Materialien zum Ethikunterricht
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Markus Niederastroth Cold Calling – Belästigung durch unerwünschte Telefonwerbung Bürgerschaftliches Engagement zur Sicherung der eigenen Freiheit |
Drückerkolonnen „jagen“ Verbraucherinnen und Verbraucher per Telefon
Heute
klingelt die Drückerkolonne in der Regel nicht mehr an der Haustür, sondern am
Telefon. 300 Millionen unerwünschte Werbeanrufe pro Jahr meldete Ende 2007
der Verbraucherzentrale Bundesverband.
64 % der Deutschen wurden – so eine Umfrage – ohne deren Einverständnis
angerufen. Und das, obwohl diese Form der Kaltakquise,
das sogenannte Cold Calling, nach dem
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verboten war. Die Verbraucher
klagten nicht nur über die Störung ihrer
Privatsphäre durch den unerwünschten Anruf oder über vereinzelte, freche
Call-Center-Agents, sondern auch über die Uhrzeit, zu der sie belästigt
wurden. Die Agents riefen häufig morgens oder abends an, um auch Berufstätige
zu erreichen.
Möglich
wurden diese millionenfachen Gesetzesverstöße, weil die Täter ihre Identität
verschleiern konnten. Durch falsche Angaben zu ihrer Person und ihrem
Unternehmen sowie die Unterdrückung ihrer Rufnummer verhinderten sie, dass man
sie dingfest machen konnte – was im Ergebnis dazu führte, dass sich das
UWG-Verbot nicht durchsetzen ließ. Gegen diese Missstände setzten sich
Verbraucherschützer und zahlreiche Politiker ein. Sie forderten vom Gesetzgeber,
den Unternehmen den wirtschaftlichen
Anreiz für solche Anrufe zu nehmen.
Auf
der anderen Seite äußerte sich der Deutsche
Direktmarketing-Verband (DDV) besorgt um die Zukunft der
Direktmarketing-Branche. Falls Telefonwerbung oder das Abschließen von Verträgen
am Telefon generell verboten würden, bedeute dies einen massiven Schaden für
die Branche, die mit 30 Mrd. € Umsatz einen wichtigen Wirtschaftsfaktor
darstelle. Die Call-Center-Branche,
die über 400.000 Menschen beschäftigt, warnte gar vor Massenentlassungen.
Es
begann ein langwieriger Prozess, in dem sich sowohl die Vertreter der
Verbraucherinteressen als auch die Lobbyisten des DDVs unnachgiebig für ihre
Standpunkte einsetzten – was den Mitgliedern des DDVs natürlich sehr entgegen
kam: Denn solange das Recht nicht novelliert wurde, konnten sie mit ihren Geschäftspraktiken
fortfahren. Nach mehreren Jahren des zähen Verhandelns und regelmäßigen
Nachbesserns präsentierte die Bundesregierung am 4. August 2009 ihren
Kompromiss: Sie verbot den gewerblichen Anrufern ihre Rufnummern zu unterdrücken
und besserte bei den Widerrufsrechten nach.
Doch
ob durch das Artikelgesetz die Privatsphäre der Verbraucher wirklich besser vor
Störungen durch Telefonwerbung geschützt wird, hängt davon ab, in welchem Maße
· sich die Unternehmen in Zukunft an die Gesetze halten und
· die Verbraucher sich gegebenenfalls auch tatsächlich zur Wehr setzen.
Es
ist jedoch fraglich, ob sich die Verbraucher
in Zukunft mehrheitlich gegen die Belästigung durch unerlaubte Werbeanrufe
wehren werden, entstehen ihnen doch bei einer Beschwerde reale und Opportunitätskosten,
während die evtl. verhängten Geldbußen andere kassieren. Genauso fraglich ist
es, ob sich alle Unternehmen in
Zukunft an die neuen Regelungen halten werden. Denn so mancher machte sich
bereits Gedanken, wie man die neuen Regelungen umgehen könne. So wurde
beispielsweise darüber nachgedacht, die Verbraucher über Wegwerf-Nummern
anzurufen (vgl. direkt marketing 05 / 2009: 8). Dieser Service von
www.wegwerf-nummer.de leitete den Anruf des Werbenden auf eine eigens für ihn
neu generierte Nummer um, die er jederzeit wegwerfen und durch eine neue Nummer
ersetzen konnte. Dass dieser Dienst in Erwartung des neuen
Telekommunikationsgesetzes (TKG) und auf Betreiben der Bundesnetzagentur
eingestellt wurde, das Team von www.wegwerf-nummer.de aber gleichzeitig auf
seiner Homepage ankündigte, in Bälde eine Alternative anzubieten, zeigt
exemplarisch, worauf wir uns in Zukunft einstellen müssen: einen Wettlauf
zwischen Rechtsstaat und (Teilen der) Direktmarketing- und Call-Center-Branche.
Und
dies gilt selbstverständlich nicht nur für Cold Calls. Denn auch unerwünschte
E-Mails, Faxnachrichten oder SMS stellen Belästigungen dar.
Unerwünschte Telefonwerbung – Grenzen des Erlaubten und Lösungsansätze
Ob sich jemand belästigt fühlt, hängt natürlich von vielen situativen und individuellen Faktoren ab. Um hier nicht in eine gewisse Beliebigkeit abzugleiten, wird sich dieser ethos-Baustein auf die Belästigung durch unerwünschte Telefonwerbung konzentrieren. Andere telefonische Belästigungen sollen hier nicht betrachtet werden:
► Gefühlte Belästigung. Immer mehr Verbraucher empfinden bereits das Telefon und ihre eigene Erreichbarkeit als Last. Vor diesem Hintergrund sind unerwünschte Werbeanrufe natürlich besonders unwillkommen. Doch sind sie nicht Ursache, sondern nur Ausprägung des Problems: der Zerstörung der eigenen Privatsphäre durch eine freiwillige 24/7-Around-the-World-Erreichbarkeit. Da dieses private Problem aber nicht gesellschaftlich gelöst werden kann, wird es in diesem Baustein nicht thematisiert.
► Erbetene Belästigung. Auch problematisiert der Unterricht nicht, dass die Verbraucher oft zuvor um das, was sie später als Last empfinden, gebeten haben. Denn sicher fühlen sie sich belästigt, wenn
· sich der Versicherungsvertreter, den sie um einen Rückruf gebeten haben, unpassend meldet.
· sie den Werbeanruf, um den sie mit ihrem Kreuzchen im letzten Preisausschreiben gebeten haben, nun auch tatsächlich erhalten.
· sich die Zeitung, die ihnen ein Schnupper-Abo geschenkt hat, telefonisch danach erkundigt, ob ihnen das Produkt gefällt und sie dieses weiter beziehen möchten.
Doch haben die Verbraucher diesen Anrufen vorher ausdrücklich zugestimmt. Es handelt sich also nicht um unaufgeforderte Werbeanrufe, nicht um Cold Calls.
► Geduldete Belästigung. 86 % aller Deutschen fühlen sich nach einer forsa-Umfrage (www.vzbv.de/mediapics/telefonwerbung_forsa_umfrage_31082007.pdf) durch unaufgeforderte Werbeanrufe belästigt. Trotzdem haben sich bis heute nur 600.000 Menschen in die Robinsonliste des Interessenverbandes Deutsches Internet (www.robinsonliste.de) eintragen und damit den Werbe-Anrufen der Mitglieder dieses Verbandes widersprochen. Zudem nutzen relativ wenige Verbraucher das Blacklisting: Weisen sie während des Telefonats darauf hin, dass sie in Zukunft keine weiteren Anrufe wünschen, so kommt ihre Telefonnummer beim anrufenden Unternehmen auf eine Art schwarze Liste und wird in Zukunft nicht mehr angerufen (vgl. direkt marketing 06 / 2009: 48). Hier denken die Schülerinnen und Schüler in diesem ethos-Baustein weiter. Sie erschließen sich, dass es möglich und nötig ist, der eigenen Belästigung in einem vertretbaren Maße vorzubeugen.
