Materialien zum Ethikunterricht
Toleranz -
ein schwieriges und ein ambivalentes Konzept
von
Robert Zwilling
Deutsche Fassung
(gekürzt) eines Vortrags vom 4. August 2007 auf der
Konferenz „Dai conflitti alla convivenza“ in Lago del Laux, Piemont /Italien
Prof. Dr. Robert
Zwilling, Biologe, Universität Heidelberg
Vor
einigen Jahren schlenderte ich durch Zürich, um mir die Innenstadt anzusehen.
Ohne
etwas besonderes im Sinn zu haben, betrat ich dabei auch die Fraumünster-Kirche
und las im Eingangsportal an der Wand die Zeile:
„J’étais
étranger et vous m’avez accueilli“
Hierauf
war ich in keiner Weise vorbereitet. Aber der Spruch drang augenblicklich an
meinem Verstand vorbei tief in mein Gefühl ein und löste eine starke
emotionale Bewegung in mir aus. Ich war bewegt. Ich war betroffen. Ich musste
schlucken.
Ich
fragte mich alsbald, wie ist eine solche nicht gerade gewöhnliche Reaktion
überhaupt zu erklären? Ich war mir lediglich sicher, dass ich in diesem
Augenblick nicht mein ethisches Ego aufpolieren wollte und dass ich auch nicht
auf das Wohlwollen einer überirdischen Macht spekulierte.
Als
Biologe aber weiß ich, dass solche Emotionen von unserem limbischen System
gesteuert werden, in welchem unbewußt viele Vorerfahrungen und ein
umfangreiches Vorwissen verarbeitet und schließlich zu einer emotionalen
Bewertung und Reaktion zusammengefasst werden. Zu solchen vorhandenen Gedächtnisinhalten
dürften im vorliegenden Fall eine Vorstellung von Toleranz und eine Idee von
Solidarität gehört haben, aber auch ein Gefühl für Fremdsein und das Wissen
um das Schicksal der „povera gente“, der waldensischen Einwanderer nach
Deutschland, welche meinen Geburtsort gegründet haben. Hinzu kam passenderweise
noch der Gebrauch der französischen Sprache. Und Zürich war ja der historische
Ort, an welchem viele der waldensischen Flüchtlinge eine erste brüderliche und
tolerante Aufnahme fanden.
Mir
scheint das eine typische Reaktion zu sein, welche Toleranz produziert.
Ich
nehme solche Erfahrungen und Überlegungen zum Anlass, um einmal über das Wesen
und die Bedeutung von Toleranz nachzudenken.
* * *
Die Idee der Toleranz ist
ein schwieriges und ein ambivalentes Konzept.
Zu den Grundlagen unserer Existenz und unseres Selbstbewusstseins gehört es, dass wir uns als Individuen erfahren und dass wir uns als „Ich“ empfinden.
Wir
sehen und beurteilen die Welt von da aus, wo wir als Individuen gerade sind.
Diese
Erfahrung wird begleitet von einem natürlichen Überlebens- und
Selbstbehauptungs-Willen, von einem Egoismus, der von diesem „Ich“ ausgeht
und der zunächst einmal alles andere überlagert. Das Eigeninteresse und der
Eigennutz des Individuums tragen in sich eine lebenserhaltende Rechtfertigung
und es wäre bloß ein törichter Selbstbetrug, wenn sich jemand von uns davon
freisprechen wollte.
Nun
steht aber die Idee der Toleranz dem, was wir gerade als den bestimmenden
Beweggrund unseres Handels definiert haben, diametral gegenüber.
Denn
tolerant sein heißt ja, zurückzuweichen, ein Stück von dem preiszugeben, was
wir als unser gerechtfertigtes Eigeninteresse oder gar als unsere Identität
empfinden. Weshalb sollten wir daher tolerant sein ?
Es
wird nicht leicht sein, diese Diskrepanz aufzulösen. Dies zeigt sich bereits
daran, dass sich wohl ein jeder von
uns als „im Grunde tolerant“ bezeichnen wird. Folglich müssten wir in einer
toleranten Welt leben, was aber nicht der Fall ist. Man wird diesen Widerspruch
am ehesten mit einer irreführenden, subjektiven Selbsteinschätzung erklären
können.
