Ludwig Feuerbach, der im Juli vor 200 Jahren in Landshut geboren wurde
und 1872 in einem Ort nahe Erlangen starb. Mit ihm wird sich unsere nächste
Rundfunksendung befassen. Bereits im Januar jährte sich der 275. Geburtstag von
Gotthold Ephraim Lessing, der uns meist nur als Schriftsteller und Dichter näher
gebracht wird, der aber in Deutschland auch die Abkehr vom dogmengebundenen
Religionsverständnis einläutete und uns die Werte der französischen Aufklärung
vermittelte. Fast wäre auch noch der Geburtstag des wichtigsten
deutschsprachigen Religionskritikers des 17. Jahrhunderts hinzuzurechnen, doch
der 350. Geburtstag des weithin unterschätzten Frühaufklärers Christian
Thomasius fällt auf den 1. Januar 2005.
Alle drei
Wegbereiter freien Denkens, die wichtigsten deutschsprachigen Repräsentanten
ihres jeweiligen Jahrhunderts, haben eines gemeinsam: Sie begannen als
Theologen, setzten sich intensiv mit Religion und speziell mit dem Christentum
auseinander, analysierten beides eingehend - und distanzierten sich schließlich
davon aus tiefster Überzeugung und genauester Kenntnis und Erkenntnis.
Das gleiche gilt auch für den bedeutendsten Kirchenkritiker deutscher Zunge im
20. Jahrhundert: Dr. Karlheinz Deschner. Genau heute, am 23. Mai 2004, feiert er
im fränkischen Haßfurt seinen 80. Geburtstag. Inzwischen ist er einem
weltanschaulich interessierten Millionenpublikum bekannt, wird aber immer noch
von vielen kirchenhörigen Medien totgeschwiegen. Denn meistens wagten die
Vertreter der Amtskirche nicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihm, weil
er als Kirchenhistoriker ein unglaublich fundiertes Wissen hat. Seine schärfste
Waffe sind immer noch die Fakten, die selbst viele Geistliche und Theologen zu
einer kritischeren Sicht der Kirchengeschichte veranlasst haben.
Karlheinz Deschner
zog es, anders als Lessing und Feuerbach, nicht zur Theologie hin. Aber der
Katholizismus wurde ihm schon als Kind eingebläut. Geboren in der Bischofsstadt
Bamberg, wuchs er in eher einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater war überzeugter
Katholik, seine Mutter konvertierte sogar vom Protestantismus zur Konfession des
Vaters, und der Sohn besuchte nach der Grundschule vier Jahre lang das
Franziskanerseminar Dettelbach am Main, wo er zunächst bei einem Geistlichen
Rat und dann im Franziskanerkloster lebte. Von 1934 bis 1942 besuchte er in
Bamberg das Gymnasium, wobei er Internatsschüler zunächst bei den Karmelitern,
dann bei den Englischen Fräulein war. Er lernte also den Katholizismus von
innen kennen, aber nicht schätzen. Nach dem Abitur im März 1942 veranlasste
ihn nicht zuletzt die Propaganda des Klerus, sich - wie übrigens die gesamte
Klasse - als Kriegsfreiwilliger zu melden und sich für das Vaterland zu opfern.
Später wurde er
überzeugter Pazifist, was schon deutlich die Distanz zu jenen erkennen lässt,
die ihn zum Kriegsdienst verführt haben. Überhaupt sollte sich vor allem die
katholische Kirche einmal Gedanken machen, woher es kommt, dass so viele unter
ihren Kritikern und Gegnern vormals eine streng katholische Erziehung erlitten
haben. Zwar treten heute immer noch etwas mehr Menschen aus der evangelischen
Kirche aus, aber kaum jemand tut das, weil er etwas gegen sie hätte,
sondern nur, weil er nichts oder nicht genügend für sie hat, um dafür
Zehntausende von Euro an Kirchensteuern zu opfern. (Ausnahmen gibt es nur in den
streng pietistischen oder evangelikalen Kreisen, deren Erziehung nicht wenige
Kinder später als einengend, entmündigend und bedrückend empfinden.) In
katholischen Kreisen hingegen staut sich weit häufiger eine tiefe Abneigung
gegen Kirche und Religion auf. Religiöse Eltern oder Lehrer, die glauben, sie täten
ihrer Kirche etwas Gutes, wenn sie Kindern ihren Glauben unter mehr oder weniger
sanftem Zwang aufdrängen, erleben oft das Gegenteil. Auch in den letzten Jahren
erlebte ich immer wieder Fälle mit, in denen bigotte Schulleiter oder besonders
fromme Lehrer meinten, das Anbringen eines Kreuzes im Klassenzimmer oder das
Sprechen eines Gebetes zu Unterrichtsbeginn auch gegen den Willen von Schülern
durchsetzen zu müssen. Meist wagen es diese nicht, dagegen offen zu
protestieren, selbst wenn sie das Recht dazu hätten. Aber manche revanchieren
sich dann unmittelbar nach Ende ihrer Schullaufbahn, indem sie aus der Kirche
austreten. Das kann ihnen dann nämlich kein Lehrer und kein Elternteil mehr
verbieten. Und auch an den Bund für Geistesfreiheit wenden sich nicht wenige
Betroffene mit der Bitte um Rat und Hilfe, die der bfg dann auch prompt gewährt.