► Keine Branchenschelte. 900.000 unerwünschte Outbound-Anrufe am Tag stellen eine Belästigung ungeheuren Ausmaßes dar. Trotzdem soll hier nicht die ganze Branche angeklagt werden. In deutschen Call-Centern kommunizieren weit über 400.000 Mitarbeiter jeden Tag 20.000.000 Mal mit Menschen per Telefon, Fax, E-Mail, Brief oder online. Im Inbound betreuen sie beispielsweise rund um die Uhr Notrufnummern von Feuerwehr, Krankenhäusern, Automobilclubs oder Versicherungen und helfen dann, wenn man sie braucht, freundlich und kompetent weiter. Genauso wenig soll hier die gesamte Direktmarketing-Branche an den Pranger gestellt werden – weiß der normale Direktmarketer doch sehr wohl, dass belästigte Verbraucher schnell Reaktanzen entwickeln und dann jeden Kontakt mit der Werbung verweigern. Allein schon um seine wertvollen Adressen nicht „zu verbrennen“, wird er jedwede Belästigung vermeiden.
► Interessengruppen. Das Thema Cold Calling berührt die Interessen
· der Call-Center, die im Outbound wegen ihres schlechten Images Umsatzeinbußen hinnehmen müssen (Dialogmarketing Deutschland 2008: 99).
· der Direktmarketer, die aufgrund der schwindenden Akzeptanz von Telefonmarketing neue Vertriebswege erschließen müssen.
· von rechtskonformen Unternehmen, die der unzulässige Wettbewerb benachteiligt.
· der Allgemeinheit, die durch die Cold Calls volkswirtschaftliche Schäden erleidet.
· der Adressaten, die durch die unerlaubten Telefonate belästigt werden.
Als potenzielle Opfer von Cold Calls erschließen sich die Schülerinnen und Schüler das Thema zunächst aus der Adressatenperspektive. Am Ende der Reihe beziehen sie weitere Perspektiven ein, um dadurch ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung lokalisieren zu können.
► Rechtsgebiete. Cold Calls betreffen sowohl im Privatrecht, wie im öffentlichen Recht, auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene verschiedene Rechtsgebiete und -kreise (vgl. Amann 2008: 7): Weil sich die Schülerinnen und Schüler diesen ethos-Baustein aus der Adressatenperspektive erschließen, beschäftigen sie sich nur mit nationalem Recht, nämlich dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Telekommunikationsgesetz (TKG) und insbesondere dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
► UWG. Nach § 7 (2) Nr. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen „bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer.“ Solche geschäftlichen Handlungen sind nach § 7 (1) S. 1 UWG unzulässig.
► Cold Calls. Eine unzumutbare Belästigung durch Werbeanrufe liegt also vor, wenn die Verbraucher diesen vorab weder ausdrücklich noch durch konkludentes Verhalten zugestimmt haben (sogenannte Opt-in-Regelung). Dabei geht es den meisten Cold Calls inhaltlich um Telekommunikation, also z. B. um Telefon- und Internetdienste, um Lotterien oder Tippgemeinschaften und um die Beglückwünschung zu einem Gewinn, so ein Ergebnis der forsa-Befragung (s. o.). Bereits diese Gesprächsanlässe zeigen, dass es hier i. d. R. nicht darum geht, eine dauerhafte, gute Geschäftsbeziehung anzubahnen. Stattdessen geht es um den schnellen Abschluss und das schnelle Geld: „Anpirschen, überrumpeln, ohnmächtig quatschen und dann den verdutzten Kunden mit einem Knebelvertrag gefangen nehmen …“ (vgl. Limbeck 2009: 26) könnte die Devise lauten.
Während der Cold Calls werteten rhetorisch geschulte Call-Center-Agents dann falls nötig bereits marginale Zustimmungen ihrer Opfer als eine auf einen Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung. Was dazu führte, dass allein in Nordrhein-Westfalen den Verbraucherzentralen jährlich 40.000 Fälle von untergeschobenen Verträgen gemeldet wurden.
Darüber hinaus dürfte es nach Informationen des Bundesministeriums der Justiz in einigen Fällen zu Betrug und Nötigung gekommen sein (vgl. Bericht vom 26. Juni 2007: 1). So wurde beispielsweise in Cold Calls behauptet, Verbraucher hätten Geld gewonnen und man benötige jetzt nur noch die Bankverbindung. Doch statt Geld zu überweisen, wurde Geld abgebucht (vgl. Finanztest 7/2009: 20). Und vielleicht um ganz sicher zu gehen, dass sich die Menschen später nicht beschweren, rief ein Call-Center ganz gezielt die Teilnehmer von Alzheimer-Selbsthilfegruppen an (vgl. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, 26. März 2009: 23148).
► Das
Artikelgesetz vom 4.08.2009. Weil erst Anonymität und
Rufnummernunterdrückung unseriöse Geschäftspraktiken in diesem Ausmaß ermöglichten,
verbot der Gesetzgeber den gewerblichen Anrufern ihre Rufnummer zu unterdrücken.
Zusätzlich besserte er bei den Widerrufsrechten
nach:
TKG: Nach § 66 j (1) müssen die Werbung treibenden Unternehmen nun sicherstellen, dass bei ihren Anrufen eine vollständige, national signifikante Rufnummer übermittelt und als solche gekennzeichnet wird. Deutsche Rufnummern für Auskunftsdienste (118xx), Massenverkehrsdienste (0137x), Neuartige Dienste (012) oder Premium-Dienste (0900) sowie Nummern für Kurzwahl-Sprachdienste (0137x) dürfen nicht als Rufnummer des Anrufers übermittelt werden. Darüber hinaus dürfen andere an der Verbindung beteiligte Anbieter die übermittelten Rufnummern nicht verändern. Bei Verstößen gegen das Verbot der Rufnummernunterdrückung droht eine Geldbuße bis zu 10.000 €.
UWG: Verstöße gegen das Verbot der unerlaubten Telefonwerbung in § 7 Abs. 2 können mit einem Bußgeld bis zu 50.000 € geahndet werden. Außerdem besteht weiterhin ein Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Anrufer fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Bei vorsätzlichem Handeln sieht das UWG sogar einen Anspruch auf Gewinnabschöpfung vor.
BGB: Das Widerrufsrecht im Fernabsatz wurde ausgeweitet. Nun können auch telefonische Abonnementverträge über die Lieferung von Zeitungen und Illustrierten sowie über Lotterie- und Wettdienstleistungsverträge widerrufen werden. Die Widerrufsfrist von zwei Wochen bzw. einem Monat beginnt, nachdem die Verbraucher eine Belehrung über ihr Widerrufsrecht in Textform erhalten haben. Bei unerlaubten Werbeanrufen beträgt die Frist regelmäßig einen Monat.
Weiterhin werden Anbieterwechsel, die eine Umstellung im
Hintergrund (z. B. Strom, Gas, Wasser oder auch Telefon) voraussetzen, erst gültig,
wenn der Kunde den Wechsel schriftlich bestätigt. Mit dieser Bestätigungslösung
soll das sogenannte Slamming
verhindert werden.
► Keine generelle Bestätigungslösung. Verbraucherschützer forderten während des Gesetzgebungsverfahrens eine solche Bestätigungslösung für alle Verträge, die bei Cold Calls geschlossen werden. Denn Cold Calls blieben für Unternehmen attraktiv, solange man hier wirksame Verträge abschließen und Gewinn machen könne. Die Justizministerin hingegen verteidigte das neue Artikelgesetz. Es schütze die Verbraucher und belaste die Wirtschaft nicht mit unpraktikablen Regelungen. Mit einer generellen Bestätigungslösung hätte man den Verbrauchern Steine statt Brot gegeben, so Zypries bei der abschließenden Beratung des Gesetzes zum Schutz vor unerlaubter Telefonwerbung am 26. März 2009 im Deutschen Bundestag. Es sei nicht ihr Ziel gewesen, Vertragsabschlüsse am Telefon grundsätzlich zu „verunmöglichen“ und den Verbrauchern damit beispielsweise die Chance zu nehmen, ihre Pizza telefonisch zu bestellen. Bemerkenswert ist, dass beide Seiten nicht die Belästigung der Verbraucher in den Mittelpunkt ihrer Argumentationen stellten. Ministerin Zypries ging in ihrer Rede sogar kein einziges Mal auf diese ein.
► Individuum
oder Staat? Die gegensätzlichen Standpunkte zur Bestätigungslösung
zeigen sehr deutlich, welches ethische Problem diesem Baustein zugrunde liegt, nämlich
divergierende Vorstellungen vom richtigen „Ort“ der Moral in der
Marktwirtschaft (vgl. Ulrich 2008: 309).