Es
genügt offenbar auch nicht, Toleranz einfach in den Rang einer Tugend zu
erheben und dies undifferenziert mit der Forderung zu verbinden, der Mensch möge
tugendhaft sein.
Denn
der Ausgangspunkt, welcher Toleranz auslöst, hat mit Tugend zunächst nichts zu
tun.
Wir
müssen ja zuerst einmal gegen etwas sein und etwas ablehnen und eine Opposition
aufbauen, damit der Toleranzbegriff überhaupt einen Sinn bekommt und Anwendung
finden kann. Gegenüber Personen, Vorgängen und Meinungen, welche wir
akzeptieren, braucht es keine Toleranz, da wir ja von vorneherein mit ihnen übereinstimmen.
Denn
was wir später tolerieren, sehen wir zunächst einmal als falsch an. Wäre dies
nicht der Fall, dann hätten wir es nicht mit Toleranz, sondern entweder mit
Indifferenz oder mit Zustimmung zu tun.
Bei
dem Fremden aber, den ich bei mir aufnehme, muss ich zunächst ein Gefühl gegen
das Fremde und mir nicht eigene überwinden, um dann möglicherweise zu einer
toleranten Haltung zu gelangen. Ich muss zusätzlich bereit sein, etwas
Materielles mit ihm zu teilen, was ich vielleicht lieber für mich behalten
wollte und ich muss Mühen auf mich zu nehmen, die ich gerne vermieden hätte.
* * *
Toleranz hat Grenzen.
Der
Heidelberger Philosoph Rüdiger Bubner hat Toleranz als „ein überschießendes
Angebot menschlichen Wohlwollens“ bezeichnet. Trotzdem ist evident, dass
dieses „Überschießen“ irgendwie an Grenzen stoßen muss, soll Toleranz
nicht ihren eigentlichen Sinn verlieren.
Toleranz
wird ausgelöst durch das Abweichen von einer Norm in einem Ausmaß, welches wir
als noch hinnehmbar empfinden. Daher kann Toleranz nicht grenzenlos sein. Eine
grenzenlose Toleranz würde zur Selbstaufgabe führen.
Eine
schrankenlose Hingabe meiner Interessen bis zur Aufgabe meiner Identität an
einen Anderen, müsste zudem an diesen die Frage auslösen, wie es mit dessen
eigenem Wohlwollen mir gegenüber bestellt ist und wann seine eigene Toleranz
zur Geltung kommt.
Weit
vorher werden wir daher unserer Toleranz Schranken setzen durch das von uns als
gerechtfertigt angesehene Eigeninteresse. Es gehört zum Wesen der Toleranz,
dass diese Grenzen nicht von vorneherein definierbar sind, dass sie unserer
subjektiven Einschätzung unterliegen, dass sie situationsabhängig sind, und
dass sie dem Wandel der Zeiten unterworfen sind.
In
diesem Zusammenhang wird auch gerne darauf verwiesen, dass es berechtigt, ja
notwendig sei, den Feinden der Toleranz mit Intoleranz entgegenzutreten.
Paul
Ricoeur hat diesem Gegensatz-Paar Toleranz / Intoleranz eine weitere Kategorie
hinzugefügt, das Nicht-Tolerierbare. Für ihn ist „allein das Intolerante
nicht-tolerierbar.“ Diese Erweiterung hat den Vorteil, dass damit der Begriff
Intoleranz als das genaue Gegenteil von Toleranz erhalten bleibt.
Der
italienische Philosoph und große Vordenker der Menschenrechte, Norberto Bobbio,
versucht das Wesen der Toleranz weiter aufzuhellen, indem er eine positive von
einer negativen Toleranz und ebenso eine positive von einer negativen Intoleranz
unterscheidet.
Es
müsse klargestellt werden, dass der Begriff Toleranz zwei Bedeutungen habe,
eine positive und eine negative, und das gleiche gelte auch für den
Gegenbegriff der Intoleranz.
