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   HELMUT STEUERWALD

  

Anna Steuerwald Landmann

(geb. 13. Februar 1892, gest. 24. August 1980)

 

Frauenrechtlerin

Freigeist

Pazifistin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zusammenfassung:
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Anna Steuerwald-Landmann wurde am 13. Februar 1892 als Tochter einer jüdischen bürgerlichen Familie in Fürth geboren.

Kritisch und voller Durchsetzungswillen war sie schon als junger Mensch. Sie besuchte den jüdischen Religionsunterricht, zweifelte aber bald am jüdischen Glauben, distanzierte sich bereits 1906 davon und legte ihn später ganz ab.

Nach ihrer Schulzeit kam Anna für ein Jahr als Haushaltshilfe nach Moskau. Dort lernte sie Leute kennen, die revolutionär eingestellt waren. Diese nahmen sie mit, um ihr die Notunterkünfte der Armen zu zeigen und mit diesen zu sprechen. Hier entwickelten sich erste Grundlagen für ihr politisches und soziales Engagement.

1913 begann sie in Erlangen Philosophie, Literatur und Sozialwesen zu studieren, musste es aber wegen des 1. Weltkrieges unterbrechen. Sie leistete Hilfe beim Roten Kreuz. Im Umgang mit Kriegsverletzten lernte sie die Grausamkeiten des Krieges kennen, wodurch ihre ursprüngliche Kriegsbegeisterung immer mehr nachließ.

Von 1914 bis 1916 war sie freiwillig am „Königlich Bayerischen Amtsgericht“ in Fürth tätig. Sie war dort mit Jugendgerichtsfragen, Vormundschafts- und Nachlaßsachen befasst.

Später konnte Anna während des Krieges dann doch weiterstudieren. Im Herbst 1916 kam sie nach Köln, wo sie bis März 1919 die Hochschule für kommunale und soziale Verwaltung besuchte.

Der Tod ihres Bruders im Kriege war für sie ein Schlüsselerlebnis, das sie nun endgültig zur Pazifistin machte.

Gegen Kriegsende findet sie den Weg zur Sozialdemokratie und wird noch 1918 Mitglied der SPD. Sie engagiert sich besonders für die Rechte der Frauen und für die Jugend.

Seit 1919 war sie außerdem in der „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit“ aktiv. Auf religiösem Gebiet wurde sie immer freier, kehrte 1921 standesamtlich dem Judentum endgültig den Rücken und blieb fortan konfessionslos. Philosophisch gesehen hatte sie eine typisch epikuräische Haltung und fand vor allem einen starken inneren Bezug zu dem großen Philosophen Ludwig Feuerbach, der in Nürnberg bis zu seinem Tod lebte.

Nach Beendigung ihres Studiums bekam sie zuerst eine Stelle als Hilfsreferentin beim Frauenreferat in Nürnberg. Bald danach wurde sie wissenschaftliche Assistentin beim Wohlfahrtsamt in Nürnberg. Sie gründete dort die Jugendgerichtshilfe und leitete dieses Amt bis zu ihrem Ausscheiden am 31.05.1923. In dieser Eigenschaft war sie die erste Frau, die an einem deutschen Gericht zugelassen wurde.

Sie lernte Dr. Richard Steuerwald kennen, den sie 1923 heiratete. Dr. Steuerwald wurde Heimleiter eines Knabenheimes, und Anna Landmann Steuerwald übernahm die unbezahlte Rolle der Heimmutter. Dagegen wurde eine wütende Kampagne vom national-konservativen „Bezirkslehrerverein“ entfacht, in dem bereits ein gewisser Julius Streicher aktiv war. Es wurde bemängelt, dass „ ... der Zustand besteht, dass deutsche Kinder durch eine aus fremder Rasse hervorgegange Hausmutter betreut werden...“  Sie führte ihre Aufgabe dennoch engagiert durch. Aufgrund ihrer pazifistischen Haltung war sie gegen jede Gewaltanwendung auch in der Erziehung. Im Heim - eine Ausnahme damals - war jegliche Prügelstrafe verboten. Sie wurde 1933 wieder eingeführt.

Ende 1929 wurde von Julius Streicher und der NSDAP erneut eine Hetzkampagne gegen sie wegen ihrer Vortragstätigkeit gestartet. Mit der Machtergreifung kam es sofort zur Zwangspensionierung von Dr. Steuerwald, damit „die Erziehung im Knabenheim auf national-christlicher Grundlage geschehe.“ Nach der „Reichs-Kristallnacht“ im Jahre 1938 wanderete das Ehepaar nach Chile aus, wo es zunächst ein Landgut verwaltete. Anna versuchte dann als Sozialarbeiterin unterzukommen, was leider nicht gelang, da sie nicht katholisch war. Aus jüdischen Kreisen bekam sie natürlich auch keine Unterstützung, da sie ja keine Glaubensjüdin mehr war. Sie gründete einen „Runden Tisch“, zu dem bis zu 30 antinazistische, kulturell Interessierte kamen, wo Referate gehalten und diskutiert wurden. Ab 1943 arbeitete sie in Chile an einer bedeutenden literarischen Schrift, den „Deutschen Blättern“ mit.