Weil die Verbraucherschützer erleben, dass Verbraucher erst aktiv
werden, wenn ihnen telefonisch ein Vertrag untergeschoben wurde (vgl. Finanztest
8/2006: 13), machen sie sich konsequenterweise für eine Institutionenethik
stark und fordern die ethischen Momente in Form von Rechtsnormen in das Handeln
der Wirtschaftssubjekte hineinzuvermitteln.
Der Gesetzgeber hingegen orientiert sich am Verbraucherleitbild eines umfassend informierten, kritischen, aufmerksamen und vernünftigen Verbrauchers und favorisiert u. a. aus Gründen der Rechtsdogmatik (vgl. Rede der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries MdB, bei der abschließenden Beratung des Gesetzes zum Schutz vor unerlaubter Telefonwerbung am 26. März 2009 im Deutschen Bundestag) eine Individualethik. Dabei trägt er dafür Sorge, dass die Verbraucher in die Lage versetzt werden, sich gegen Cold Calls zu wehren. Aktiv werden müssen sie dann aber selber.
Abb. 1: Der durch
Cold Calls belästigte Verbraucher zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Staat
Quelle: eigene Darstellung in
Anlehnung an Retzmann 2006: 298.
Unterrichtsplanung: Vom Adressaten zum intervenierenden Bürger
► Intentionen. Wenn eine freundliche Stimme die magischen Worte „gratis“, „kostenlos“ oder auch „Gewinn“ in den Telefonhörer säuselt, sind viele Verbraucher gerne bereit, sich auf einen Cold Call einzulassen. Deshalb verfolgt dieser ethos-Baustein das Ziel, die Schülerinnen und Schüler über Cold Calls aufzuklären und sie zu befähigen und zu ermutigen, sich gegen diese zu Wehr zu setzen. Damit sie im Falle eines Cold Calls nicht einfach nur den Telefonhörer auflegen und verärgert mit ihrem Tagesgeschäft fortfahren, reflektieren die Schülerinnen und Schüler am Ende dieses Bausteins, dass das, was als ökonomisch rational erscheint, aus umfassenderer gesellschaftlicher Sicht noch lange nicht vernünftig sein muss. Sie lernen Gesellschaft nicht nur als Marktzusammenhang, sondern als Rechts- und Solidarzusammenhang zu denken und dass eine wohlverstandene Freiheit in der größtmöglichen Freiheit aller Marktteilnehmer besteht (vgl. Ulrich 2001: 2).
Unterrichtsverlauf
► Vorbereitung. Die Klasse liest zu Hause den Artikel „Undercover“ von Günter Wallraff (DIE ZEIT Nr. 22 vom 24.05.2007, online verfügbar unter www.zeit.de/2007/22/Guenter-Wallraff).
1. Schritt: Als Einstieg wird der Film „Bei Anruf Abzocke“ geschaut. Dieser Film kann kostenlos bei Frontal21 per E-Mail (mu.frontal@zdf.de oder huettmann.h@zdf.de) bestellt werden. Ihre E-Mail sollte folgende Informationen beinhalten: den Titel („Bei Anruf Abzocke“), das Sendedatum (11.12.2007) und einen Hinweis darauf, dass der Film für Schulungszwecke benötigt wird. Sollten Sie in Ihrem Klassenraum keinen Film sehen können, sieht die Klasse den Film zu Hause [à M 1]. Anschließend werden der Artikel und der Film besprochen. Dabei wird vertieft und an der Tafel festgehalten, unter welchen Bedingungen ein Werbeanruf verboten ist.
Hausaufgabe: Die Schülerinnen und Schüler recherchieren, ob sie Menschen kennen, die bereits Opfer von Cold Calls geworden sind und halten schriftlich fest, wie man diese am Telefon überrumpelt hat.
2. Schritt: Es werden die Unterschiede zwischen telefonischer und schriftlicher Kommunikation erarbeitet und an der Tafel festgehalten. Dabei wird auf die Filmszenen eingegangen, in denen die Call-Center-Agents rhetorisch geschult werden (vgl. zusätzlich Finanztest 12/2006: 17-19).
In diesem Zusammenhang könnten auch folgende Regeln thematisiert werden:
·
AIDA:
attention, interest, desire, action
·
KISS:
Keep it simple and stupid
·
PPPP:
picture, promise, proof, push
·
PAVE:
persönlich, authentisch, vorteilhaft und einfach
Abschließend wird der Frage nachgegangen, warum es den Agents so leicht fällt, die Verbraucher kalt zu erwischen, welche latenten Bedürfnisse sie ansprechen. Mögliche Antworten:
·
Einsamkeit:
Nicht selten freuen sich insbesondere ältere oder auch kranke Verbraucher, wenn
ein Anruf sie aus der Tristesse ihrer heimischen vier Wände herausreißt.
·
Neugier:
Gerade junge Verbraucher sind oft neugierig und fühlen sich geschmeichelt, wenn
sie wertschätzend als adäquate Geschäftspartner umworben werden.
·
Unwissenheit:
Dies betrifft bestimmt nicht nur den Imbiss-Buden-Besitzer aus dem Film.
·
Leichtsinn:
Viele Verbraucher verkennen die Situation und glauben, dass ihnen ein Telefonat
mit einem netten Agent schon nicht schaden wird.
·
Gier:
Es scheint die Gier über die Ratio zu siegen, wenn Menschen, die sich nicht
daran erinnern können an einem bestimmten Glückspiel teilgenommen zu haben –
vielleicht sogar prinzipiell nicht an solchen teilnehmen – bereitwillig ihre
Bankdaten preis geben, um einen Gewinn zu erhalten.
·
Ignoranz:
Menschen, die beispielsweise auf die Masche mit den „garantierten“ Gewinnen
hereinfallen, scheinen zu ignorieren, dass Unternehmen das Geld für diese
Gewinne irgendwie verdienen müssen und dass sie es sind, mit denen die
Unternehmen dieses Geld erwirtschaften.
·
Leichtgläubigkeit:
Niemand ruft wildfremde Menschen an, um ihnen Geld zu schenken. Hier sollte
ein Verbraucher stutzig werden anstatt den Agent herzlich willkommen zu heißen.
Ähnlich stutzig sollten sie übrigens werden, wenn unbekannte Unternehmen im Internet oder auf offener Straße
„kostenlos“ Autos verlosen. Denn natürlich hat die Teilnahme an der
Verlosung einen Preis: Sie kostet die eigene Adresse und den Schutz der
Privatsphäre.
Hausaufgabe: Die Schüler hören sich die Beispiele auf www.nicht-anrufen.de/anrufe.php an und halten schriftlich fest, wie die Agents den Einstieg ins Gespräch suchen. Zudem können die Schüler hier mitverfolgen, wie es den Herren Mattstedt gelingt, am Telefon weder persönliche Daten preis zu geben noch in irgendwelche Geschäfte einzuwilligen. Da die Schülerinnen und Schüler i. d. R. nicht über dieses rhetorische Geschick verfügen, empfiehlt es sich, sie darauf hinzuweisen, dass das Vorgehen des Herrn Mattstedt zwar lustig aber nicht nachahmenswert ist.
Sollten Ihre Schüler jedoch glauben, dass sie über diese rhetorische Finesse verfügen, bietet es sich an, mit ihnen ein paar Runden „Ja Nein Schwarz Weiß“ (vgl. www.spielewiki.org) zu spielen. Hier zeigt sich schnell, wie leicht man einem versierten Frager auf den Leim gehen kann.
Hinweis: Wir verweisen auf diese Interviews nur deshalb, weil wir so die Schülerinnen und Schüler mit den Tricks der Call-Center-Agents vertraut machen können. Jedoch empfehlen wir mit den Lernenden zu problematisieren, ob das Vorgehen der Herren Mattstedt ethisch korrekt ist. Schließlich verstellen sie sich, erwecken einen falschen Eindruck, schneiden Gespräche mit ohne die Betroffenen vorher darüber zu informieren und veröffentlichen diese Gespräche dann auch noch weltweit. Es sollte mit den Lernenden erarbeitet werden, ob dieses Vorgehen nicht ethisch kritisch ist.
3. Schritt: Nach dem Besprechen der Hausaufgaben erstellen die Schülerinnen und Schüler ein einfaches Flussdiagramm, das einen typischen Gesprächsverlauf abbildet (vgl. Krumm 2005: 46 oder www.new-spm.de/previews/tmi.html; ein eher erheiterndes Modell bietet übrigens www.xs4all.nl/~egbg/duits.pdf).