Insofern bedankt sich der Bund für Geistesfreiheit bei dieser Gelegenheit
einmal ganz herzlich bei all jenen frommen und klerikalen Eiferern, die
ungewollt für einen beachtlichen Mitgliederzuwachs beim Bund für
Geistesfreiheit sorgen.
Dieser kleine
Exkurs hat mit Dr. Karlheinz Deschner mehr zu tun, als man meint. Auch er
befasste sich mit Religion, weil er deren negative Seiten in seiner Jugend
hautnah erlebte und später feststellte, dass man auch ohne Religion sein Leben
gut meistern kann, wenn man es erst einmal geschafft hat, sich von der
Einseitigkeit des eingetrichterten Weltbildes zu befreien und eine unabhängigere
Sicht zu gewinnen, von der aus andere Weltanschauungen unvoreingenommen geprüft
werden können.
Um dies zu
erreichen, hörte Deschner in der Nachkriegszeit zunächst in Bamberg
philosophische und theologische Vorlesungen und begann dann in Würzburg mit dem
Studium der Fächer Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, Philosophie und
Geschichte. 1951 promovierte er mit einer Arbeit über „Lenaus Lyrik als
Ausdruck metaphysischer Verzweiflung“. In der Folge arbeitete er zunächst als
Romanschriftsteller und Literaturkritiker. Am bekanntesten wurde aus dieser Zeit
seine Streitschrift „Kitsch, Konvention und Kunst“, die bis heute gern
zitiert wird. Er schrieb auch zahlreiche Essays und Aphorismen, und nicht
zuletzt die Landschaftsschilderungen seiner fränkischen Heimat trugen ihm
Achtung auch bei jenen ein, die seine weltanschauliche Haltung nicht teilten.
Deschner definierte sich übrigens in einem seiner Bücher nicht als Atheist,
sondern als Agnostiker.
Den Durchbruch
aber schaffte er mit einem Werk, das noch heute zu den Klassikern des 20.
Jahrhunderts gehört, nämlich mit dem kirchenhistorischen Standardwerk
„Abermals krähte der Hahn. Eine Demaskierung des Christentums von den
Evangelisten bis zu den Faschisten“. Dieses 1962 erschienene 700 Seiten starke
Buch schlug ein wie eine Bombe, denn Deschner hatte über 1000 Quellentexte
studiert, vorwiegend christliche Theologen, von denen viele sehr wohl wussten,
dass viele der biblischen Aussagen oder der späteren Überlieferungen nicht
stichhaltig waren und dass wesentliche Teile der christlichen Lehre einfach übernommen
wurden von früheren oder zur gleichen Zeit konkurrierenden Religionen. Das
alles wussten aufgeklärtere Theologen längst, aber sie wagten es nicht, dies
einem breiten Publikum zu präsentieren und gleichzeitig die Frage nach der
Stichhaltigkeit des kirchlich gelehrten Christentums zu stellen. Aber Dr.
Karlheinz Deschner machte sich die Mühe einer jahrelangen Recherche und
Quellenforschung unter Verzicht auf eine Hochschulkarriere, und er wagte es, die
Tabu-Fragen öffentlich zu stellen.