Während
er in der positiven Toleranz einen grundlegenden Wert für ein freies und
friedliches Zusammenleben sieht, verbindet er die negative Toleranz mit
Nachsicht und Duldsamkeit gegenüber dem Bösen, Irrtum oder
Prinzipienlosigkeit, eine Vorliebe dafür, seine Ruhe haben zu wollen, oder auch
mit Blindheit gegenüber den Werten. Zudem sei nur eine negativ verstandene
Toleranz grenzenlos, und dies bringe am Ende dann sogar die Idee der Toleranz überhaupt
in Misskredit.
Die
Verfechter der Intoleranz bedienten sich nun des negativen Toleranzbegriffs, um
die Toleranz insgesamt abzulehnen.
Intoleranz
im positiven Sinne dagegen sei ein Synonym für Strenge, Konsequenz und
Standhaftigkeit, und das seien Qualitäten, die zu den Tugenden gehörten.
Während
in den despotischen Gesellschaften ein Mangel an Toleranz im positiven Sinne
herrsche, litten andererseits unsere permissiven demokratischen Gesellschaften
an einem Übermaß an Toleranz im negativen Sinne, einer Toleranz, die alles
laufen und durchgehen lasse.
In
einer Betrachtung weist Rainer Forst, Professor am Institut für Philosophie der
Goethe-Universität Frankfurt am Main, darauf hin, wie weit und unbestimmbar der
Begriff wird, wenn wir einmal das breite Spektrum von Motiven und Handlungen
betrachten, die unter der Bezeichnung „Toleranz“ zusammengefasst werden. Wir
finden diesem Autor zufolge die verschiedensten Auffassungen,
was Toleranz überhaupt sei, nämlich :
Toleranz kann sowohl von Organisationen wie von einzelnen Personen ausgeübt werden.
So
ist die Unterscheidung einer institutionellen oder staatlichen Toleranz von
einer individuellen oder persönlichen Toleranz ganz wesentlich. Entsprechend
unterscheiden sich die jeweiligen Motive und Gegebenheiten, welche die
Entscheidungen und das Handeln bestimmen und die daher auch zu unterschiedlichen
Ergebnissen führen können.
Staatliches
Toleranz-Verhalten wird meist von der Staatsraison und von Nützlichkeitserwägungen
bestimmt. Die Geschichte lehrt,
dass auch die Institution Kirche hiervon keine Ausnahme macht. Wo Staaten oder
Institutionen glauben, ihre Interessen, ihren Zusammenhalt oder auch nur den ‚status
quo’ verteidigen zu müssen, findet jede Toleranz ein rasches Ende. Mit jedem
Wechsel der Politik geht daher in aller Regel auch ein Wechsel im Hinblick auf
die Toleranz einher.
Individuelles
oder persönliches Toleranzverhalten wird dagegen eher von Emotionen, dem Mitgefühl,
„dem Gewissen“ oder auch individuellen Einsichten gesteuert, Kategorien,
welche dem institutionellen Handeln fremd sind. Der Staat ist zu einem „überschießenden
Angebot menschlichen Wohlwollens“ nicht fähig.
Daher
erhebt sich die Frage, wie weit Institutionen jenseits von Nützlichkeitserwägun-gen
überhaupt zur Toleranz prädestiniert sind und ob nicht der Begriff Toleranz in
einem moralischen Sinne dem ethischen Handeln des Individuums vorbehalten
bleiben muss.
Der
Münchener Jurist Hans Markus Heimann geht sogar so weit, die Forderung nach
einem toleranten Staat als einen Anachronismus zu bezeichnen.
Für
den heutigen Verfassungsstaat sei der Begriff Toleranz ein „aus
traditioneller, gedanklicher Gewohnheit gewonnenes
Klischee“, eine nicht näher konkretisierte, formelhafte Wendung, was den
Begriff in diesem Zusammenhang zu einer „substanzlosen Hülle“ und zu einer
„leeren Phrase“ werden ließe.
In
der Tat kommt der Terminus „Toleranz“ im Grundgesetz der Republik
Deutschland an keiner Stelle vor.