4. Schritt: Nach der Präsentation der Flussdiagramme wird thematisiert, wie die Agents mit Einwänden umgehen [à M 2]. Auch hier können wieder relevante Filmszenen herangezogen werden. Anschließend erweitern die Schülerinnen und Schüler ihr Flussdiagramm, indem sie mögliche Einwände der Agents einarbeiten und Möglichkeiten entwickeln, wie sie persönlich ein solches Gespräch höflich aber bestimmt beenden wollen.
5. Schritt: Nach der Präsentation der erweiterten Flussdiagramme können diese Gespräche in Rollenspielen nachempfunden werden – ähnlich wie dies Günter Wallraff in dem Film tut.
6. Schritt: Nun überlegen sich die Schülerinnen und Schüler, von wem sie angerufen werden wollen und wem sie folglich welche Daten geben dürfen. [à M 3]
7. Schritt: Anschließend informiert sich die Klasse arbeitsteilig darüber, wie man sich gegen Cold Calls – über eine geeignete Gesprächsführung hinaus – zur Wehr setzen kann, nämlich
·
ex ante
online bei der Robinsonliste des
Interessenverbandes Deutsches Internet (www.robinsonliste.de).
·
ex post
online bei der Bundesnetzagentur (www.bundesnetzagentur.de) in der Rubrik „Rufnummernmissbrauch
– Spam – Unerlaubte Telefonwerbung“.
·
ex post
real bei der Verbraucherzentrale in ihrer Nähe. (Um diese Gruppe nicht ungleich
in die Pflicht zu nehmen, sollte mit den Schülern vereinbart werden, dass sie
mit den Mitarbeitern der Verbraucherzentrale die Themen Widerspruch und
Mahnbescheid nicht besprechen.)
Bevor es los geht, werden im Plenum relevante Fragen zusammengetragen, die Güte der Antworten besprochen und eine Gliederung für die Präsentation der Ergebnisse festgelegt. Weiterhin sollte eine gemeinsame Form der Ergebnispräsentation vereinbart werden. Hier bieten sich Lernplakate an.
Optional: In Abhängigkeit von der Klassengröße besteht die Möglichkeit, das Thema an dieser Stelle etwas breiter zu machen: Denn die Verbraucher können darüber hinaus kostenlos
·
durch Blacklisting den Anrufen
bestimmter Unternehmen widersprechen.
·
durch Werbung-verboten-Aufkleber an
ihren Briefkästen dem Bezug von nicht
adressierten Postwurfsendungen widersprechen.
·
durch einen Eintrag in die
Robinsonliste des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (www.direktmarketing-info.de/mailing/Robinsonliste.pdf)
entweder dem Bezug aller adressierten
Werbebriefe (Alternative A) oder dem Bezug adressierter Werbebriefe aus bestimmten Angebotsbereichen
(Alternative B) durch dessen Verbandsmitglieder widersprechen.[1]
·
durch einen Eintrag in die
Robinsonliste des Interessenverbandes Deutsches Internet (www.robinsonliste.de)
den Werbe-E-Mails und -SMS
der Mitglieder dieses Verbandes widersprechen.
·
Newsletter
abbestellen.
·
durch einen Eintrag in die
Robinsonliste des Bundesverbandes Informationswirtschaft Telekommunikation und
Neue Medien der Fax-Werbung durch
dessen Mitglieder widersprechen. (www.retarus.com/de/robinsonliste/index.php)
Falls dieses breitere Unterrichtsdesign gewählt wird, könnte nach der Präsentation der Lernplakate im Plenum noch thematisiert werden,
·
warum die erste Robinsonliste überhaupt
ins Leben gerufen wurde,
·
(www.bundestag.de/dasparlament/2006/34-35/Thema/035.html),
·
warum beispielsweise der Deutsche
Dialogmarketing Verband von den Verbrauchern fordert, ihm auf dem Postweg zu
schreiben, während der Interessenverband Deutsches Internet eine
niederschwellige Möglichkeit im Internet anbietet,
·
hinter welcher Robinsonliste wessen
Interessen stecken und
·
warum es manchmal schwerer und
manchmal leichter fällt einen Newsletter abzubestellen.
8. Schritt: Nun erarbeiten die Lernenden mithilfe
eines Arbeitsblattes [à M 4],
wo die Privatsphäre geschützt ist und wie weit Werbung gehen darf.
9. Schritt: Bis jetzt haben die Schüler gelernt, wie man telefonischen Belästigungen vorbeugt, wie man sich während eines Cold Calls verhält und wie man danach reagieren kann. Auf diesem Fundament machen sie nun den für diesen ethos-Baustein relevanten Schritt: Sie erschließen sich, warum sie reagieren müssen – dass es Freiheit nicht zum Nulltarif gibt.
Um ihre persönliche Verantwortung lokalisieren zu können, lernen sie zunächst, wo und wie die für das Thema Cold Calling verantwortlichen Akteure und Instanzen Verantwortung übernehmen. Hierfür wird mit ihnen gemeinsam die Topologie aus der Sachanalyse an der Tafel entwickelt – oder ihnen diese vorgestellt.
10. Schritt: Darauf aufbauend beantworten sich die Schülerinnen und Schüler dann in einem Fishbowl [à M 5] die Frage, welche Form und welches Ausmaß der Verantwortungsübernahme ihnen selber möglich und zumutbar sind und welche institutionellen Rückenstützen sie benötigen (vgl. Retzmann 2006: 327), um einerseits nicht auf den Komfort telefonischer Geschäfte verzichten zu müssen und auf der anderen Seite den Abzocker nicht hilflos ausgeliefert zu sein. Beim Thema „Cold Calling“ muss von den Beteiligten eine Eigenleistung erbracht werden, um das gesellschaftliche Problem zu lösen. Es geht also darum die Institutionenethik mit der Individualethik zu kombinieren.
Dass an das Ergebnis dieses Fishbowls keine zu hohen Erwartungen gestellt werden, versteht sich von selbst und sollte mit der Klasse vorab auch thematisiert werden. Denn natürlich kann die Klasse nicht in einer Schulstunde eine Lösung herbeizaubern, um die Juristen, Lobbyisten und Verbraucherschützer mehrere Jahre hart gerungen haben. Die Verteilung von Verantwortlichkeiten dient ausschließlich dem Zweck, die eigene Verantwortlichkeit lokalisieren und deren Ausmaß beschreiben zu können und darf entsprechend rudimentär sein – muss sie aber natürlich nicht.
► Fishbowl. Im Unterricht wird folgendermaßen vorgegangen:
1. Die Klasse
liest „Deutsche Call-Center bald in Indien?“. [à
M 5]
2. Der Klasse
werden die Fishbowl-Methode und die Rollen dieses Fishbowls vorgestellt.
3. Die Klasse
verteilt sich gleichmäßig auf die Rollen.
4. In einer kurzen
Gruppenarbeitsphase erarbeiten sie sich ihre Rolle.
5. Dann wird das Fishbowl durchgeführt. (Falls möglich in einer Doppelstunde)
6. Anschließend wird das Fisbowl im Plenum ausgewertet. Dabei wird zunächst auf die Form der Auseinandersetzung eingegangen. Leitfragen könnten hier sein:
·
Wurde eher konfrontativ oder
kooperativ argumentiert?
·
Wurde eher emotional oder sachlich
argumentiert?
·
War die Form der Auseinandersetzung
angemessen oder unangemessen?
Anschließend findet eine Auswertung des Inhalts statt. Leitfragen könnten hier sein:
·
Wo lagen die Schwerpunkte des
Fishbowls?
·
Welche Punkte wurden thematisiert
und welche nicht?
·
Wo weicht die Schülerlösung von
der deutschen Lösung ab?
7. Als Ergebnis wird festgehalten,
·
was diese Erkenntnis für die Schüler
bedeutet.
·
ob und gegebenenfalls wo diese ihr
Verhalten verändern wollen.
·
was die Schüler aus diesem
Fishbowl über das Verhältnis von Markt und Staat in der sozialen
Marktwirtschaft lernen konnten – gegebenenfalls, dass hier die Kurzformel gilt
„So viel Markt wie möglich, so viel Staat wie nötig“.
·
in welchen Bereichen ähnliche
Probleme bestehen, beispielsweise bei Spam, SMS oder Fax, und wie man sich als
verantwortungsbewusster Wirtschaftsbürger hier verhalten sollte.