Nach dem Kriege kehrte sie mit Familie nach Deutschland zurück. Ab der Nachkriegszeit hat sie sich besonders der Exilliteratur angenommen. Auch engagierte sie sich in der freigeistigen Bewegung und hielt in diesem Zusammenhang Reden im Rundfunk. In einer ihrer freigeistigen Rundfunkreden aus dem Jahr 1957 kommt ihre humanistische-freigeistige Haltung deutlich zum Ausdruck : Wir sagen bei unseren ethischen Forderungen nicht mehr: ‚Du musst’ und heute nicht mehr: ‚Du sollst’, sondern ‚WIR WOLLEN’! Wir wollen das Neue, die Gemeinschaft, das Wir! Darum sagen wir bekennend, nicht predigend: ‚Wir wollen gut sein, wir wollen helfen, wir wollen dem Menschen gemeinsam ein besseres Los erringen’.

Am 24.08.1980 verstarb Anna Landmann Steuerwald.

Lebensdaten

13.2.1892 geboren

1912? Moskau für ein Jahr

1913 Beginn des Studiums in Erlangen

31.8.1914 - 22.8.1916? (Unentgeltliche) Tätigkeit beim Königl. Bayerischen Amtsgericht Fürth

Oktober ? 1916 - März 1919 Studium in Köln.

1918 Eintritt in die SPD

1919 Beitritt zur „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit“

01.05.1919 - 30.09.1919 Hilfsreferentin am Frauenreferat. Unterstand damals der Wehrmacht (Münchener Räterepublik!)

01.10.1919 - 31.12.1919 Wissenschaftliche Assistentin beim Wohlfahrtsamt

01.01.1920 -31.3.1920 Aufbau und Einrichtung der Jugendgerichtshilfe

1.4.1920 Ernennung zur „Leiterin der städtischen Jugendgerichtshilfe“

20.6.1921 Austritt beim Standesamt aus der israelitischen Religionsgemeinschaft

27.8.1923 Eheschließung mit Dr. Richard Steuerwald (geb. 25.9.1889)

6.6.1925 Geburt des ersten Kindes Frolinde

25.7.1927 Staatliches Anerkennungszeugnis als Wohlfahrtspflegerin (Nachträgliche Anerkennung)

1927 - 1933 Dozententätigkeit an der Volkshochschule Nürnberg. Themen: Jugendhilfe, Wohlfahrtspflege, Die Frau von heute (!), Großstadtjugend u.a.

23.6.1930 Geburt des zweiten Kindes Helmut 1930? Eintritt in den Bund für Geistesfreiheit Nürnberg

Januar 1939 Fahrt ins Exil nach Chile

Ende Februar 1939 Ankunft in Valparaiso

25.04.1939 Fahrt nach Punitaqui

September 1939 Übersiedelung nach Ovalle

April 1941 schwerere Erkrankung und Operation in Santiago Mai

1942 Übersiedelung nach Santiago

Ab 1943 Mitarbeit bei den "Deutschen Blättern" In Chile Mitglied bei "Anderes Deutschland", später "Freies Deutschland"

1947 Rückkehr nach Deutschland.

1.7.1948 Eintritt in die Gewerkschaft Druck und Papier (Journalisten)

1948 Bund für Geistesfreiheit

1948 bis 1950 viele Vorträge an Schulen (vor allem Berufsschulen), besonders über Frieden und Friedenspolitik

1949 Mitglied bei der IDK

1.6.1949 Eintritt in die Thomas-Mann-Gesellschaft Nürnberg

Ab ?: Mitarbeit bei UNICEF

1. 1. 1952 Fördermitglied bei "Die Falken" Nürnberg (Mitgliedsnummer 1!)

21.10.1954 Anerkennung als Verfolgte des NS-Regimes

9.1.1956 Tod des Ehemannes Dr. Richard Steuerwald

26.08.1961 Beitritt zur "Humanistischen Union"

3.11.1965 Austrittserklärung bei der SPD

Februar 1975 Umzug in das AW-Altenheim in Burgfarrnbach

10.0 1. 1976 Vermacht ihren Körper dem Anatomischen Institut der Universität Erlangen-Nürnberg

21.3.1976 Verleihung der Ehrenmitgliedschaft beim Bund für Geistesfreiheit Nürnberg

24.08.1980 Sterbedatum

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