Einander
widersprechende Wertungen, wie sie sich bei den Auseinandersetzungen um das
Kopftuch, um das Schächten oder um die Religionsfreiheit zeigten, müssten
folglich klar einander gegenübergestellt und die miteinander kollidierenden
Grundrechte gegeneinander abgewogen werden. Wo dem Staat, wie in
Religionssachen, eine eigene Meinung nicht gestattet sei, sei er neutral, nicht
tolerant.
Die
in der philosophischen Diskussion vorzufindenden Ansätze, derartige Konflikte
über das Instrumentarium der Toleranz zu lösen, seien dagegen weniger überzeugend.
Für die Entscheidung religiös motivierter Problemlagen durch staatliches
Handeln müsse ein anderes Instrumentarium als der Toleranzgedanke herangezogen
werden.
Im modernen Grundrechtsstaat verbleibe für den Gedanken der Toleranz nur der private Bereich; der Anwendungsbereich reduziere sich auf den einer bürgerlichen Verhaltenstugend.
* * *
Die Geschichte der institutionellen Toleranz ist weitgehend eine Geschichte der konfessionellen Konflikte im christlichen Europa.
Über
Jahrhunderte hin gingen immer wieder Reformbestrebungen aus der „una sancta
ecclesia“ hervor, und die Waldenserbewegung im 13. Jh. repräsentiert in
diesem Kontext eine der frühen Divergenzen.
Konfessionelle
Spaltungen wurden alsbald als eine Bedrohung der Einheit sowohl des Staates wie
der Kirche betrachtet und weltliche und kirchliche Interessen verbündeten sich
miteinander, um dem entgegenzuwirken.
Obwohl
das religiöse Schisma in Europa nie mehr überwunden werden konnte, hat sich in
den meisten Ländern doch eine einheitliche Nationalreligion erhalten, so in
England, Frankreich, Italien, Schweden und Spanien.
Dies
gilt nicht für Deutschland. Hier hat sich, begünstigt durch eine verspätete
Staatsbildung und durch die Tatsache, dass die miteinander streitenden
Konfessionen etwa gleich stark waren, nie mehr eine einheitliche Staatsreligion
etabliert.
In
Deutschland, wo die Religionskriege nicht weniger blutig waren als andernorts
und im Dreißigjährigen Krieg gipfelten, war daher in einem stufenweisen
Lernprozess eine erzwungene Toleranz die unausweichliche Folge. Diese Toleranz
war keineswegs das Resultat politischer Weisheit und Friedensliebe oder
kirchlicher Rückbesinnung auf die Nächstenliebe als Fundament des Glaubens,
sondern diese gegenseitige Tolerierung wurde erzwungen durch die Erfahrung, dass
man den Gegner weder bekehren noch vernichten konnte.
Der
Augsburger Religionsfriede auf dem Reichstag von 1555 markiert einen auf solche
Weise zustanden gekommenen frühen Ausgangspunkt zu mehr religiöser Toleranz.
Diese
Vereinbarung zwischen König Ferdinand I. und den deutschen Reichsfürsten und
Reichsstädten stellte nach jahrzehntelangen religiösen Auseinandersetzungen
den Versuch dar, blutige Kämpfe wie in Frankreich zu vermeiden.
Die
Kleinstaaterei in Deutschland stand einem schrankenlosen, nationalen
Konfessionalismus wie im Frankreich Luwig’s XIV. entgegen.
Montaigne,
Montesquieu, Voltaire und Rousseau haben das Deutschland ihrer Zeit als Hort der
Toleranz geschätzt.
Aber
der innerkirchliche Konflikt war nicht zu lösen.
Man
verständigte sich daher darauf, dass es in jedem der vielen Territorialstaaten
zwar nur eine Religion geben solle, - „cuius regio, eius religio“, wer
regiert, bestimmt die Religion -, dass aber für das Reich insgesamt als
oberster Grundsatz die Tolerierung des Nebeneinander zu gelten habe. Das
Ketzerrecht wurde aufgehoben und den andersgläubigen Untertanen unter Belassung
ihres Besitzes ein Auswanderungsrecht eingeräumt. Hiervon machten die an die
Scholle gebundenen Bauern jedoch kaum Gebrauch.
