Materialien zum Ethikunterricht Der Mensch in Staat und Gesellschaftanhand des Romans
„Herr der Fliegen" von William Golding In dieser Lehrplaneinheit soll
den Schülern ihre Rolle in Staat und Gesellschaft nahe gebracht werden. Die
Problematik der politischen Entscheidungsfindung, die Notwendigkeit, sich
Gesetze und Regeln zu geben, deren Einhaltung sicher zu stellen, Aspekte wie
Sachzwänge, Bedürfnisse, Interessen und daraus resultierende Konflikte
sollen untersucht werden. Diese Fragestellungen können
gut anhand des Romans Herr der Fliegen [1]
(Originaltitel: Lord of the flies) des Schriftstellers und Nobelpreisträgers
für Literatur William Golding diskutiert werden. In dem 1953 geschriebenen
Werk schildert der Autor, wie eine Gruppe von sechs- bis zwölfjährigen
Kindern allein auf einer Insel
zurechtkommen, auf die sie nach einem Flugzeugunglück verschlagen worden
sind. Sie versuchen, den Alltag
zu organisieren und sich Regeln für das Zusammenleben zu geben. Es kommt
jedoch anders…. Dieser Roman ist vom
Regisseur Harry Hook 1990 verfilmt worden [2]. Der Unterricht kann dadurch ergänzt
werden, dass dieser Film (auf DVD erhältlich) gezeigt wird. [1] „Herr
der Fliegen“ von William Golding, Buch mit 281 Seiten, Verlag Fischer [2] „Herr der Fliegen“ von William Golding, DVD mit 86 Minuten
Spieldauer, Inhalt Infolge eines Flugzeugabsturzes gerät eine Gruppe
englischer Schuljungen auf eine unbewohnte Insel im Pazifischen Ozean. Kein
Erwachsener überlebt. Der 12jährige Ralph und sein neuer gleichaltriger
Freund „Piggy“, ein dicker, unsportlicher, asthmatischer Brillenträger,
finden schnell ein großes Muschelhorn. Ralph bläst darauf und nur wenige
Minuten später sind alle Kinder mitten in einer Versammlung. Ralph wird zum
Anführer gewählt: nicht nur, weil er auf der Muschel geblasen hat, sondern
auch seines muskulösen Körpers wegen. Doch schon gibt es ersten Ärger. Jack
Merridew, ein Junge mit hässlichem Gesicht und roten Haaren, Leiter einer
Chorgruppe, hat es auf Ralphs Chefposition abgesehen... Nach einem Erkundungstag steht fest: Sie sind alleine auf
einer kleinen grünen Insel. Das kümmert anfangs jedoch niemanden. Es gibt Früchte,
Trinkwasser, auch wilde Schweine, die nur darauf warten von Jack und seinen
„Jägern“, seinen früheren Chormitgliedern, erlegt zu werden. Doch
gerettet werden wollen alle... Bald brennt ein großes Signalfeuer auf dem höchsten Berg
der Insel. Doch die aufgestellten Regeln werden immer weniger beachtet. So ist
das Feuer gerade erloschen, als ein Schiff am Horizont auftaucht, das ihre
Rettung hätte sein können. Aber die „Hüter des Feuers“ hatten etwas
Besseres zu tun: Gemeinsam mit Jacks Männern haben sie das erste Schwein
erlegt. Ab diesem Punkt fallen die Schranken der Zivilisation: Die
Jäger, vor allem Jack, haben dazugelernt: Töten ist leicht, töten ist nicht
so schlimm, die Möglichkeit zu töten gibt einem Macht über alles Lebendige.
So schrecken sie im Siegesrausch auch nicht davor zurück, den kleinen Simon,
der in ihre Feier geplatzt kommt, wie ein Schwein zu erlegen... So
unzivilisiert sehen sie jetzt auch aus. Sie laufen bis auf die Kriegsbemalung
nackt, sie sind nur noch Wilde. Das einzige, was Jacks Gruppe noch Respekt
einflößt, ist eine mysteriöse Gestalt auf dem Berg. Um dieses unbekannte
„Tier“ zu besänftigen, haben sie den Kopf eines Schweins geopfert, der in
der Hitze bald von unzähligen Fliegen umschwirrt ist. Nun versucht Jack die Kinder mit frisch gebratenem Fleisch
auf seine Seite zu locken. Die Gruppe zerfällt in zwei Parteien: Ralph und
Jack. Jack jagt mit den anderen und Ralph versucht vergeblich, das Feuer in
Gang zu halten. Eines Nachts wird Piggy überfallen, und Jacks Jäger rauben
seine Brille. Ralph und Piggy machen sich auf den Weg zu Jacks Festung auf
einer Landzunge, um die Brille zurückzufordern. Sie tragen das Muschelhorn
bei sich, das Zeichen früherer Eintracht. Doch umsonst: Mittels eines losgelösten
Felsens zerbricht die letzte Hemmschwelle der Zivilisation. Die Muschel
zerplatzt in tausend Teile und Piggys Körper wird die Klippe
hinuntergeschleudert. Von nun an ist Ralph für Jacks Männer vogelfrei. Und
urplötzlich steht die ganze Insel in Flammen. William Golding schreibt in fesselnder, aber auch in erschüttender
Weise. Nicht umsonst wurden seine Bücher mit vielen Literaturpreisen belohnt.
