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Materialien zum Ethikunterricht

Peter Singer


   

 

geboren 1946 in Australien, lehrte lange Zeit als Professor für Bioethik. Er gilt als ein

Vertreter des sogenannten Utilitarismus, einer Strömung in der philosophischen Ethik,

die nach der Nützlichkeit von Handlungen fragt.

 

Eines seiner wichtigen Werke ist die "Praktische Ethik", gut zugänglich durch eine

Reclam-Ausgabe (erschien 1994).

 

Besondere Aufmerksamkeit erregte sein Ansatz, nicht allgemein von einer womöglich

von Gott verliehenen -Menschenwürde auszugehen, sondern auf

begründete und nachvollziehbare Weise nach dem konkreten Person-Sein eines

Lebewesens zu fragen.

 

Hierbei gelangte Singer in der 2. Aufl. seiner Praktischen Ethik zu der

Schlussfolgerung:

 

"[...] bei jedem fairen Vergleich moralisch relevanter Eigenschaften

wie Rationalität, Selbstbewußtsein, Bewußtsein, Autonomie, Lust-und

Schmerzempfindung, und so weiter haben das Kalb, das Schwein und

das viel verspottete Huhn einen guten Vorsprung vor dem Fötus in

jedem Stadium der Schwangerschaft […]" (196f.)

 

 

Die regelrechte Kampagne gegen Singer stützte sich in der Hauptsache auf den

Vorwurf, der v.a. von Seiten der Kirchen und Freikirchen in Deutschland erhoben

worden war, Singer äußere sich abwertend zu behindertem Leben und befürworte die

Euthanasie (griech.: "angenehmer Tod").

Diese Vorwürfe lassen sich bei eingehender Beschäftigung mit den Publikationen

Singers keinesfalls aufrecht erhalten:

Bereits 1993 hieß es in der Schrift mit dem Titel „Muss dieses Kind am Leben

bleiben? – Das Problem schwerstgeschädigter Neugeborener“ (zusammen mit Helga

Kuhse, s. Lit.-Angaben):

 

„Wir meinen […], dass die reichen Nationen sehr viel mehr tun sollten,

um behinderten Menschen ein erfülltes, lebenswertes Leben zu

ermöglichen und sie in die Lage zu versetzen, das ihnen

innewohnende Potential wirklich auszuschöpfen. Wir sollten alles tun,

um die oft beklagenswert schlechte institutionelle Betreuung zu

verbessern und die Dienstleistungen bereitzustellen, die behinderten

Menschen ein Leben außerhalb von Institutionen und innerhalb der

Gemeinschaft ermöglichen.“ (26)

 

 

Wenn Singer auch einem Neugeborenen ein Bewusstsein seiner selbst und somit das

Person-Sein abspricht, so benennt er doch deutlich die Geburt gleichsam als 'point of

no return', der „als Grenze sichtbar und selbstverständlich genug“ sei, „um ein sozial

anerkanntes Lebensrecht zu markieren“ (Ebd., 251) Deutlich genug: Mit der Geburt

besitzt ein Mensch "zugleich auch ein Lebensrecht" (A.a.O.).

Ein Recht auf Beendigung des eigenen Lebens betont Singer aber weiterhin:

 

"Aktive und passive Euthanasie sollte immer dann erlaubt ein, wenn

jemand unter einer unheilbaren Krankheit so sehr leidet, dass ein

Weiterleben nicht in seinem oder ihrem Interesse ist." (Ebd. 252).

 

 


 

Literatur:

 

Singer, Peter: Practical Ethics. Cambridge University Press, Cambridge 1979; 2nd

edition, 1993 (deutsch Praktische Ethik. 2. Auflage. Reclam, Stuttgart 1994).

 

Ders., zus. mit Helga Kuhse: Muß dieses Kind am Leben bleiben? Das Problem

schwerstgeschädigter Neugeborener, Erlangen 1993.

 

Christoph Anstötz (Hrsg.): Peter Singer in Deutschland. Zur Gefährdung der

Diskussionsfreiheit in der Wissenschaft Lang, Frankfurt am Main 1995.