► Lehrpläne. Der Verbraucherschutz wird mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen durchgängig in den Bildungsplänen der allgemein bildenden und beruflichen Schulen als zu unterrichtender Inhalt vorgegeben.
► Lernvoraussetzungen. Grundkenntnisse der Ökonomik und zum Widerruf.
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Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. März 2009: dip21.bundestag.de/dip21/btp/16/16214.pdf
Finanztest (8/2006): Am Sonntag kalt erwischt. Kostenloser Download: www.test.de/themen/steuern-recht/meldung/Verbotene-Telefonwerbung-Am-Sonntag-kalt-erwischt-1398065-1397008/
Finanztest (12/2006): Illegaler Kundenfang. Kostenloser Download: www.test.de/themen/steuern-recht/meldung/Verbotene-Telefonwerbung-Illegaler-Kundenfang-1447432-1447123/
Finanztest (07/2009): Stoppen Sie lästige Anrufer. Kostenpflichtiger Download: www.test.de/themen/steuern-recht/meldung/-Telefonwerbung/1783837/1783837/1783242/
forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analyse mbH (2007): Telefonwerbung: www.vzbv.de/mediapics/telefonwerbung_forsa_umfrage_31082007.pdf
Krumm, Rainer / Geissler, Christian (2005): Outbound-Praxis. Aktives Verkaufen am Telefon erfolgreich planen und umsetzen: books.google.de/books?id=u0bxsOIzZ7AC&printsec=frontcover&dq=Outbound-Praxis
Limbeck, Martin (2009): Das neue Hardselling: Verkaufen heißt verkaufen – So kommen Sie zum Abschluss: books.google.de/books?id=r5xRuCQIZ9oC&pg=PP1&dq=Das+neue+Hardselling
Ulrich, Peter (2001): Wirtschaftsbürgerkunde als Orientierung im politisch-ökonomischen Denken: www.sowi-onlinejournal.de/2001-2/wirtschaftsbuergerkunde_ulrich.htm
M 1
Cold Calling – Bei Anruf Abzocke
Alternative I:
Bitte lesen Sie sich zu Hause den Artikel „Undercover“ von Günter Wallraff durch. Sie finden diesen auf
http://www.zeit.de/2007/22/Guenter-Wallraff
und
http://pdf.zeit.de/2007/22/Guenter-Wallraff.pdf
Alternative II:
Bitte schauen Sie sich zu Hause den Film „Bei Anruf Abzocke“ von Günter Wallraff und Pagonis Pagonakis an. Sie finden ihn beispielsweise unter:
http://www.myvideo.de/watch/3041232/Bei_Anruf_Abzocke_Die_Reportage_Teil_1
http://www.myvideo.de/watch/3041480/Bei_Anruf_Abzocke_Die_Reportage_Teil_2
http://www.myvideo.de/watch/3041923/Bei_Anruf_Abzocke_Die_Reportage_Teil_3
http://www.myvideo.de/watch/3042054/Bei_Anruf_Abzocke_Die_Reportage_Teil_4
http://www.myvideo.de/watch/3042370/Bei_Anruf_Abzocke_Die_Reportage_Teil_5
http://www.myvideo.de/watch/3043054/Bei_Anruf_Abzocke_Die_Reportage_Teil_6
http://www.myvideo.de/watch/3043257/Bei_Anruf_Abzocke_Die_Reportage_Teil_7
http://www.myvideo.de/watch/3043414/Bei_Anruf_Abzocke_Die_Reportage_Teil_8_END
oder
http://www.truveo.com/bei-anruf-abzocke-teil-1/id/3397367889
http://www.truveo.com/bei-anruf-abzocke-die-reportage-teil-2/id/517246126
http://www.truveo.com/bei-anruf-abzocke-die-reportage-teil-3/id/2369114018
http://www.truveo.com/bei-anruf-abzocke-die-reportage-teil-4-doenerking/id/2989071262
http://www.truveo.com/bei-anruf-abzocke-die-reportage-teil-5/id/3707248198
http://www.truveo.com/Bei-Anruf-Abzocke-Die-Reportage-Teil-6/id/290952709
http://www.truveo.com/bei-anruf-abzocke-die-reportage-teil-7/id/721392164
http://www.truveo.com/bei-anruf-abzocke-die-reportage-teil-8-end/id/498642188
http://www.truveo.com/tvkritik-g%C3%BCnter-wallraffs-comeback-bei-anruf/id/1827988110
Weiterhin war der Film im Frühjahr 2010 auf
video.aol.com, it.truveo.com, es.truveo.com, de.truveo.com, br.truveo.com,
www.videospider.tv, mx.truveo.com, au.truveo.com oder auch tr.truveo.com
eingestellt.
M 2
Gesprächsrhetorik: Der Umgang mit Einwänden der Angerufenen
Martin Limbeck, der Autor von „Das neue Hardselling“, übersetzt ein „Nein“ seiner Kunden mit „Ich bin noch nicht überzeugt!“ oder mit „Noch Ein Impuls Notwendig“. Ein Call-Center-Agent wird also, wenn er Limbecks Übersetzung folgt, auch in einem Telefonat alles versuchen, um seinen Gesprächspartner nicht zu verlieren.
Bei Ablehnung verwendet er verschiedene Tricks und Floskeln, um weiterhin im Gespräch zu bleiben. So sind beispielsweise folgende Gesprächssequenzen denkbar:
► Ich habe keine Zeit.
Aus diesem Grund rufe ich Sie an. Mit meiner Beratung erschließen Sie sich dieses Thema wesentlich schneller. Da es für Sie wichtig ist, sollten Sie sich die Zeit nehmen …
► Ich habe keinen Bedarf.
Danke, dass Sie das gleich so offen sagen. Mal abgesehen davon, dass Sie zurzeit keinen Bedarf haben, ist es für Sie doch sicherlich wichtig zu erfahren, dass ...
► Ich habe kein Interesse.
Das kann ich verstehen. Mal davon abgesehen, dass Sie zurzeit kein Interesse haben, ist es für Sie doch sicherlich interessant ...
► Sie
wollen mir doch nur etwas verkaufen!
Ich finde es toll, dass Sie so offen sind. Deshalb möchte ich Sie fragen, unter welchen Umständen Sie etwas kaufen würden…
► Ich habe kein Geld.
Das kann ich gut verstehen. Aber gerade dann ist es doch für Sie interessant zu erfahren, wo Sie regelmäßig Geld sparen können …
► Schicken Sie mir erst einmal die Unterlagen.
Seien wir doch einmal ehrlich: Mit gedruckten Unterlagen, so informativ diese auch sein mögen, finden Sie das doch nie heraus …
► Das will ich mir noch einmal überlegen.
Liebe Frau…/ Lieber Herr …, dann lassen Sie uns doch gemeinsam überlegen. Dann kann ich Ihnen Ihre Fragen sofort beantworten.
► Das ist mir zu teuer.
Ich verstehe Sie. Genau das habe ich auch gedacht, als ich den Preis zum ersten Mal gehört habe. Dann habe ich das Produkt aber wegen … doch ausprobiert. Und zu meinem Erstaunen …
► Sie sind heute schon die Vierte, die anruft.
Liebe Frau…/ Lieber Herr …, da sehen Sie, wie wichtig dieses Thema ist. Und gerade für Sie dürfte es besonders interessant sein, weil ...
Weitere Informationen zum Umgang mit Einwänden erhalten Sie beispielsweise bei Martin Limbeck „Aus „Nein“ mach’ „Ja“ – DAS NEUE HARDSELLING® in der Einwandbehandlung“ auf www.ml-trainings.de/site/pdfs-presse/asscompact_04-07.pdf und im managerTool Präsentation unter praesentation.managertool.ch/content/_Einwandbehandlung_Informationen.pdf.
Aufgabe:
Erweitern Sie Ihr Flussdiagramm, indem sie mögliche Entgegnungen der Agents einarbeiten und Möglichkeiten entwickeln, wie Sie persönlich ein solches Gespräch freundlich und bestimmt beenden können.
M 3
Woher bekommt ihr meine Daten?
Immer wieder
wird Maximilian P., Geschäftsführer einer Kommunikationsagentur, von
neugierigen Freunden gefragt, wie ein normaler Direktmarketer an seine Daten
kommt. Maximilian erklärt dann, dass die Verbraucher ihre Daten auf
verschiedenen Wegen freiwillig anbieten:
Erste Daten geben sie bereits durch ihren Eintrag in Telefonbüchern oder Telefaxverzeichnissen preis.