1983 wurde ihm sogar der Literatur-Nobelpreis verliehen. Ich finde den Roman sehr gut, da er auf realistische Weise den Kampf um Macht beschreibt. Wie der Verfasser der zweiten Seite richtig schreibt, ist „das Beängstigende an diesem Gleichnis menschlicher Gesellschaft die Tatsache, dass diese Jungen keineswegs Monstren oder Verbrecher sind. Jeder von ihnen ist in irgendeiner Jungenklasse der Welt zu finden“. Bedeutung des Stückes
Ralph repräsentiert die zivilisierte, demokratische
Gesellschaftsform. Er schafft Gesetzte und Regeln, lässt Hütten bauen,
erkundet die Insel, richtet einen Wachdienst für das Signalfeuer ein. Jack
verkörpert den Populisten, charismatischen Führer, diktatorischen Typ, der
weitsichtige Ziele ignoriert, die Abenteuerlust der Kinder bedient und
so die Macht an sich reißt. Der zunächst gute Anfang auf der Insel führt
durch Jacks Einfluss in eine Krise, die diabolische Formen annimmt.. Aus der
Jagd wird ein blutiges Schlachten, die Jäger und die Hüter des Feuers
geraten in einen Kampf um Leben und Tod. Die Gemeinschaft zerfällt, Terror
und barbarische Primitivität gipfeln im Machtrausch, der auch vor Mord nicht
zurückschreckt: Als z.B. die Jacks Jäger nachts um das Feuer tanzen und vom
"Monster" singen, das in einer Höhle leben soll. Simon findet
heraus, dass dieses Monster der Pilot war, der nun aber tot ist. Als er den Jägern
davon berichten will, halten diese ihn (wie im Rausch) für das Monster und töten
ihn. In einer anderen Situation will Piggy seine Brille von den Jägern
wiederhaben, der Streit eskaliert und ein Junge lässt einen riesigen Fels auf
Piggy fallen, er stirbt. Zu beachten sind vor allem die Umstände, in denen die
Gewalt in gewissen Situationen eskaliert: Es handelt sich um ganz normale
Kinder ohne besondere gewalttätigen Züge (bis vielleicht auf Jack). Dies ist
die Hauptthematik der Geschichte. Wie verhalten sich Gruppen in
Konfliktsituationen? Im Roman wird die Situation überspitzt dadurch, dass die
Protagonisten Kinder sind, die wenig Erfahrung in "Vernunft" haben.
Die meisten Kinder sind keine starken Charaktere und werden Mitläufer der
attraktiv erscheinenden Jäger-Gruppe. Diese verwehrt sich jeder Logik und ist
in ihrer Gesamtheit aggressiv. Die kleine Gesellschaft auf der Insel erinnert
offensichtlich an diktatorische Herrschaftssysteme im Großen. Es gibt einen
charismatischen Anführer Jack. Dieser kann seine Gruppe an sich binden, indem
er ihr durch ein spezifisches Outfit (Kriegsbemalung, kämpferisches Aussehen)
eine Identität stiftet, die diese Gruppe von den anderen abgrenzt. Die Gruppe
will sich nicht den langweiligen alltäglichen Aufgaben stellen, das Jagen
scheint viel interessanter. Auch die Pflege des schwerverletzten Piloten wird
in Frage gestellt: "Der stirbt doch eh bald, wir sollten lieber an uns
denken!". Notwendigkeiten werden durch kurzfristige Vorteile und
Populismus verdrängt. Die Gesellschaft zerfällt in ein „Wir und die
Anderen“. Am Ende spitzt sich der Konflikt zu einer sinnlosen und
gnadenlosen Hetzjagd auf den letzten Nicht-Jäger Ralph zu, in dessen Verlauf
sie die ganze Inseln anzünden, womit sie sich letztlich selbst die
Lebensgrundlage nehmen. Der „Herr der Fliegen“ ist ein altes Sinnbild des
Teufels. Der alttestamentliche Herr der Fliegen, der Ba'al Zevuv meint dabei
eine der Ba'al -Varianten, wie sie von den Phöniziern der Stadt Sidon
oder laut 2. Könige 1,2 auch von den Philistern als Wetter- und
Fruchtbarkeitsgott verehrt wurden. Wie alle Ba'ale und Astarten werden sie im
Alten Testament sehr negativ als »falsche Gottheit« und Sinnbild der Verführbarkeit
des Menschen dargestellt. Bei Golding wird Ba'al Zevuv, der ein Kriegsgott
war, dann zum Symbol für die kulturferne Gewaltbereitschaft des Menschen.
Personifiziert durch einen aufgespießten Schweineschädel voller Fliegen enthüllt
er seinen wahren Charakter: Das "Tier" in allen, das darauf wartet,
den Mensch zum Schlimmsten zu treiben. Die Zivilisation, aus der die Kinder
kamen, zerfällt auf der Insel im Nu. Die von Golding gewählte Symbolik soll
aber nicht heißen, dass die handelnden Menschen an der Verführung in die
Barbarei schuldlos sind. Vielmehr müssen sie die Bedingungen der Zivilisation
selbst schaffen und selbst erhalten. Leitfragen
Der Roman kann z.B. anhand folgender Leitfragen erarbeitet werden.
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