Der
Augsburger Religionsfrieden war daher weder der Aufbruch zu einer umfassenden
Toleranz in Glaubensfragen, noch war er einem Toleranzgedanken geschuldet, wie
er aus skeptischen Zweifeln an der Erkennbarkeit des wahren Glaubens erwächst.
Einem solchen Gedanken begegnen wir erst an der Schwelle zum 19. Jh. in der
Ring-Parabel von Ephrahim Lessing..
Erreicht
war ein erzwungener, weltlicher Friede. Der geistliche Kampf ging jedoch weiter
und mündete bereits nach etwa 60 Jahren in den Dreißigjährigen Krieg von 1618
– 1648, in dem sich vor allem auch europäische Machtinteressen entluden.
Als
es endlich 1648 zum Westfälischen Frieden kam, wurden die Augsburger
Vereinbarungen bestätigt und erweitert. So wurden neben den Lutheranern und den
Katholiken nun auch die Calvinisten anerkannt. Und die Landesherren wurden
ermuntert, es geduldig zu ertragen - „patienter tolerentur“ -, wenn jemand
zu einer anderen Religion wechseln wolle.
Dieser
Beginn einer religiösen Toleranz wurde im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts
zur allgemeinen Glaubens- und Gewissensfreiheit erweitert.
In
Deutschland wurde dann die Territorialisierung der Konfessionen durch die
gewaltigen Wanderungsbewegungen nach dem Ende des II. Weltkrieges fast vollständig
aufgehoben.
* * *
Man
kann sich abschließend die Frage stellen, woher unsere Fähigkeit, Toleranz,
und damit verwandt, Altruismus zu üben, überhaupt kommt und wie sie sich erklärt.
Es
lässt sich wohl kaum bestreiten, dass auch schon unsere Vorfahren in bestimmten
Situationen tolerant sein konnten. Und auch deren Vorfahren waren nicht bar
jeder Toleranz. Hierbei denke ich schon in Kategorien von 20 000 und 30 000
Jahren.
Nun
halte ich dafür, dass eine rein anthropomorphe Betrachtungsweise es uns
verwehren würde, die frühen, wenn
auch noch sehr schwachen Wurzeln unserer Fähigkeit zu Toleranz und Altruismus
zu erkennen.
So
berichteten kürzlich Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre
Anthropologie in Leipzig davon, dass Schimpansen ihren Artgenossen und sogar
ihnen unbekannten Menschen, spontan und selbstlos Hilfe leisten, auch wenn sie
dabei keinerlei Aussicht auf eine Belohnung haben. Auch für den renommierten
Primatenforscher Frans de Waals steht seit langem außer Frage, dass Schimpansen
zu Anteilnahme und altruistischem Handeln fähig sind, beides Voraussetzungen für
ein tolerantes Verhalten.
Wir
Menschen sind vor allem soziale Wesen und nicht nur unsere gesamte Kultur und
alle unsere Errungenschaften gründen sich hierauf, sondern selbst das Überleben
wäre uns als isoliertes Individuum weder physisch noch psychisch möglich.
Man
datiert sogar die Menschwerdung auf den Tag zurück, an dem es einem unserer
Vorfahren zum ersten Mal gelang, -
und dies ist ein Maß für die Höhe der Geistesentwicklung -, sich in die Gedanken und Absichten, und vielleicht sogar
in die Gefühle seines Gegenübers hineinzuversetzen.
Dies
scheint in der Tat eine entscheidende Komponente für die Entwicklung von
Toleranz zu sein.
Zu
den uns angeborenen Eigenschaften gehört eine starke und wahrscheinlich zunächst
überlebenswichtige Neigung zur Aggressivität. Als Gegengewicht und gewissermaßen
zum Ausgleich wurde uns jedoch gleichzeitig die Möglichkeit zu tolerantem
Verhalten als Erbe mitgegeben.
Wir
müssen daher erkennen, dass die Fähigkeit, Toleranz üben zu können, eine
Voraussetzung und eine Vorbedingung für unsere eigene Existenz ist.