Zusätzlich teilen sie dem Direktmarketer in Preisausschreiben, die offensichtlich ausschließlich dem Sammeln von vermiet- und bewerbbaren Adressen dienen, mit, wie dieser sie telefonisch erreichen kann und wo sie wohnen. Wobei die Kenntnis des Wohnortes dem Direktmarketer zusätzlich auch noch ermöglicht, Rückschlüsse über den gesellschaftlich-wirtschaftlichen Status dieser Verbraucher, ihren Migrationshintergrund, die Größe ihres Haushaltes usw. zu ziehen. Der Direktmarketer nimmt also ausgehend vom Wohnort eine soziodemographische Klassifikation dieser Verbraucher vor.
In Konsumentenbefragungen plaudern die Verbraucher dann so richtig aus dem Nähkästchen. Und das, obwohl man sie vorher darüber informiert hat, dass keine anonymen sondern personenbezogene Daten erhoben werden.
Durch EC-, Kredit-, Kunden- und Bonuskarten teilen sie dem Direktmarketer mit, was sie wo gerne einkaufen. Der Kauf von Waren mit RFID- Chips[2] rundet das Bild dann ab.
Im Internet hinterlassen sie digitale Spuren, die dem Direktmarketer durch Webtracking[3] weitere Einblicke ermöglicht. In Blogs, Foren und Social Media Plattformen wie studiVZ, Facebook oder Twitter teilen die Verbraucher der Welt – also auch dem Direktmarketer – mit, was sie berührt und interessiert. Und auf den Homepages diverser Organisationen stellt sich so mancher gleich mit seinem ganzen Lebenslauf inklusive Geheimnummer vor.
Doch wäre es viel zu aufwendig, wenn jeder Direktmarketer immer alle Daten selbst sammeln müsste. Deshalb greift dieser gerne auf die Daten zurück, die andere gesammelt haben. Denn viele Unternehmen vermieten ihre Daten für genau abgegrenzte Werbekampagnen. Rechtsgrundlage für diesen Adresshandel ist das sogenannte Listenprivileg im deutschen Datenschutzrecht.
„Wie umfassend die Spuren sein können, die ein jeder hinterlässt, berichtet Martin Franssen, ehemaliger Unternehmensberater bei American Express: Über zehn Jahre können die großen Anbieter von Kreditkarten zurückverfolgen, wo sich der regelmäßige Kartennutzer aufhält, wo er schläft, ob er viel reist, viel trinkt, für Zigarren schwärmt oder Frauen (zu) teure Geschenke macht.
Abends im Schlafzimmer fürchten sich die Deutschen vor Spannern und ziehen die Vorhänge zu. An der Ladentheke werden sie zu Exhibitionisten.“
Quelle:
Hamann, Götz / Rohwetter, Marcus: Datenschutz - Wir
werden täglich ausgespäht, in DIE
ZEIT Nr.48 vom 18.11.2004.
Aufgabe:
1. Beziehen Sie Stellung zu folgender Aussage: Der Direktmarketer muss sich nicht als Eindringling in die Privatsphäre der Verbraucher fühlen. Schließlich verkaufen ihm die Verbraucher einen großen Teil ihrer Privatsphäre bereitwillig für die Teilnahme an Preisausschreiben, ein paar Prämienmeilen, Bonuspunkte oder ein bisschen virtuelle Selbstdarstellung.
2. Überlegen Sie, wo Sie selber schon persönliche Daten, insbesondere ihre Telefonnummer, zur Verfügung gestellt haben.
3. Überlegen Sie, ob, wo und wie Sie die Preisgabe persönlicher Daten in Zukunft vermeiden wollen.
M 4
Der Schutz der Privatsphäre vor Werbung – wie weit geht er?
Was ist die
Privatsphäre?
Die Privatsphäre eines Verbrauchers ist der Bereich, der nicht öffentlich ist. Es ist ein zweckfreier Bereich, dessen Gestaltung alleine dem jeweiligen Verbraucher unterliegt und nur ihn etwas angeht.
Welchen
Schutz genießt die Privatsphäre?
Die Privatsphäre wird durch die Rechtsordnung geschützt:
Art. 2 Abs. 1 GG
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige
Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
in
Verbindung mit
Art. 1 Abs. 1 GG
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen
ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Warum wird
die Privatsphäre vor Telefonwerbung geschützt?
Die Privatsphäre ist aus vielen Gründen als schutzwürdig einzustufen. Beispielsweise …
… um die Verbraucher vor Belästigung zu schützen.
… weil sich die Verbraucher ihr Telefon in der Regel aus bestimmten Gründen haben freischalten lassen, zum Beispiel um mit Familie und Freunden telefonieren zu können. Würde man nun Telefonwerbung erlauben, würden bald sehr viele Firmen anrufen. Dies hätte zur Konsequenz, dass der Telefonanschluss für ins Gewicht fallende Zeiten blockiert und zunehmend seinem ursprünglichen Zweck entfremdet würde.
… weil Telefonwerbung die Gefahr einer Überrumpelung in sich birgt. Bei Cold Calls telefonieren rhetorisch und psychologisch geschulte Personen, denen sich der Angerufene meist nur sehr schwer und unter Verletzung der Höflichkeitsregeln entziehen kann.
Ab wann
wird die Privatsphäre verletzt?
Sobald der Anrufer gewählt hat und deshalb das Telefon des Angerufenen klingelt, ist dessen Privatsphäre verletzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Angerufene überhaupt den Hörer abnimmt. Die Verletzung liegt in der fehlenden Einwilligung des Anschlussinhabers.
Quelle: Rechtsanwalt
Christian Beyerle auf www.anwalt.de/rechtstipps/amtsrichter-verweigert-schutz-gegen-unerwuenschte-telefonwerbung_004388.html
Aufgabe:
Diskutieren Sie in der Klasse, warum der Gesetzgeber die Privatsphäre vor Telefonwerbung schützt, nicht aber vor
· Werbung im Internet,
· Werbung im Fernsehen und
· Haustürwerbung.
M 5
Deutsche Call-Center bald in Indien?
Verbraucherschützer fordern Bestätigungslösung
Die Amerikaner machen es schon lange vor. Weil die meisten Inder gut englisch sprechen und natürlich wegen niedriger Telefon- und Personalkosten übernehmen immer häufiger Agents in Indien den Inbound für amerikanische Unternehmen. Dazu wird das beim amerikanischen Call-Center eingehende Telefonat einfach nur vom Anrufer unbemerkt nach Indien umgeleitet. Dort wird dann beispielsweise die Taxibestellung aufgenommen und per E-Mail oder SMS an einen New Yorker Fahrer weitergeleitet.
Deutsche Call-Center-Betreiber interessierte dieses Modell bislang nicht, weil Deutsch in Indien weniger verbreitet ist als Englisch. Eine Versetzung auf einen ausländischen Stützpunkt wurde nur für erfolgreiche Mitarbeiter ausgelobt, wie Günter Wallraff in seinem Artikel „Undercover“ berichtete.
Doch stellt sich die Situation für die deutschen
Call-Center-Betreiber seit dem 4.
August 2009 anders
dar. An diesem Tag trat das Artikelgesetz zum Schutz vor unerlaubter
Telefonwerbung in Kraft. Seitdem können Cold Calls in Deutschland besser
verfolgt werden.
Unerwünschte Anrufe aus dem außereuropäischen Ausland werden aber auch weiterhin nicht verfolgt. Und weil sich die deutschen Gerichte am Verursacherprinzip und nicht am Nießbrauchprinzip orientieren, werden somit weder die Verursacher von außereuropäischen Cold Calls noch deren inländischen Nutznießer belangt.
Wird es also nur eine Frage der Zeit sein, bis die ersten Call-Center umziehen? Probleme bei der Personalbeschaffung müssen sie nicht befürchten. Denn für viele Arbeitssuchende dürfte es attraktiv sein, ein wenig zu telefonieren und ansonsten Land und Leute kennen lernen zu dürfen, gegebenenfalls sogar Strand und Sonne zu genießen.