Ein Beispiel für
viele andere sei hier genannt: Bereits vor Jesus gab es etwa ein Dutzend
verschiedenster Götter, die früh starben und dann nach drei Tagen oder am
dritten Tage wieder auferstanden. (In Klammern: Man beachte diese
unterschiedliche Zeitangabe, die sich auch in den Evangelien findet. „Nach
drei Tagen“ heißt „am vierten Tage“, während „am dritten Tage“ so
viel bedeutet wie „nach zwei Tagen“. Auch die Evangelien weichen hier um
einen Tag voneinander ab. Aber das ist nur ein typisches Detail. Viel wichtiger
ist die Tatsache, dass der ganze Auferstehungsmythos offensichtlich eine Kopie
anderer Religionen ist. Auffallend sind zum Beispiel die Ähnlichkeiten zwischen
dem christlichen Kultobjekt und dem babylonischen Gott Bel-Marduk, der
gleichfalls als vom Vater gesandter Erlöser, als Weltschöpfer und als der gute
Hirte galt. Auch Bel-Marduk wurde gefangengenommen, verhört, zum Tod
verurteilt, gegeißelt und mit einem Verbrecher hingerichtet, während man einen
anderen freiließ. Eine Frau wischte das Herzblut des Gottes ab, das aus einer
Speerwunde hervorquoll, und noch manch andere Parallele ist festzustellen.
Offenbar hielt
selbst der Kirchenvater Origenes die Auferstehung für einen von Vorbildern übernommenen
Mythos, denn er meinte: „Dies Wunder bringt den Heiden nichts Neues und kann
ihnen nicht anstößig sein.“
Jedem logisch
denkenden Menschen wird bei Kenntnis solcher Zusammenhänge klar, dass die
Auferstehung allenfalls als symbolträchtige Geschichte, nicht aber als
historische Tatsache betrachtet werden kann. Dies hätte freilich zur Folge,
dass auch Jesus nur ein Mensch war, der sich genauso irren konnte wie jeder
andere und der dann sogar im Vergleich zu Angehörigen späterer Generationen
recht unwissend war. Warum dann allerdings seinen Worten - so sie denn tatsächlich
von ihm stammen sollten - besondere Bedeutung oder geradezu unfehlbare
Richtigkeit zugesprochen werden sollen, ist nicht mehr einsichtig.
Letztlich besteht
der Tabubruch schon darin, dass Deschner die Erkenntnisse kritischer und aufgeklärter
Theologen zusammenfasste, systematisierte und der Öffentlichkeit präsentierte.
Damit war die Voraussetzung geschaffen, dass die Leser selbst nachdenken und
ihre Schlüsse ziehen konnten, was zwangsläufig zu vielen Kirchenaustritten führte.
Obwohl die Rechte
an dem Buch mehrfach von kirchennahen Verlagen aufgekauft wurden, um eine
Neuauflage wenigstens zeitweise zu verhindern, entwickelte sich „Abermals krähte
der Hahn“ zu einem in mehrere Sprachen übersetzten Bestseller mit einer
Gesamtauflage von über einer Million Exemplaren.
Später schrieb
Deschner noch eine Reihe kirchenhistorischer Bücher, z.B. über die Rolle der
Kirchen im Faschismus. Seit 1984 arbeitet er an einem Mammutwerk, das man als Präzisierung
und Erweiterung seines Bestsellers betrachten kann, nämlich einer bei Rowohlt
erscheinenden „Kriminalgeschichte des Christentums“, die ursprünglich auf
zehn Bände angelegt war, von denen alle zwei Jahre einer erscheinen sollte. Zum
80. Geburtstag wollte der Autor fertig sein. Aber nun ist gerade der achte Band
erschienen und es ist absehbar, dass der Gesamtumfang mindestens zwölf Bände
umfassen wird.
Belohnt werden
Menschen wie Dr. Karlheinz Deschner, die ihr Leben letztlich für eine in die
Zukunft wirkende Idee opfern, zu Lebzeiten nur selten. Die eingangs zitierten
Dichter und Denker Lessing und Thomasius konnten sich vor 200 bis 300 Jahren
beruflich und existentiell nur mit Mühe halten, und auch das nur, weil sie ihre
Religionskritik meist verschlüsselt und indirekt vorbrachten.
Der geniale Ludwig
Feuerbach verlor wegen seiner offenen Religionskritik die Professorenstelle, und
auch Dr. Karlheinz Deschner kostete sein antiklerikales Wirken eine
vielversprechende Hochschullaufbahn. Dennoch hat er inzwischen weithin die
Hochachtung gefunden, die ihm gebührt. Die wichtigste Form der Wertschätzung
ist die Anerkennung seiner Einzigartigkeit und Unvergleichlichkeit. Wenn er
seine „Kriminalgeschichte des Christentums“ nicht vollendet, wird es kein
anderer mehr in annähernd gleicher Weise tun können. Auch deshalb wünscht
ihm der Bund für Geistesfreiheit noch viele Jahre der Gesundheit und des
Wohlergehens.