 

 

 

Autor: Nanni Mundl
Datum: SS 2000
Veroeffentlichung: 02/2001

 

Ethik - Literatur: Peter Singer: Über Ethik

In: Peter Singer: Praktische Ethik1

Peter Singer liefert in diesem Text an erster Stelle Beschreibungen darüber, was Ethik nicht ist und gibt uns dann Erklärungsversuche, was es ist und wie es verstanden werden soll.

Ethik muß praxistauglich sein, das heißt, daß sie Anwendung in unserem täglichen Leben findet. Es ist nicht ein System von kurzen Regeln. Der Sinn moralischer Urteile ist es, das Handeln zu leiten.

Singer ist Utilitarist (,,Das größte Glück der größten Zahl") und attackiert in diesem Text Kants Verständnis für Lüge. Dieser meint, daß Lügen unter keinen Umständen erlaubt sind. Dem widerspricht Singer, er meint, daß eine Lüge unter gewissen Umständen als gut, in anderen als schlecht beurteilt werden kann. Die Beurteilung sei abhängig von den Folgen der Lüge. Auch das Nichtlügen kann inhuman sein. Singer stellt sich damit gegen Kant, der die strenge Pflicht zur Wahrheit vertritt (Pflicht um der Pflicht willen).

Ethik muß völlig unabhängig von der Religion betrachtet werden, sie ist nicht mit theologischen Ideen verbunden. Singer führt hier den klassischen Einwand gegen die theologische Ethik an. Wenn Gott eine Handlung gebilligt hat, weil es ,,gut" ist, so ist ,,gut" unabhängig von der Gottheit, weil die Sache an sich gut ist. Wenn Gott eine Handlung allerdings deshalb gebilligt hat, weil er Gott ist, so ist ,,gut" nicht unabhängig und unterliegt der Willkür Gottes. Dies würde einen Abspruch der moralischen Werte des Menschen darstellen. Es kann nur eine von Gott unabhängige Ethik geben, da diese sonst dem Gutdünken Gottes unterworfen wäre. Schon Platon befaßte sich mit der Frage, ob für die Definition von ,,gut" eine Gottheit nötig sei.

Wir sind eingebettet in unsere Gesellschaft und trotzdem gibt es universelle Moralen. So gibt es beispielsweise in keiner Gesellschaft die Ansicht, die die Tötung von Menschen gut heißt. Moral ist unparteiisch (das heißt: Ausnahmen nur, wenn diese gut begründet sind, alle Menschen sind gleich - ,,jede Stimme zählt als eine Stimme und keine Stimme zählt als mehr als eine Stimme") und universell.

Singer spricht in seinem Text auch über den Relativismus und zeigt auf, daß dies nicht bedeuten müsse, daß unterschiedliche Kulturen in grundsätzlichen Ansichten nicht übereinstimmen können. Hierbei kritisiert er auch den Marxismus und erwähnt Engels. Moral ist nicht reduzierbar auf die Moralpsychologie. Es nützt nicht, sich auf gängige Ansichten der Gesellschaft zu berufen, vielmehr sind normative Gründe nötig.

Der Subjektivismus macht ein ethisches Urteil abhängig von der Person, die ein ethisches Urteil billigt oder nicht billigt. Ethik ist also dieser Ansicht nach subjektiv. Moralische Normen sind aber allgemein gültig, es gibt so etwas wie eine objektive Moral. Moralische Urteile sind nicht gegen Kritik von außen immun, so meint Singer.

Singer erklärt danach die Auffassung von Ethik. Nur zu tun, was für die Person selbst wichtig ist, ist zu wenig; die Allgemeinheit muß mit einbezogen werden. Hier spricht Singer ganz im Sinne der Utilitaristen, die das Gemeinwohl über das Glück des Individuums stellen.

Anschließend kommt Singer auf die Frage der Universalität zu sprechen. Er beantwortet die Frage der Herleitbarkeit von ethischen Theorien im Sinne des Utilitarismus. Ethik und Moral haben als definiertes Merkmal die Universalität. Der Utilitarismus hat einen universellen Standpunkt und daher kommt er zur Konklusion, daß der Utilitarismus eine akzeptable Theorie sei. Dieses Argument ist allerdings absurd, weil es mit jeder anderen Theorie austauschbar ist.

1 Stuttgart: Reclam 1984

 

 

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