Verbraucherschützer beklagen diese skandalösen Zustände. Sie wollen, dass endlich Schluss mit den belästigenden Anrufen ist. Und weil sie glauben, dass die telefonische Kaltakquise erst dann aufhört, wenn Unternehmen bei Cold Calls keinen Gewinn mehr machen können, fordern sie vom Gesetzgeber über ein entsprechendes Anreizsystem genau dafür Sorge zu tragen: Beispielsweise, indem er telefonische Verträge bei Cold Calls prinzipiell für unwirksam erklärt. Alternativ könnte er aber auch den Unternehmen die Pflicht auferlegen, sich alle telefonischen Verträge schriftlich bestätigen zu lassen – die sogenannte Bestätigungslösung.
Aufgabe:
Die deutsche Lösung greift den Verbraucherschützern nicht weit genug. Es scheint nötig, das Problem auf internationaler Ebene anzugehen. Ihre Aufgabe ist es nun, eine solche internationale Lösung in einem Fishbowl zu erarbeiten.
Das Ergebnis Ihres Fishbowls soll in einer Zuordnung von Verantwortlichkeiten bestehen. Wer kann welche Aufgabe übernehmen, um das Problem mit den unerwünschten Anrufen möglichst gut in den Griff zu bekommen? Orientieren Sie sich bei der Aufgabenverteilung bitte an den Akteuren und Instanzen, die Sie in der deutschen Topologie kennen gelernt haben: Diesen dürfen Sie auf internationaler Ebene neue Aufgaben zuordnen. Aber natürlich dürfen diese gegebenenfalls auch weiterhin die Aufgaben übernehmen, die sie bislang in Deutschland wahrnehmen.
M 6
Rollenkarten für das Fishbowl
Rollenkarte |
Sie sind in dem Fishbowl der / die
Moderator/-in |
Sie bereiten das Fishbowl vor und leiten es.
► Vorbereitung: Sie stellen elf Stühle so auf, dass die Klasse und die Teilnehmer sich sehen können. Es bietet sich an – ähnlich den diversen Talkshows – eine halbrunde Sitzgruppe zu bilden.
► Eröffnung: Sie eröffnen das Fisbowl, indem Sie die Teilnehmer begrüßen und das Ziel des Fishbowls vorstellen. Dann bitten Sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich und ihre Rolle kurz vorzustellen.
Als Einstieg wiederholen Sie noch einmal die zwei Forderungen der Verbraucherschützer und fragen Ihre Mitschüler, ob sie diese für akzeptabel halten und welche Konsequenzen diese hätten.
► Durchführung: Während des Fishbowls gehört es dann zu Ihren Aufgaben,
… dafür Sorge zu tragen, dass die Gesprächsregeln eingehalten werden.
… die Rednerliste zu führen und deren Einhaltung zu überwachen.
… für ein Gesprächsklima zu sorgen, das die konstruktive Auseinandersetzung fördert.
… Redner, auf die Redezeitbegrenzung von 2 Minuten hinzuweisen.
Inhaltlich nehmen Sie keinen Einfluss auf das Fishbowl. Allerdings fassen Sie Zwischenergebnisse regelmäßig zusammen, strukturieren die Diskussion und lenken diese ergebnisorientiert, indem Sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder fragen, welche Verantwortungsübernahme ihnen denn möglich sei. Gegebenenfalls kann es auch nötig werden, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, dass eine gemeinsame Lösung nur möglich ist, wenn jeder ein wenig von seinen ursprünglichen Forderungen abweicht.
► Abschluss: Wenn Sie den Eindruck haben, dass eine zufriedenstellende Lösung gefunden wurde, geben Sie allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Gelegenheit für ein abschließendes Statement, in dem diese kurz ihre Bereitschaft der zukünftigen Verantwortungsübernahme beschreiben. Abschließend bedanken sich für deren Engagement.
Rollenkarte |
Sie sind in dem Fishbowl der Zeitwächter |
Sie wachen über die Redezeit. Zwei Minuten müssen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Fishbowls pro Redebeitrag reichen, um ihre Gedanken zu artikulieren.
Bitte erinnern Sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer 15 Sekunden vor Ablauf ihrer Redezeit daran, dass sie zum Schluss kommen müssen. Wie Sie dies signalisieren, bleibt Ihnen überlassen. Vielleicht deuten Sie einfach nur stumm auf Ihre Uhr.
Sollte sich ein Teilnehmer davon nicht beeindrucken lassen, informieren Sie den Moderator darüber, dass die Redezeit abgelaufen ist.
Rollenkarte |
Sie repräsentieren in dem
Fishbowl die Gruppe der Unternehmer |
Sie setzen sich dafür ein, dass Sie beim Thema Cold Calling nicht mit weiterer Verantwortung belastet werden, nur weil ein paar Call-Center unerlaubt herumtelefonieren.
Denn falls Sie hier in die Pflicht genommen würden, kosteten entsprechende Maßnahmen, insbesondere Technik und Personal, sehr viel Geld.
Auch sprechen Sie sich gegen eine Bestätigungslösung aus, weil in der Folge der Handel eingeschränkt und der Konsum zurückgehen würde, wieder ein paar Unternehmen Deutschland den Rücken kehren müssten, Arbeitsplätze vernichtet würden, das Steueraufkommen dezimiert würde … Der Preis, den die Gesellschaft – also die Verbraucher – zahlen müsste, wäre einfach zu hoch!
Und nur für den Fall, dass das Thema im Fishbowl zur Sprache kommt: Natürlich sprechen Sie sich gegen eine Abkehr vom Verursacherprinzip aus. Schließlich wird in Deutschland ja auch nicht der Fahrzeughalter dafür bestraft, wenn sein Auto bei Rot über die Ampel fährt, sondern der Fahrer. Sie halten diese Lösung für richtig und denken, dass es im Wirtschaftsleben auch nicht anders funktionieren kann.
Bitte denken
Sie hier weiter. Sammeln Sie schriftlich weitere Argumente, mit denen Sie Ihre
Position im Fishbowl überzeugend vertreten können.
Rollenkarte |
Sie repräsentieren in dem
Fishbowl den Deutscher
Dialog Marketing Verband e. V. |
Sie vertreten die Interessen von Dienstleistern und werbungtreibenden Unternehmen der gesamten Dialogmarketingbranche. Dabei weisen Sie darauf hin, dass Ihnen die schwarzen Schafe Ihrer Branche auch viel Kummer bereiten. Schließlich haben Sie Umsatzeinbußen und müssen neue Vertriebswege auftun, weil sich viele Kunden belästigt fühlen.
Deshalb gehen Sie auch gerichtlich gegen diese schwarzen Schafe vor: Sie schaden „dem Ruf der gesamten Dialogmarketingbranche. Betrug am Verbraucher und eine kriminelle Geschäftspraxis werden wir nicht dulden.“ so Patrick Tapp, Ihr Vizepräsident Public Affairs und Verbraucherdialog.
Ansonsten sind Sie der Ansicht, dass Deutschland mit der Opt-in-Regelung, bei der die Verbraucher telefonischer Werbung zuvor zustimmen müssen, eine zu strenge Regelung hat. In vielen anderen Staaten gilt die Opt-out-Regelung, wo die Kunden Anrufe explizit ablehnen müssen. Vor dem Hintergrund, dass Europa und später sicher auch die Welt wirtschaftlich weiter zusammenwachsen, sprechen Sie sich für eine Harmonisierung des Rechts aus und wollen die Opt-out-Regelung der anderen Staaten auch in Deutschland etablieren. Mit dieser Forderung bewegen Sie sich Ihrer Meinung nach auch auf dem Boden des Grundgesetzes. Nach Art. 5, 12 GG gilt in Deutschland immer noch die Meinungs- und Berufsfreiheit. Da darf man doch mal anrufen …
Bitte denken
Sie an dieser Stelle weiter. Sammeln Sie schriftlich weitere Argumente, mit
denen Sie Ihre Position im Fishbowl überzeugend vertreten können.
Rollenkarte |
Sie repräsentieren in dem
Fishbowl die Gruppe der belästigten
Verbraucher |
Sie repräsentieren in dem Fishbowl eine Verbrauchergruppe und setzen sich dafür ein, dass Sie beim Thema Cold Calling nicht mit weiterer Verantwortung belastet werden.
Ihrer Meinung nach kann es Ihnen nicht zugemutet werden – nur weil da jemand unerlaubt anruft – lange auf der Homepage der Bundesnetzagentur zu suchen, gegebenenfalls entsprechende Formulare herunterzuladen, auszufüllen und dann auch noch auf eigene Kosten zu versenden. Zusätzlich müssten Sie ja auch noch die Verbraucherzentrale über den jeweiligen Cold Call informieren – obwohl bei denen doch immer das Telefon besetzt ist. Vermutlich würde es Sie einen ganzen Nachmittag kosten, wenn mittags jemand unerlaubt anruft. Ein für Sie inakzeptabler Aufwand.
Bitte denken
Sie an dieser Stelle weiter. Sammeln Sie schriftlich weitere Argumente, mit
denen Sie Ihre Position im Fishbowl überzeugend vertreten können.
Rollenkarte |
Sie repräsentieren in dem
Fishbowl die Verbraucherschutzverbände |
Sie erheben die im Artikel „Deutsche Call-Center bald in Indien?“ geschilderten Forderungen, weil sie wirklich KEINE andere Möglichkeit sehen, das Problem der Belästigung und Abzocke durch Cold Calls in den Griff zu bekommen.
Sie begründen Ihre Einschätzung damit, dass die Verbraucher einfach nicht in der Lage sind, sich ausreichend zu schützen. Immer wieder fallen beispielsweise junge Menschen, die sich noch nicht mit Cold Calls beschäftigt haben, auf Agents herein. Und was ist mit den Menschen mit Migrationshintergrund, die aufgrund von sprachlichen Barrieren überhaupt nicht in der Lage sind, sich ausreichend zu informieren? Was ist mit den Senioren? Wie vielen von ihnen wurden mittlerweile Telefon- samt Internet-Flats aufgeschwatzt, obwohl sie überhaupt keinen Computer besitzen? Ihrer Meinung nach muss der Gesetzgeber hier schützend eingreifen – koste es, was es wolle!
Ihre Anliegen sind also der Schutz der Privatsphäre der Verbraucher und deren negative Informationsfreiheit (die Freiheit bestimmte Informationen nicht erhalten zu wollen). Sie kämpfen also im Endeffekt für die Freiheit der Verbraucher.
Bitte denken
Sie an dieser Stelle weiter. Sammeln Sie schriftlich weitere Argumente, mit
denen Sie Ihre Position im Fishbowl überzeugend vertreten können.
Rollenkarte |
Sie repräsentieren in dem
Fishbowl die Gruppe der Powershopper |
Sie repräsentieren in dem Fishbowl eine Verbrauchergruppe und setzen sich dafür ein, dass Sie auch in Zukunft ungehindert shoppen können.
Weil eine Bestätigungslösung dazu führen würde, dass es nicht mehr möglich ist, abends ´mal schnell eine Pizza zu bestellen und auch der Anruf beim Getränkelieferanten oder beim Bäcker „verunmöglicht“ würde, sind Sie gegen diese Lösung. Wehret den Anfängen, lautet ihr Motto. Erst wird das Shoppen am Telefon, später das Shoppen im Internet verboten. Sie befürchten eine Entmündigung und Beschränkung der Bürgerinnen und Bürger durch den Staat, ähnlich wie dies Eltern bei ihren Kindern tun. Nur sind Sie und die anderen Verbraucher keine Kinder mehr. Sie sind erwachsen und können für sich selber sorgen. Fight for your right, lautet deshalb Ihre Devise! Freie Bürger dürfen auch frei einkaufen! Sie setzen sich leidenschaftlich für die „Freiheit am Markt“ ein, weil diese mit der „Freiheit im Staat“, also Ihrer eigenen Freiheit, korrespondiert.
Bitte denken
Sie hier weiter. Sammeln Sie schriftlich weitere Argumente, mit denen Sie Ihre
Position im Fishbowl überzeugend vertreten können.
Rollenkarte |
Sie repräsentieren in dem
Fishbowl die Staatengemeinschaft |
Sie repräsentieren in dem Fishbowl die staatliche Instanz und schließen sich der Meinung von Bundesjustizministerin Zypries an, die eine Bestätigungslösung ablehnt.
Die Ministerin wies in ihrer Rede bei der abschließenden Beratung des Gesetzes zum Schutz vor unerlaubter Telefonwerbung am 26. März 2009 im Deutschen Bundestag darauf hin, dass eine Bestätigungslösung zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen würde: „Man würde sich darüber streiten, ob der Unternehmer oder der Kunde angerufen hat. Wenn klar wäre, dass der Unternehmer angerufen hat, dann müsste auf der nächsten Streitebene geklärt werden, ob es jemals eine Einwilligung des Kunden in diese Anrufe gegeben hat, sodass dieser rechtmäßig war. Man muss nicht glauben, dass die Unternehmen auf eine solche Regelung nicht reagieren würden; im Zweifel würden sie alle Gespräche aufzeichnen. Viele Verbraucher würden sich vielleicht nicht mehr so genau daran erinnern, ob sie in Anrufe eingewilligt haben oder nicht. Im Übrigen muss man sagen, dass nicht alle Verbraucher weiße Schafe und die Unternehmer schwarze Schafe sind: Es gibt natürlich auch zahlreiche Verbraucher, die gegebenenfalls ein Ding daraus machen würden…“
Zudem orientiert man sich nicht nur in der Europäischen Union seit geraumer Zeit am Leitbild eines „normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers“. Dieser Durchschnittsverbraucher benötigt keinen allzu umfassenden Schutz und ist sehr wohl in der Lage, sich selber zu schützen. Deshalb muten Sie ihm dies auch zu! Schließlich tritt er hier für seine persönlichen Interessen ein, nämlich den Schutz vor Belästigung und Abzocke.
Bitte denken
Sie an dieser Stelle weiter. Sammeln Sie schriftlich weitere Argumente, mit
denen Sie Ihre Position im Fishbowl überzeugend vertreten können.
Rollenkarte |
Sie repräsentieren in dem
Fishbowl die Wettbewerbszentrale |
Sie halten nichts von dem Versuch Cold Calls über höhere Bußgelder einzudämmen, weil Bußgelder erst auf der Rechtsfolgenseite ansetzen.
„Voraussetzung dafür, dass ein Bußgeld aber überhaupt verhängt werden kann, ist die Identifikation des Anrufers und die Kenntnis von weiteren Umständen des Anrufs. Bereits heute (Anmerkung der Redaktion: bevor das neue Gesetz in Kraft trat) können zudem in wettbewerbsrechtlichen Verfahren Ordnungsgelder von bis zu 250.000 Euro durch die Gerichte verhängt werden. Die Gerichte schöpfen diesen Rahmen auch nahezu aus - wie beispielsweise das Landgericht Düsseldorf (Beschluss vom 12.12.2007, Az. 38 O 188/04) in einem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren.“ (vgl. Homepage der Wettbewerbszentrale: 27.03.2009 // Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung beschlossen)
Weiterhin unterstützen Sie während des Fishbowls den Moderator bei seinen Bemühungen eine Lösung herbeizuführen. Sie fordern insbesondere die Unternehmer, aber natürlich auch die Verbraucher, immer wieder auf, Verantwortung zu übernehmen, um das Problem der Belästigung und Abzocke durch Cold Calls zu beheben. Ihrer Meinung nach kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn alle Beteiligten bereit sind, einen gewissen, zumutbaren Eigennutzentgang hinzunehmen. Denn nur dann, wenn jeder ein wenig seiner eigenen Freiheit aufgibt, kann eine größtmögliche Freiheit aller Marktteilnehmer erreicht werden.
Bitte denken
Sie an dieser Stelle weiter. Sammeln Sie schriftlich weitere Argumente, mit
denen Sie Ihre Position im Fishbowl überzeugend vertreten können.
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[1] Es ist unklar, wie viel Post durch die Verbandsmitglieder versandt wird: Nach Winkelmann sind ca. 60 % aller Adress-Händler keine Verbandsmitglieder. (Peter Winkelmann (2008): Marketing und Vertrieb: 453) Nach Erfahrung des DDV wird bei über 90 Prozent des Volumens an adressierten Werbebriefen die Robinsonliste eingesetzt. (www.direktmarketing-info.de/robinson.html)
[2] Radio Frequency Identification Chips senden eine weltweit einzigartige und dauerhafte
Nummer. Durch die Verknüpfung dieser Daten mit anderen Datenbanken (z. B.
Bonus- oder Kreditkarten-Datenbanken) kann ein genaues Bewegungs-,
Interessen- und Konsumprofil des jeweiligen Verbrauchers erstellt werden.
[3]
Sammlung und Auswertung des Besucherverhaltens auf Internetseiten.